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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Mein Gott, mein Gott – warum hast du mich verlassen?

Die Frage nach Sinn und Unsinn des Kreuzes.

März 2008

Nichts ist in einer hedonistischen Gesellschaft ärgerlicher als das Kreuz. Wenn es stets darum geht, Spaß zu haben; das Glück als käuflich und den Frieden als machbar erscheinen zu lassen, dann kann die Devise nur heißen: Holt Jesus vom Kreuz! Unsere säkularisierten Gesellschaften sind eifrig dabei, diese Grundeinstellung Wirklichkeit werden zu lassen. Man holt Jesus vom Kreuz. Man entfernt das Kreuz aus Sitzungs- und Gerichtssälen, aus Schulklassen und Lehrerzimmern...

Das Kreuz - als Werkzeug von Qual und Leiden, als Erinnerung an Grausamkeiten, welche Menschen durch Menschen angetan werden - passt nicht in eine Welt, die angefangen hat, auch von den Religionen nichts anderes zu erwarten als Glück und Wohlgefühl. Auch im Christentum ist man vielfach bereit, im Kreuz nichts anderes zu entdecken als ein zu bewahrendes "Kulturgut", als ein Symbol für Menschlichkeit, Solidarität, Hingabe und Versöhnung... Das Ärgernis des Kreuzes, was es für Paulus noch war, bleibt draußen vor.

Moderne Menschen, die oft auf nichts anderes bedacht zu sein scheinen als ihr Leben nach eigenen Entwürfen zu erfinden – man könnte sie charakterisieren als Lebewesen, die einen kleinen Apfel ganz nahe vors Auge halten. Er verdeckt ihnen alles Elend in der Welt. Sie sehen nicht mehr die Kranken und Sterbenden in ihrer nächsten Nachbarschaft; sie vergessen schnell und verdrängen die Fernsehbilder von grausamen Verstümmelungen, die Kindern und Frauen angetan werden; sie überhören das Schreien der Schwerverwundeten auf den Schlachtfeldern dieser Erde. Sie wissen aber auch nichts mehr von dem, der das Leid der Welt freiwillig auf sich genommen hat und in seiner äußersten Not zu schreien vermochte: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Denn die Dinge haben ihre Tränen. Die Welt ist eine unerlöste Welt. Der Mensch ist Teil von ihr, Akteur in ihr. Er vermag Heil und Unheil zu stiften. Bei allen Utopien und Hoffnungen auf Glück und Wohlsein bleibt ihm - wenn es darauf ankommt - nichts anderes übrig als das Leben so anzunehmen, wie es ist: als Gnade und Last. Wer täglich sein Kreuz auf sich zu nehmen und zu tragen bereit ist, dem geht eine Ahnung von Ostern auf. Das Kreuz Christi wird für jeden, der es trägt, zu einem toten Stamm, aus dem ein Spross neuen Lebens sprießt. Aus solcher Erfahrung konnten Christen in allen Jahrhunderten beten: Im Kreuz ist Heil; das Kreuz verhilft uns zu neuen Einsichten und tieferen Erkenntnissen; im Kreuz erkennen wir, wo wir "dran" sind mit uns selbst. Konfrontiert mit Leid und Tod kehrt der Mensch zu den Wurzeln seines Daseins zurück.


Letzte SeitenÄnderung: 31.10.2007.
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