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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Wo das Leben Auferstehung feiert.

Bayerischer Rundfunk: 30.März 1996

Verehrte Hörerinnen und Hörer.

Die junge Frau hatte eine schreckliche Jugend gehabt. Sie war die Älteste von mehreren Geschwistern. Ihre Familie war arm und isoliert gewesen. Das hätte nicht zu sein brauchen. Aber der Vater hatte sich zu einem Trinker und Taugenichts entwickelt. Normalerweise hätte auch sie so werden müssen - in einem Milieu ohne Geborgenheit und Liebe. Aber irgendwie hatte sie es geschafft.

Die schönsten Jahre begannen, als sie ihren Mann kennenlernte und heiratete. Sie führten eine glückliche und vorbildliche Ehe. Es war für sie wie eine Belohnung, drei gesunden Kindern das Leben zu schenken. Doch dann kam plötzlich die Todesnachricht ins Haus. Ein Betrunkener hatte ihren Mann angefahren und auf der Stelle getötet. Es begannen für sie schreckliche Wochen und Monate. Sie haderte mit Gott; immer wieder vergrub sie ihr Gesicht in ihre Hände, ohne Trost zu finden, ohne einen Ausweg zu sehen. Depressionen beschwerten ihre Glieder; Melancholie legte sich wie ein Seil, wie Stacheldraht um ihre Seele. Warum gerade ich? Auf diese Frage gab es keine Antwort. Sie war wie eine schwere Fessel an ihren Füßen.

Eines Tages fand sie einen Brief ihres Mannes, den er ihr vor Jahren, kurz vor der Hochzeit, geschrieben hatte. Darin hieß es: "Was ich an Dir am meisten schätze und bewundere? Daß Du trotz des Schweren in Deiner Jugend ein gütiger und gläubiger Mensch geworden bist!"

Sie las diesen Satz immer wieder. Es war, als würde er sie innerlich verwandeln. Sie begann sich zu schämen vor denen, die es noch schwerer hatten als sie. Zum ersten Mal erinnerte sie sich wieder ihrer noch kleinen Kinder. Wie würden sie das Leben bestehen? Was würden sie einmal über ihre Mutter sagen: "Sie hat es geschafft"? oder: "Unsere Mutter hat versagt"? Es wuchs in ihr das Bewußtsein, daß es nicht so sehr darauf ankommt, was man durchmacht, sondern: wie man es vor Gott und vor sich selbst besteht.

In der kommenden Woche erinnert sich die Christenheit an eine ähnliche Erniedrigung, die zu einer Erhöhung wurde. Jesus wußte, daß seine Todesstunde gekommen war. Er wußte, daß ihn einer der Seinen verraten würde und daß er heimtückisch umgebracht werden sollte. Er wußte auch, daß ihn alle seine Jünger im Stich lassen würden. Außer Johannes würde ihn keiner mehr auf dem Kreuzweg begleiten.

Dennoch findet sich keinerlei Grimm, Enttäuschung oder Hader in den Worten Jesu. Keinen Augenblick überfällt ihn auch nur der Ansatz eines Vorwurfes oder einer persönlichen Kränkung. Weil er weiß, daß das Kreuz - nach dem Willen des Vaters -

getragen werden muß, ruft er seine Jünger zusammen, um ihnen einen letzten großen Dienst zu erweisen. Er wäscht ihnen die Füße und läßt sie teilnehmen an dem Einen Brot, an dem Einen Kelch des Leidens und der Auferstehung. "Tut dies zu meinem Gedächtnis. Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus diesem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt" (1. Kor 11,26).

Der Augenblick der größten Erniedrigung erweist sich im Leben der Frau und im Leben Jesu als der Augenblick der größten Möglichkeiten. Wer in seiner Not alles in die Hände Gottes des Vaters zu legen vermag, für den bricht wie eine Sturmflut ein neuer Morgen an. Wo beim Menschen alle Kunst versagt, da kann Gottes Werk siegreich seinen Lauf nehmen. Menschen können dann wie Wasser sein, die aufwärts fließen gegen die Berge. Denn alle Leiden der Menschheit sind in die Nähe des Ostermorgens gerückt.

Dabei bleibt für das ganze Leben gültig, was Franz Werfel einmal schreibt: Die Welt fängt mit dem Menschen an, mit jedem Neugeborenen, wenn es lächelt, wenn es sich freut, wenn ihm im Du der Mutter die Ahnung aufgeht, daß die e i n e Seite der Welt Licht und Erlöstsein, Güte und Anmut bedeutet. Christen sprechen von der "frohen Botschaft", die ihnen zuteil wurde und die ihr Leben prägt und prägen sollte. Der Grund der Freude ist Christus selbst. Er hat Hoffnung in die Welt gebracht. Der heilige Ambrosius schreibt deshalb: " Der Christ sollte ein königlicher Tänzer sein... Tanz ist der Gefährte des Glaubens und der Gespiele der Gnade".

In der Tat: Tanzen und Klatschen stehen immer mit Liebe und Gemeinschaft im Einklang. Sie machen tragfähiger für schwere Zeiten des Lebens; sie signalisieren "überwundenes Leid an der Welt" (J. Paul).
 


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