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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Das Papsttum, seine Größe und seine Grenzen

undatiert

  1. Die Größe des Papsttums liegt in seinem ureigenen Auftrag, das Wirken Gottes in der Lebensgeschichte von Menschen und in der Menschheitsgeschichte überhaupt zu erspüren und ihm Raum zu geben, also das "Gottesgerücht" wachzuhalten, das dem Menschen eigene Suchen und Fragen nach dem Sinn des Lebens "jetzt" und "danach". - Damit ist auch die  große Versuchung gegeben, Menschen zu ihrem Heil zu zwingen, Macht über die Menschen zu gewinnen und Koalitionen (Konkordate) mit den Mächtigen der Erde einzugehen, denen es auch um Macht und Machterhalt geht. Päpste rücken dann leicht in die Nähe (römischer) Cäsaren; ihr Agieren pendelt zwischen geistlichen und weltlichen Interessen, zwischen spirituellem und politischem Primat. Das Papsttum ist dann leicht auf "Eroberung" aus. Evangelisierung und Missionierung werden gleichbedeutend mit Zerstörung des Vorhandenen; mit Diskriminierung des "nicht ganz Wahren und Christlichen"; mit Häretisierung und Vertreibung all derer, die der "reinen Wahrheit" nicht angehören wollen und es deshalb nicht verdienen, gleichberechtigte Partner eines Schöpfungs- und Erlösungsgeschehens zu sein, welches das Reich Gottes zum Ziel hat und nicht Kirchen und Konfessionen. Es geht um die Vielfalt des Lebendigen "in Christus". Dabei muss wieder gelernt werden, was Urgemeinden wie die verschiedenen Patriarchatskirchen im 1. Jahrtausend (bis 1054) verkörperten: nur die Vielfalt kann das Ganze gewährleisten! Die Reduzierung des Christlichen auf eine Konfession und eine Sicht der Dinge bedeutet eine Verarmung des Glauben.
     
  2. Die Größe des Papsttums liegt in seiner weltweit anerkannten und von Christus her kommenden Beauftragung, die Menschen das Glauben und Hoffen zu lehren - im Leben vor dem Tod und auch für das Leben nach dem Tod, also dem Leben vor und nach dem Tod Sinn und Zukunft zu eröffnen. - Damit ist aber auch die Versuchung vorprogrammiert, dieses Glauben und Hoffen auf sich selbst wie auf den Apparat "Kirche" zu lenken: durch Glaubens-Sätze, durch äußere Machtgewinnung über Menschen statt durch die innere Bereicherung einer Lebensperspektive, die nur Gott erfüllen kann. Heute gilt daher der Imperativ: weg vom Satz-Glauben hin zu einem Beziehungs-Glauben; weg von zu viel Kirchenzugehörigkeit hin zur Erinnerungs- und Nachfolgegemeinschaft in Christus. Kirchen sind nur Mittel, nicht Ziel und Selbstzweck.
     
  3. Die Größe des Papsttums besteht darin, dass es im Laufe der Jahrhunderte zu einer einzigartigen Kraft und Kompetenz für religiöse und ethische Fragen herangereift ist - also zu einer Instanz, die in der Welt ihresgleichen (vergeblich) sucht. - Damit ist allerdings auch die Versuchung vorprogrammiert, das moralische Gewissen für die Menschen sein zu wollen - wie es bis zur Zeit der Aufklärung selbstverständlich war. Heute gilt eher der Imperativ, den Menschen in pluralen Lebensangelegenheiten zu einem verantworteten Gewissen zu verhelfen, statt es selbst zu sein.
     
  4. Die Größe des Papsttums erweist sich immer dann als evangeliums- und christusgemäß, wenn es an die Macht der Liebe glaubt und darauf pocht, dass überall menschliche Aufgaben, kirchliche und weltliche Probleme unter diesem Imperativ einer Lösung entgegengeführt werden. - Die Versuchung dieser "Macht der Liebe" liegt in ihrer Bedrohung durch die Liebe zur Macht. Diese wird allzu oft und schnell despotisch, zentralistisch, rechthaberisch, allgewaltig. Sie verbannt nicht nur Bischöfe und Bischofskonferenzen in die Rechtlosigkeit, sondern verstößt immer wieder und auf allen Ebenen gegen das von ihr selbst hochgepriesene Prinzip der Subsidiarität, welches besagt: was "unten" entschieden und geleistet werden kann, soll nicht "von oben" manipuliert, instrumentalisiert und so beeinflusst werden, dass Menschen "unten" dabei ihre eigene Kompetenz verlieren statt sie zu gewinnen.
     
  5. Die Größe des Papsttums liegt in der von Christus herkommenden Beauftragung, das "Leben in Fülle" zur Entfaltung und Reife zu bringen. Das Leben ist von Natur aus vielfältig und bunt. Es gestaltet sich unterschiedlich und reichhaltig - je nach menschlichen Eigenarten, Charakteren, Begabungen, sozialen, kulturellen, rassischen Voraussetzungen. Leben in Fülle kann aber nur gelingen, wenn es auf die Sonne hin orientiert wird, sprich: auf das "Licht Christi", auf sein exemplarisches, menschen- und situationsbezogenes Denken und Handeln, auf sein lebenswertes Leben und die Maßstäbe, die er setzt. - Die Versuchung besteht darin, das Licht Christi bis zur Unkenntlichkeit verkümmern zu lassen: durch Gesetze und Vorschriften; unverständliche Lehrgebäude; durch eine Spezialistenreligion, die den Bezug zum konkreten Leben der Zeitgenossen verloren hat; durch konfessionell bedingte Streitigkeiten über Begriffe und Lehrmeinungen, die menschen-trennend sind statt einend in der gemeinsamen Ausrichtung auf das "eine Licht". Was das Evangelium als Felsen Petri bezeichnet, wo es um das Leben aus dem Glauben und der Liebe geht, kann schnell zum Stolperstein werden, wenn "Leben" zur zementierten "Lehre" wird; wenn "Liebe" sich in Indoktrination und Infantilismus verkleidet.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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