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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Gedanken über ZeitenWende - WendeZeiten (III): Globalisierung ohne "Navigationssystem"?

November 2004

Das Wort "Globalisierung" ist heute in aller Munde. Mit ihm taucht eine Anzahl von Wunsch-Vorstellungen und Utopien auf. Von "Neo-Liberalismus" ist die Rede, von wachsendem Kapitalismus bei wirtschaftlichen Fortschritt, von internationalem Wettbewerb mit ungleichen Voraussetzungen, von "dem Tüchtigen gehört die Welt".

Bange Fragen treten auf: wer werden die Nutznießer der kaum noch kontrollierbaren Entwicklung sein? Wie viele werden dabei immer ärmer und wie wenige immer reicher? Wie kann da noch "internationale Gerechtigkeit" gelingen, wie eine "neue Friedensordnung"?

Auf solche Fragen bedarf es nicht einmal "theoretischer" und "grauer Antworten". Denn eine bestimmte Art von "Zukunft" hat schon längst begonnen. Kriege auf der Welt, das Flüchtlingselend von Millionen Männern, Frauen und Kindern, Hunger und Heimatlosigkeit, wachsende Gewalt zwischen Verbänden und ethnischen Gruppen, Recht- und Sprachlosigkeit von ohnehin Entrechteten, Terrorismus und Fanatismus. Über dieses und vieles Andere kann man sich täglich in den Medien ein Bild machen. Man könnte sie als Ausdruckformen einer Angst bei Menschen verstehen, die eines Tages noch mehr als bisher zu den Unterprivilegierten und Unterdrückten einer Entwicklung gehören, die man "Globalisierung" nennt.

Bisweilen bin ich geneigt, das Geschehen in der Welt mit einem Großraumflugzeug zu vergleichen, dessen Pilot sicher ist, das Flugzeug an den Ort seiner Bestimmung zu geleiten. Der Pilot ist erfahren; er ist dieselbe Route schon oft geflogen; er kennt den Sternenhimmel und die Berge, Klüfte, Seen und Gebirgszüge, die er zu überfliegen hat. Weil er seiner Sache ganz sicher ist, verlässt er sich auf sein Können, seine Erfahrung, seine Routine... Er braucht kein Navigations- und Kontrollsystem, welches normalerweise von außen den Flug begleitet und regelmäßig Kommandos über Funk ausgibt, die den Piloten verpflichten, seinen Kurs zu ändern. Denn er glaubt, allein mit vorhersehbaren und unvorhergesehenen Problemen fertig zu werden.

Ein Pilot ohne Navigationssystem ist in größter Gefahr. Der Prozeß der Globalisierung ist es ähnlich. Naive Politiker und kurzsichtige Mächtige glauben, dass sich der globale Markt "von selbst" reguliert nach dem Motto: die Verantwortlichen sind edel und gut genug, um den Prozeß in den richtigen Bahnen zu halten. Wie beim Flugzeug ein Navigationssystem unverzichtbar ist, so auch eins beim Prozeß der Globalisierung. Man könnte ein solches Kontroll- und Sicherungssystem auch "ethische Verpflichtungen" nennen, an denen sich alle zu halten haben.

Konkret ausgedrückt: eine globalisierte Welt ohne internationale soziale Gerechtigkeit; ohne tragfähige Friedensordnung, von der möglichst viele überzeugt und aktiv beteiligt sind; ohne eine ethisch ausgerichtete Verfassung, die von möglichst vielen als sinnvoll und verbindlich akzeptiert wird - eine solche Welt gleicht einem Großraumflugzeug, bei dem das Steuerungssystem ausgefallen ist. Wie lange es sich noch in der Luft zu halten vermag bis zum sicheren Aufprall auf der Erde, ist nur eine Frage der Zeit. Es kann knapp werden für eine Weltgesellschaft, die die Maßstäbe des rechten Denkens und Handelns verloren hat.
 

 


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