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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Was ist Religion (1)?
Da scheiden sich die Geister.

Juli 2005

Religionen erfahren heute - mitten in den säkularisierten Gesellschaften - eine ungeahnte Wiedergeburt. Bis vor kurzem war noch verpönt, "religiös" zu sein. Heute ist es wieder "in". Eine wachsende Mehrheit nennt sich wieder "religiös" und "an Gott glaubend". Aber was ist "Religion"? Die Antwort auf diese Frage ist verworren und verwirrend wie Vieles in den Köpfen und Gesinnungen von Menschen.

Um die Frage nach "Religion" annähernd beantworten zu können, ist es zunächst gut, vom Computer einiges zu lernen. Es waren und sind kluge Leute, die den Computer erfunden haben und programmieren. Wenn er programmiert ist, funktioniert er perfekt – so perfekt, dass die Menschen anfangen müssten, auch so perfekt zu sein. Sie müssten Manches von ihm übernehmen. Wenn man z.B. den Computer einschaltet, dauert es eine Weile, bis er "warm gelaufen" ist und zum Gebrauch zur Verfügung steht. Als erstes erscheint oft eine Virenwarnung auf dem Bildschirm. Gefahren müssen von vorneherein ausgeschaltet werden, weil sie eine Datei zum Absturz bringen können...

Überträgt man allein diesen Sachverhalt auf eine menschliche Versammlung bzw. Arbeitsgruppe, die sich mit religiösen Fragen beschäftigt, wäre es als erstes Gebot wichtig, gleich zu Beginn ein paar Schweige- bzw. Besinnungsminuten zu veranschlagen. Jede/jeder Beteiligte sollte sich in Ruhe auf das konzentrieren können, worauf es bei der Frage nach der Religion ankommt; was einen Menschen dazu veranlasst, sich als "religiös" zu bezeichnen. Dabei können nämlich sachliche wie auch personale Probleme auftauchen. Bewusste und unbewusste Mechanismen können eine entscheidende Rolle spielen und jedes sinnvolle Zusammensein von Menschen stören bzw. erschweren.

Oft bleiben religiöse Gespräche deshalb so konfliktgeladen und spannungsreich, wirkungs- und ergebnislos, weil nicht genügend auf den "Virenalarm" geachtet wird und die Gefahren nicht ausgeschaltet wurden, die das gemeinsame Nachdenken und Besprechen verhindern. Weil das so ist, sprach man in früheren Zeiten zwar nicht von "Viren", wohl aber von Hauptsünden, die die religiöse Verständnisbereitschaft von Menschen und ihr Zusammenleben erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Petrus Lombardus z. B. (gest. 1160) nannte Sechs solcher "Sünden": Vermessenheit in der Selbsteinschätzung; Verzweiflung auf dem Boden pessimistischer Grundeinstellung; bewusste Ablehnung von erkennbaren Wahrheiten; Neid über die Einsichten und bereichernden Erfahrungen anderer; Verstocktheit im eigenen Denken; Unbelehrbarkeit, weil unfähig zum Umdenken...

Man könnte auch sagen: in jedem Menschen gibt es so etwas wie eine "innere Unordnung" und uneinschätzbare Verworrenheit – was der Philosoph E. Kant "krummes Holz" genannt hat, aus dem "nichts Gerades" gezimmert werden kann. Diese stören und gefährden auch jedes soziale Gefüge. Im religiösen Bereich äußern sie sich als: theologische Rechthaberei, Wahrheitsfanatismus, Dogmatismus, Konfessionalismus, Unfähigkeit zu etwas Neuem und Unvorhergesehenem, Verstocktheit im guten Glauben, Blindheit für sich wandelnde Lebensverhältnisse... Damit alles beim Alten bleibt, zementiert sich manche christliche Verbohrtheit in einem religiösen Erziehungsdenken, welches Werner Schneider auf den Punkt gebracht hat: "Der Satz, wonach alle Menschen Gottes Kinder sind, wird gerne verwendet, Gottes Erwachsene zu verhindern".
 


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