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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Offener Antwort-Brief an Herrn Küng

(Publik Forum 22/98, 43)

In Publik-Forum 20/98,31 war Ihre Empörung, Ihr berechtigter Protest über das Treffen Metz - Ratzinger zu lesen. Eigentlich wundere ich mich darüber, daß Sie sich so darüber wundern. Ist doch dieses Treffen, als Geburtstagsfest ehemals zerstrittener feindlicher, nun sich wieder gegenseitig auf die Schultern klopfender Brüder, symptomatisch für viele ähnliche kirchliche Anlässe seit Jahrhunderten.

Da haben sich kluge und hehre Herren immer wieder auf die Schulter geklopft. Sie haben sich ihre eigene Glaubenswelt geschaffen. Sie sind voll unfehlbarer Wahrheit und sauber definierter Klarheit. In ihren theologischen Chefetagen denken sie über alles nach, was Gott und die Welt betrifft.

An Fragen über Sinn, Leid, Elend, Auferstehung und ewiges Leben lassen sie nichts aus, was für die Menschen von Wichtigkeit sein könnte. Auf ihrem Theologen- und Klerikerplaneten wohnend, vermögen sie die kühle und akademisch astreine Distanz zum konkreten Leben, zum "allzu Weltlichen", zu wahren. Dabei fällt ihnen die "Gotteskrise" heutiger Menschen als neues Schlagwort ein, um auf diese Weise wieder von sich reden zu machen. Sie merken offensichtlich nicht oder wollen es nicht sehen und hören, was "unten", im gläubig-sein-wollenden Volk Gottes, welches sich in früheren Zeiten stets gehorsam lenken und leiten ließ, immer offenkundiger und mit immer größerer Nüchternheit quittiert wird: was die "da oben" an Klugem und Gescheitem erdenken, dient am meisten ihnen selbst: ihren akademischen Eitelkeiten, ihrem intelligenten Forscher- und Pioniergeist, ihrer Selbstbestätigung und "Berufung", manchmal auch ihrer mit allen Mitteln angestrebten kirchlichen Karriere.

 Schließlich leben sie ja vom Christentum; aber das Christentum lebt, wie mir scheint, nicht von ihnen. Denn sie dienen dem Leben nicht; nicht den menschlichen "Objekten" in den Tälern des Lebens. Diese sind längst dabei, sich als "Subjekte" ihre eigene religiöse Welt zu schaffen, ihren eigenen "Glauben", ihre eigene Theologie - was die Jörns-Studie über "die vielen neuen Gesichter Gottes" jüngst wieder eindrucksvoll in Erinnerung gerufen hat (vgl. PF 18/1997,54f).

Mögen die hohen Herren sich unterdessen immer weiter auf die Schulter klopfen - solange, bis niemand mehr da ist, der aus den Fragen, die sie stellen, noch Antworten erwartet. Dann wird das Motto immer mehr Wirklichkeit: Sie feierten und ließen sich feiern. Doch niemand ging mehr hin.

Ihnen, lieber Herr Küng, schreibe ich dies, weil in ziemlich regelmäßigen Abständen in der Presse zu lesen ist, wie sehr Sie die Kirche lieben. Allzu gerne würden Sie sich mit dem "Bruder Papst" und anderen hohen Angestellten in Rom zu einem versöhnlichen Gespräch treffen. Es mögen Falschmeldungen sein, die da jetzt, bei Ihrem Protestbrief, bei mir ein wenig den Eindruck gekränkter Eitelkeit hinterlassen haben. Denn was wäre, wenn sich Herr Ratzinger auch zu einem Ihrer Feste ansagen würde? Wären Sie frei genug zu sagen, daß Ihnen solch hoher Besuch nicht gelegen käme? Wären Sie frei von den eitlen Bestechlichkeiten anderer Herrschaften in Kirche und Gesellschaft?

Meine Bitte und mein Gebet für Sie: Gott führe Sie und manche andere nicht in Versuchung! Möge er stattdessen in der Versuchung und aus der Versuchung führen!

In Verbundenheit Ihr
Fritz Köster


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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