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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Darstellung des Herrn – "Fest der Begegnung".

2. Februar 2008

Zielsatz: Zur Aussöhnung mit Gott genügen nicht äußere Kulthandlungen. Die Begegnung mit dem Menschgewordenen macht "rein".

1. "Fest der Begegnung".

"Wird es bald wieder die 'Aussegnung' geben?", fragte mich neulich eine junge Mutter. Sie hatte ihr erstes Kind zur Welt gebracht. Die Sache mit der "Aussegnung" wusste sie von ihrer eigenen Mutter. Früher nämlich, nach der Geburt eines Kindes, gingen die Frauen mit einem Priester in die Krankenhauskapelle, um von ihm "ausgesegnet", "gereinigt" zu werden. Die junge Mutter, die mir die Frage stellte, kannte ich als christlich und kirchlich engagiert. Sie lebte – wie viele andere schon längst nicht mehr – in der Sorge, dass das Rad der kirchlichen Geschichte immer mehr in die Zeit der "Restauration" zurückgedreht werden könnte. Gegenwärtige Päpste schienen wie Repräsentanten für eine Entwicklung, die nicht Zukunft, sondern Vergangenheit hieß. Wäre es also nicht konsequent, wenn auch die "Aussegnung" wieder Normalität würde?

Von der Reinigung, Aussegnung der Mutter Maria ist auch im heutigen Evangelium die Rede. Zur Zeit Jesu gab es kultische Reinheitsvorschriften. Nach der Geburt eines Jungen galt die Mutter vierzig, nach der Geburt eines Mädchens achtzig Tage als unrein. Um wieder rein zu werden, musste sie dem Priester bzw. dem Herrn ein Opfer darbringen: zwei Tauben – die Opfergabe armer Leute. Der Evangelist Lukas stellt diese Vorschrift in den Zusammenhang großer Begegnungen: Maria und Josef mit dem Kind; der greise Simeon und die Prophetin Hanna. Lukas schildert diese Begegnungen so, als wäre die kultische Reinigung nicht das Wichtigste. Nach ihm geschieht "Reinigung" weniger im Opfer von Tauben, sondern in der Begegnung mit Jesus. Darin wird offenbar, wie Denken, Fühlen und Emotionen vielfach verunreinigt sind. Im Maße sich Menschen auf Jesus und seine Anliegen einlassen, werden sie sensibel für das, was für sie selbst und für die Welt entscheidend wichtig ist. Die Ostkirche hat dem heutigen Tag der Darstellung des Herrn den schönen Namen "Fest der Begegnung" gegeben. In der Begegnung ereignen sich "Reinigung" und "erlösteres Dasein".

2. "Die alt an Jahren sind, sind nicht immer weise" (Ijob 32.9).

Als Vertreter des Volkes Israel, welches in der Begegnung mit dem Kind Jesus Segen und Gnade erfährt, stehen Simeon und Hanna in der Mitte des heutigen Evangeliums. Es sind alte Menschen. Alte Menschen leben normalerweise mehr in der Vergangenheit als in der Zukunft. Weil auch die Gegenwart für sie nicht mehr maßgeblich ist, leben sie in der nostalgischen Erinnerung an die "gute alte Zeit". Sie versuchen, wenigstens in ihrem Kopf, das gute Alte wieder her zu stellen – Grund für die Jugend, das Alter herabzusetzen, nicht besonders ernst zu nehmen. Davor warnt schon das Buch Sirach: "Suche deinen Ruhm nicht darin, den Vater herabzusetzen... Beschäme ihn nicht mit deiner Vollkraft"(3,10.13).

Andererseits wird das Alter nicht idealisiert. Eine lange Lebenszeit bedeutet nicht automatisch Gnade und Belohnung. Wo des "Allmächtigen Hauch... nicht verständig macht" (Ijob 32.8), da artet die Verehrung Gottes in Selbstbehauptung aus, in Starrsinn und Unbeweglichkeit. Das Alter wird vielfach als eine Vorstufe des Todes erlebt. Für den wahrhaft Weisen bleibt die Zukunft ein offenes Feld für das Wirken Gottes. So wird Simeon geschildert als einer, der auf die "Tröstung Israels" wartet. Im Kind Jesus sieht er eine verheißungsvolle Zukunft anbrechen. "Meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für dein Volk Israel".

Wie der alte Simeon ganz auf die Zukunft Gottes wartet, so auch Hanna. Bereits als junge Frau war sie Witwe geworden. Nach dieser lebensbedrohlichen Krise hat sie das Heiligtum als Lebensraum gewählt. Ihr Leben ist von Fasten und Beten bestimmt. Mit Leib und Seele ist sie in Erwartung auf das Kommen Gottes in die Welt. Das macht sie zur Prophetin. Wie Simeon schaut sie nicht auf sich selbst und ihr Alter, sondern auf die Zukunft für die anderen. Sie preist Gott und spricht über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warten. Ihre Vision ist das zukünftige Heil für die Gemeinschaft, in der sie ihr Leben verbrachte.

3. An ihm werden die Geister sich scheiden.

Lukas liegt es fern, idyllisch und realitätsfremd zu denken. Die Ankündigung des Kommens Gottes in die Welt ist keine reine Erfolgs- und Triumphgeschichte. Im Gegenteil: sogar Maria wird ein Schwert durch die Seele dringen (Lk 2.35). Für Lukas wird das Kind zu einem Zeichen, "dem widersprochen wird". In Zukunft kann die Welt, können Menschen nicht mehr ahnungslos an Jesus vorbeigehen. An ihm werden sich die Geister scheiden. Er ist dazu bestimmt, dass viele durch ihn zu Fall kommen. Viele werden aber auch durch ihn aufgerichtet. Die Zeit der Entscheidung ist gekommen.

Vom heutigen Evangelium geht eine schlichte Lebensweisheit aus: Mensch, erkenne, wer du wirklich bist! Laß dich nicht auf Äußerlichkeiten ein! Du bist ein Wachsender und Werdender in dem Maße, als du das Wirken Gottes in der Welt und in deiner eigenen Geschichte zu deinem eigenen machst.
 


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