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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Taufe des Herrn (Mk 1,7-11)

undatiert

Mit beiden Füßen auf der Erde öffnet sich der Himmel über Dir.

Zielsatz: Es kommt darauf an, Heil und Heilsames in der Welt zu wirken.


Homiletische Überlegungen: Man kann über die Frage nach der Taufe des Herrn viele Spekulationen anstellen. Warum ließ er sich taufen? Um sich einfach der Johannes-Taufe ein- und unterzuordnen? Um von der Erbsünde befreit zu werden, obwohl er doch ohne Sünde war? Um sich einfach in die Reihe der Sünder zu stellen und einen symbolischen Akt der Reue und Umkehr, den er nicht nötig hatte, zu tun? Um schon jetzt den Weg des Sühneleidens zu verdeutlichen, der schließlich in Tod und Auferstehung endete und sinnträchtig auch den Weg jedes Christen deutlich macht?

Theologische Spekulationen können wichtig und ideenreich sein. Die homiletische Frage, die sich bei allem stellt, lautet, welche Aspekte und Impulse für das Leben heutiger Menschen hilfreich sein könnten; ob sie einen "Ort" im Leben haben und eine Hoffnung darüber hinaus zu geben vermögen? Der Mensch von heute ist vielleicht mehr als je zuvor auf das Diesseits konzentriert, auf die Bewältigung des Lebens, auf Sinn und Erfolg - bisweilen zum Ärger und Verdruß unseres herkömmlichen Übernatur-Verständnisses. Seit der Menschwerdung Gottes in Christus ist es gerade diese Immanenz des bewußt gelebten Lebens, die theologisch sehr ernst genommen und kultiviert werden muß, um auch die im Menschen angelegte Offenheit zur Transzendenz hin zu erschließen bzw. ihr behilflich zu sein.

1. Von Gott geliebt als ein Mensch, der mitten im Leben steht.

Wir haben gerade Weihnachten gefeiert, das Fest der Geburt des Herrn. Von der Menschwerdung Gottes ist, wenn wir genauer hinschauen, an zwei Festtagen die Rede gewesen. Wir in der Westkirche feiern am 25.Dezember und die Ostkirche am 6.Januar jenes Fest, ohne das unser ganzer christlicher Glaube unverständlich bleibt: Gott hat in Christus unter uns gelebt. Er hat uns versprochen, unter uns zu bleiben bis ans Ende der Welt. Dieses "UNTER UNS" haben wir an der Krippe sehr realistisch und hautnah miterlebt. Da gab es gleich am Anfang die Armut, die Nacktheit, die Heimat- und Hauslosigkeit, die Ungeborgenheiten und Unsicherheiten -Lebensumstände, die jedem Menschenschicksal so oder so beschieden sind.

Heute, am Tag der Taufe des Herrn im Jordan, denke ich an die zahllosen Fresken und Malereien in der Kunstgeschichte, die sich dieses Themas faszinierend annehmen. Da sieht man Jesus oft sehr hautnah ins Wasser des Flusses hinabsteigen. Seine Füße sind umspült von den zum Teil ruhigen, zum Teil reißenden Fluten des Stromes. Viele Ikonen des Ostens zeigen auch dramatisch die Flußgötter, die die Füße Jesu berühren. Sie lassen nichts aus, um die in der Welt und im Menschenleben wirksamen Mächte und Gewalten darzustellen. Mitten in ihnen steht Christus. Und die Stimme Gottes ertönt: "Du bist mein geliebter Sohn...". Du bist von Gott geliebt als einer, der mitten in den Fluten des Lebens steht. Als Mensch bist du geliebt, mit allem, was das Menschsein ausmacht. In dir "lokalisiert" und "personalisiert" sich die Liebe Gottes zur ganzen noch zu erlösenden Welt und Menschheit.

2. Außerhalb der Welt gibt es kein Heil.

Was ist der Mensch? Die Frage nach seinem Warum, Woher und Wohin hat die Menschheit nie in Ruhe gelassen. Die Antworten sind zahlreich wie der Sand am Meer. Im Gegensatz zum Tier mit festgelegten Instinkten und Sensoren ist der Mensch ein "Mängelwesen", das ohne den Halt von Gesetzen und Institutionen keine Chance hat; er ist ein Zigeuner am Rande des Universums, das zufällige Produkt einer unendlichen biologischen Evolution seit Millionen von Jahren; es ist ein Wesen ohne eigene Identität. Diese muß es sich erst selbst schaffen, sei es, daß der Mensch sich in Mythen und Sagen eine illusionäre Welt der Utopien schafft; sei es, daß er sich von mächtigen Institutionen vereinnahmen und gängeln läßt; sei es, daß selbstherrliche Autoritäten ihn vereinnahmen und er dabei fähig wird, durch Gefügigkeit und Anhänglichkeit seine Verwundbarkeit und Untüchtigkeit zu vertuschen und zu verdrängen.

Das Fest der Taufe des Herrn gibt ein ganz anderes Bild vom Menschen. Es verkennt die wechselhaften Zeitläufe nicht, in denen er steht, die ihn vielfach nieder- und auseinanderreißen. Der Mensch ist immer den Versuchungen und Gefahren des Lebens ausgesetzt. Mitmenschen, Eltern, Lehrer und Kirchenleute mögen ihm sagen, daß er nichts taugt, daß er unnütz ist und für andere eine Last, eine Nerven säge. Was auch immer für Faktoren eine Rolle spielen, die ein sinnerfülltes Leben verhindern - von Gott her kommt mitten im Leben der Ruf von oben auf uns zu: Du bist immer wertvoll, ich habe Gefallen an dir, ich liebe Dich so wie Du bist. Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. Selbst wenn Du das nicht glauben kannst; selbst wenn Du in den Nächten Deiner Verzweiflung nichts mehr verstehst - ich bin Dir nahe in allen Lebenslagen. Nicht nur in der Kirche, beim Gebet oder in der Meditation; vielleicht sogar noch mehr im Leben, mitten in der Welt, in den Kämpfen und Überlebensstrategien zu einem erfüllten und auch für andere heilsamen Leben.

3. Gottes Anruf im bewußt gelebten Leben.

Wir sollten uns am heutigen Sonntag bewußt einmal ein paar Minuten Zeit nehmen, um ein Bild, eine Ikone von der Taufe des Herrn im Jordan zu betrachten. Dabei wird in den Elementen der Natur und der Schöpfung die ganz konkrete Situation deutlich, in der der Mensch Jesus von Nazaret steht. Seine unmittelbar erlebten Lebenslagen sind irgendwie auch immer unsere. Seine konkrete Art, damit fertig zu werden, muß auch unsere werden. Mitten in der Diesseitigkeit unserer Welt möge sich für uns, wie für Christus, der Himmel immer wieder auftun. Mitten in der Weltlichkeit unseres Lebens haben wir einen festen Anker, ein Hoffnungszeichen, das bleibt und in den Wechselfällen des Lebens beständig nach uns ruft. Jedenfalls ist dies die Botschaft des heutigen Tages: Der Mensch ist immer in Gottes Hand. Er hat allen Grund, seinen Weg in Hoffnung und Zuversicht zu gehen.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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