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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Zu: "Der wahre Dienst"

in FAZ vom 16. Juli 1996, Nr. 163/29D, S.1

Herrn Fischers kirchenpolitische Kommentare erwecken bei mir schon seit längerer Zeit den Eindruck beeindruckender Einäugigkeit. Natürlich wird heute viel über die Frauenfrage in der Kirche diskutiert und daran wird sich wohl so schnell auch nichts ändern - trotz des "Roma locuta, causa finita".

Der stets wiederkehrende Hinweis, daß andere Konfessionen die Frauenfrage schon ganz anders gelöst haben, ohne daß sie besser dastehen, ist eine stets wiederholte faule Ausrede. Sie blendet nämlich ziemlich blindlings aus, daß die Frauenfrage als "Zeichen der Zeit" nur ein Bestandteil unter vielen anderen Impulsen des 2. Vatikanischen Konzils und späterer Synoden zu einer umfassenden Reform ist. Sie suggeriert auch, daß die anderen Konfessionen in der sog. "Reform" bereits weiter vorangeschritten seien - ohne nennenswerte positive Ergebnisse.

Dabei wollte das Konzil nicht nur eine umfassende Reform für die katholische Kirche, sondern im Sinne des "Zurück zu den Quellen" eine allgemeine Rückbesinnung der gesamten Christenheit auf die eigentlichen Intentionen Jesu und seiner stets "auf den Punkt" zu bringenden Botschaft. Ein lebenswichtiger Bestandteil des Konzils, der immer wieder in Vergessenheit gerät bzw. ausgeblendet wird, war die ganz nüchterne Feststellung, daß die Probleme der Christenheit auch in der römisch-katholischen Kirche nicht mehr zentralistisch gelöst werden können - im Namen eines sehr monolithischen und zweifelhaften Einheitsverständnisses.

Was der gegenwärtige Papst mit Eifer betreibt, ist das Gegenteil davon. Als Papst hat er die Macht und die Möglichkeit dazu. Nur darf man dabei die tödlichen Konsequenzen einer starren Kirchenbürokratie nicht verschweigen, die immer dann ihre Wirkungen zeigt, wenn sich große Teile des Kirchenvolkes nicht ernst genommen fühlen.

Wenn Herr Fischer schreibt, Vieles gehe heute "gegen Rom", so scheint bei einer wachsenden Mehrheit die völlige Ignorierung Roms auf Dauer viel gefährlicher zu sein. Konkret drückt sich diese Ignorierung weltweit im Entstehen zehntausender "freier Kirchen" aus oder bei zahllosen Zeitgenossen im Christseinwollen ohne kirchliche Bindung. Kann man diese Reaktionen Menschen übelnehmen, deren Lebens- und Glaubenserfahrungen so wenig zur Kenntnis genommen werden und bei kirchlichen Weichenstellungen kaum, wenn überhaupt, eine Rolle spielen?


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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