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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Schlaglicht Kath. Landvolkshochschule Wies

22.06.96

Der Religionssoziologe Max Weber hat einmal davon gesprochen, daß jede Religion bzw. religiöse Bewegung in der Zeit ihrer Entstehung einen dynamischen Anfang kennt, initiiert von einem genialen Gründer bzw. religiösen Führer und getragen von der Zustimmung und der bejahenden Kraft des Volkes.

Allmählich jedoch verliert sich die Dynamik des Anfangs. Man fängt an zu organisieren und zu strukturieren. Dabei finden sich fast automatisch die selbsternannten Organisatoren bzw. die Stellvertreter Gottes auf Erden, die alles in den Griff zu bekommen versuchen. An die Stelle der kraftvollen Lebensgestaltung des Anfangs treten die Lehre, die Vorschriften, die Gebote und Verbote, die vorprogrammierten Riten und Liturgien. Die Religion fängt an, eine unverständliche Sprache zu sprechen. Es gelingt ihr immer weniger, glaubhaft die Rolle des Sinn-Lieferanten zu spielen. Sie wird eine akademische Veranstaltung neben vielen anderen, wobei die innere Beteiligung des Volkes, obwohl äußerlich noch vorhanden, immer mehr abhanden kommt.

Bei der Begegnung mit jungen oder jung gebliebenen Leuten in der Landvolkshochschule ist mir immer wieder klar geworden, wie richtig Max Weber unsere christliche Situation der Gegenwart beschreibt. Als Referent war ich immer wieder herausgefordert, buchstäblich den "Stallgeruch" der Botschaft Jesu so in die Sinne eingehen zu lassen, daß die Anwesenden, aus einer konkreten Lebenswelt kommend, wieder verstehen lernten, was vielfach so abgehoben und unverständlich erscheint.

Die Besucher der Landvolkshochschule kamen mir wie eine hartnäckige Aufforderung vor, für das Leben der Menschen von heute wieder glaubwürdig zu machen, was durch Eigeninterpretation und Interessenwirtschaft vielfach fad und lebensleer geworden ist. Anstatt daß junge Leute auf Distanz gehen, sollten sie für alle Zeit eine Herausforderung für diejenigen bleiben, die sich allzu schnell religiös und "gläubig" etablieren. Denn es gibt keine größere Gefahr für die Botschaft des Evangeliums als die der geistigen und moralischen Vergreisung ihrer Künder.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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