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Petrus, Fels und Strauchelstein.
21. Sonntag im Jahr (Mt 16,13-20).
Zielsatz: Allen Getauften ist es gemeinsam
aufgetragen, Gottes Wegen und Anweisungen gegenüber den Gehorsam
im Glauben zu üben.
Homiletische Überlegungen: Zwei Kirchenbilder
beherrschen heute die Szene. Sie leben nebeneinander und fließen
oft unvermittelt ineinander. Das eine heißt "Communio". Die
Gläubigen wissen sich als "Brüder und Schwestern" und werden
auch so angeredet. Ihre Tugenden heißen: Gesprächsbereitschaft
und Dialog, Verantwortung für Kirche und Gemeinde, aktive
Teilnahme an der Weitergabe des Glaubens, überzeugende
Vorbildlichkeit als Christ in der Welt von heute, besonders
gegenüber der jüngeren Generation...
Das andere Kirchenbild heißt "Hierarchie". Schon in dessen
Sprachgebrauch wird deutlich, daß "die Kirche" im eigentlichen
Sinne der geweihte Klerus ist. In ihr herrscht ein anderer
Tugendkatalog vor: auf die Kirche hören, ihr gegenüber gehorsam
und kindlich-untertänig sein, ihre Lehren und Anweisungen
befolgen - ein selbstverständlicher Sprachgebrauch, der darauf
hinausläuft, daß "das gläubige Volk" eigentlich doch nicht "die
Kirche" ist. Vielmehr steht es der kirchlichen Hierarchie hörend
und gläubig gegenüber oder ist ihr untergeordnet, indem es
befolgt und für wahr hält, was verkündet wird.
Vermutlich wird es noch sehr lange dauern, bis sowohl die
kirchliche Sprache als auch die kirchlichen Lebensvollzüge
deutlich zum Ausdruck bringen, daß alle Getauften in gleichem
Maße die Worte und Taten Jesu im Heute ihrer jeweiligen
Lebenswelt zu aktualisieren und zeichenhaft darzustellen haben.
Dem Papst, den Bischöfen und dem ganzen Volk Gottes ist es
gemeinsam aufgetragen, gegenüber dem Wort Gottes und den
"Zeichen der Zeit" gehorsam zu sein. Sie alle sind Hörer und
Befolger des Wortes. Sie haben alle gemeinsam jene Weisungen zu
befolgen, die in den konziliaren und synodalen Prozessen
erarbeitet und erbetet wurden. Im Maße dies gelingt, wenn auch
noch so fragmentarisch, kann "Kirche" auch auf Zukunft hin
gelingen.
1. Du bist Petrus, der Fels.
Für wen halten die Leute den Menschensohn? Um diese Frage geht
es im heutigen Evangelium. Eigentlich geht es seit 2000 Jahren
um nicht viel mehr als um diese Frage. Von ihrer Beantwortung
hängen das Glaubensbekenntnis und die Lebenspraxis der Christen
ab. Die Antworten im Evangelium haben wir gehört. Von Johannes
dem Täufer ist da die Rede, von Elija, von Jeremia und anderen
Propheten der vorchristlichen Zeit. Auch Petrus gibt seine
Glaubensantwort: "Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen
Gottes". Daraufhin folgt der Satz aus dem Munde Jesu, der von
Anfang an das Herz der Christen und seit Jahrhunderten das Herz
der katholischen Christen höher schlagen läßt: "Du bist Petrus,
der Fels. Auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen":
Man kann diesen Satz in den verschiedensten Varianten immer
wieder zu lesen und zu hören bekommen: Wo Petrus ist, da ist die
Kirche. Wer auf Petrus hört, der hört auf Christus. Das
Petrusamt ist unverzichtbar für das katholische
Glaubensverständnis. Petrus und der Papst: was sie binden und
lösen, wird auch im Himmel gebunden und gelöst sein...
Vor allem in Zeiten der Bedrängnis und Not schauen wir auf
Petrus und seinen Nachfolger. Wo es eine Welt, sogar
praktizierende Christen gibt, die herkömmliche
Glaubensvorstellungen in Frage stellen, da wird gerne auf die
unfehlbare Stimme in Rom gehört: bei den heiß diskutierten
Fragen über das Gesetz des Priesterzölibates, über die "viri
probati", über die Rolle der Frauen in der Kirche und deren
Zulassung zu kirchlichen Ämtern usw. .. Für die einen bedeutet
dabei die Entscheidung des Papstes wiedergefundene Ordnung und
Sicherheit; anderen werden solche Entscheidungen zum Ärgernis
und Anlaß des Protestes.
2. Der Charakter des Petrus.
Indem das Evangelium im Blick auf Petrus, "den Felsen", so viel
Sicherheit und Eindeutigkeit zu geben scheint, ist es dennoch
verwunderlich, daß an vielen Stellen der Schrift Petrus nicht
besonders als Fels in der Brandung der Zeitengänge geschildert
wird. Wir denken an den mißlungenen Versuch des Petrus, auf dem
Wasser zu wandeln (Mt 14,26ff). Oder an die Stelle, an der Jesus
den Petrus als "Satan" bezeichnet, weil er nichts von der
Botschaft Jesu zu begreifen scheint (Mt 26,23). Oder an die
Leidensgeschichte Jesu, in der Petrus seinem Meister versichert,
eher ins Gefängnis oder in den Tod zu gehen als ihn im Stich zu
lassen. Dabei reicht seine Gefolgstreue gerade noch bis zum
Ölberg. Petrus merkt nicht einmal die Angst und Trauer, die
Jesus vor seinem Tod überfallen...
Auf der einen Seite also "der Fels", auf der anderen Seite der
Mensch Petrus mit dem heißen Herzen und den großen Sprüchen, die
ihm so leicht von den Lippen gehen. Ein paar Dienstmägde und
Knechte haben mit ein paar bohrenden Fragen wie in einen
Luftballon in ihn hineingestochen und die wahre Realität des
Petrus zum Platzen, die Fassade seines Äußeren zum Einsturz
gebracht. Seine Persönlichkeitsstruktur stellt sich bei vielen
Gelegenheiten als ein Gemisch aus Angst und Geltungssucht, aus
gutem Willen und Feigheit, aus Treulosigkeit und Liebe heraus.
Petrus fühlt sich gerade am Karfreitag von Jesus durchschaut. Er
fühlt sich leer und nackt. Alle seine Beteuerungen haben sich
als Masken, als fade Ausreden, als leeres Geschwätz erwiesen.
Nur gut, daß er nicht auch - wie Judas - im Strick den einzigen
Ausweg aus der Verzweiflung gesehen hat.
3. Vorsteher des Liebesbundes, nicht mehr und nicht
weniger.
Alles das verheimlicht uns das Evangelium nicht. Petrus war der
Fels, aber auch der "Strauchelstein" - wie J. Ratzinger es
formuliert hat. Die Päpste sind es bis auf den heutigen Tag
geblieben. Dieses Bewußtsein hat zum Beispiel noch beim Konzil
von Trient (1545-1563) Anlaß zu einer Textvorlage gegeben, die
besagt, daß ein Papst nicht nur wegen Häresie, sondern auch
wegen großer Schädigung der Kirche belangt werden könne und
müsse.
Also nicht die menschlichen Schwächen, die
Charaktereigenschaften, seine ethnische Herkunft oder die
theologische Schule, aus der er kommt, machen den Papst zu einem
"Felsen". Fels ist er immer nur da, wo er glaubend und hoffend
seine Zuversicht auf Christus setzt, wo er seine Amts-Sicherheit
in der Gewißheit verankert, daß Christus bis ans Ende der Welt
bei ihm und in der ganzen Gemeinde gegenwärtig bleibt.
Petrus hat sich immer selbst überfordert, wenn er auf seine
eigene Kraft setzte. Aber wo das Amt zur dienenden Ermutigung
zur Personwerdung und Berufung der Menschen wird wie auch zur
Gemeinschaftsbildung der in Christus Versammelten; wo die
Autorität ihre Wurzeln findet in der glaubenden Zuversicht, daß
Christus in allen Stürmen der Zeit und Geschichte seinem Volk
nahe bleibt, da kann sich der Petrusdienst als "Fels" erweisen.
Petrus hat, wie es wohl allen Menschen geht, nicht umsonst viele
Rückschläge erlitten. In seinen Tränen hat er oft aufhören
müssen, sich selbst zu verstehen, an sich selbst zu glauben. In
der Abgründigkeit und Zwispältigkeit seines Herzens hat er auf
schwierige Weise lernen müssen, daß die gelebte Praxis der Liebe
unter Gleichgestellten das einzige ist, welches des Beistandes
Christi für alle Zeiten sicher sein kann (vgl. Joh 21,15ff).
Petrus ist der Vorsteher eines Liebesbundes. Nicht mehr und
nicht weniger.
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