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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Dritter Sonntag der Osterzeit (B) - (Lk.24. 35-48):
Der Auferstandene erscheint seinen Jüngern.

1. Wie kann ein "vernünftiger Mensch" auch noch gläubig sein?

Ich kenne einen Menschen, den ich am liebsten "meinen Freund" nennen möchte. Er ist Professor der Medizin, sehr belesen und ein großer Kunstliebhaber. Ab und zu treffen wir uns. Wir gehen dann meistens in einem Lokal essen und trinken. Im Laufe des Abends reden wir über Gott und die Welt. Kein Thema wird ausgelassen. Die Abende sind immer recht spannend. Die Gespräche haben Tiefgang; manchmal plätschern sie nur so dahin; oft sind sie gespickt voll mit Witzen und humorvollen Einlagen, die sich nicht selten in einem herzhaften Lachen entladen.

In religiösen Fragen sind wir weit voneinander entfernt. Er bezeichnet sich selbst als "Atheisten" oder "Agnostiker". Dennoch ist er es meistens, der zuerst auf Religion, Glaube und Kirche zu sprechen kommt. So als wollte er mir sagen: wie kann man nur?! Tatsächlich machte er mir eines Abends bei der Verabschiedung eine entsprechende Bemerkung: "Ich kann nicht verstehen, dass Du, der Du doch sonst ganz vernünftig bist, ein gläubiger Christ sein kannst. Du bist in allen Dingen sehr 'normal', hier bist Du es nicht!"

Ich war ganz verdutzt, wusste zunächst nicht, was ich antworten sollte. Dann kam es doch wie ein spontaner Einfall aus mir heraus: "Was heißt schon 'gläubig'? Glaube kann man nicht in Sätzen schwarz auf weiß nach Hause tragen. Glauben kann man nicht 'beweisen'. Aber das Gegenteil auch nicht. Auch das Leben nach dem Tod kann ich Dir nicht beweisen. Entweder gibt es am Ende nur das Nichts oder es gibt eine Überraschung. Ich verlasse mich gern auf eine Überraschung". – "Wenn Du das meinst", sagte er zum Schluss: "überraschen ließe ich mich auch gerne!"

2. Ein Gott ungeahnter Überraschungen.

Im Nachhinein ging mir der Satz des "Atheisten" und "Agnostikers" noch lange durch den Kopf. "Überraschen ließe ich mich auch gerne". An meinen spontanen Einfall musste ich auch immer wieder denken. Wie war ich dazu gekommen, das Wort "Überraschung" in die Wagschale zu werfen?

Obwohl das Gespräch schon vor längerer Zeit stattfand, fiel es mir beim Lesen des heutigen Evangeliums wieder ein. Jesus erscheint seinen Jüngern. Er bekundet seine Auferstehung. Die Jünger reagieren voll Angst und Schrecken. Denn sie wissen nicht, wie die Geschehnisse der Leidenswoche und des Ostermorgens zu deuten sind. Sie glauben einen Geist zu sehen. Sie erleben sich konfrontiert mit etwas Unverständlichem, Geheimnisvollem, unergründlich -Schrecklichem. Jesus entschlüsselt ihnen das Geheimnis des Auferstandenen nicht. Es bleibt ein Geheimnis – so wie Gottes Leben und Dasein nie erfasst werden kann. Gott ist und bleibt immer jenseits menschlichen Denkens und menschlicher Verstehensmöglichkeiten – auch die Auferstehung. Deshalb kann man Gottes Dasein auch nicht "beweisen". Man kann im Glauben immer nur voller Hoffnung sein; in der Erwartung auf etwas unerhört Größeres leben; zuversichtlich bleiben auf jene "Überraschungen" hin, die Gott denen bereitet hat, die seine Wege gehen.

Darauf zielt auch das Evangelium. Ohne das Geheimnis Gottes, der "in unzugänglichem Lichte wohnt" (1Tim.6.16), zu entschleiern, lässt Jesus seine Jünger nicht im Dunkeln. Der Evangelist verweist sehr drastisch auf "Fleisch und Knochen", die den Auferstandenen von einem Geist unterscheiden. Der sich da zeigt, wird als identisch mit dem irdischen und gekreuzigten Jesus wahrgenommen. Die Jünger sind sicher, keinem Trugschluss aufgesessen zu sein. Sie lernen an die Auferstehung glauben, an die Macht und Herrlichkeit Gottes über jedes menschliche Fassungsvermögen hinaus.

3. Gott gibt sich in des banalen Dingen des Alltags zu erkennen.

In den übrigen Osterevangelien wird von anderen "Gewissheiten" über den Auferstandenen berichtet, die für die Jünger überzeugend sind. Die Emmausjünger erkennen ihn am Brotbrechen (Lk 24.30); Maria Magdalena gehen die Augen auf, als sie Jesus ihren Namen sagen hört (Joh 20.15); dem ungläubigen Thomas werden die Zweifel genommen beim Berühren seiner Seite (Joh 20.27); andere Getreue erkennen an ihrem überwältigenden Fischfang, dass die Stunde für etwas Neues geschlagen hat. Bei ihnen gibt sich Jesus dadurch zu erkennen, dass er am Ufer sitzt, um am Kohlenfeuer Fische und Brot für seine Jünger zu bereiten (Joh 21.1-14).- Es sind sehr banale Alltagsdinge, in denen Jesus seine lebendige Auferstehung offenbart, ohne dabei das Geheimnis des Auferstandenen bzw. Gottes verstehbar zu machen.

Im 2. Teil des heutigen Evangeliums wird darüber hinaus deutlich zur Sprache gebracht, dass die Ereignisse des Ostertages weit über diese hinausgehen. Die Jünger werden über den heilsgeschichtlichen Sinn des Geschicks Jesu belehrt. In Jesus sind die Prophezeiungen der Propheten und Psalmen in Erfüllung gegangen. In ihm hat sich das Gesetz des Mose vollendet. Durch Tod und Auferstehung Jesu werden nicht nur die Schriften des Alten Testamentes verständlich; durch sie wird auch eines Tages das Schicksal des Menschen und der Welt entschlüsselt. "Mußte nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen?" fragt Jesus die Jünger auf dem Weg nach Emmaus.

Im Blick auf das große Elend, welches Menschen immer wieder erleben müssen; angesichts unzähliger Naturkatastrophen in der Welt stellt sich eine ähnliche Frage: Sind Leiden und Niederlagen der Menschheit deshalb aufgegeben, damit sie nicht in der reinen Diesseitigkeit ihr Heil sucht und darin versandet, sondern immer wieder Ausschau hält nach dem, was Gottes ist? Aus solchem Fragen darf freilich nicht der Schluß gezogen werden, man müsse Kriege und Leiden in der Welt bewusst herbeiwünschen, "damit die Leute das Beten wieder lernen". Auch ohne solche falsche "Schlüsse" zeigt sich immer wieder die Tatsache, daß trotz ständiger menschlicher Fortschrittsbemühungen alles geschaffene Leben unerlöst ist und bleibt. Die gesamte Schöpfung ist auf die Erlösung dessen hin angelegt, der durch Tod und Auferstehung gegangen ist (Röm 8.18-30). Der Menschheit ist es bis zum Ende der Welt aufgegeben, immer wieder zu lernen und zu begreifen, dass durch ihn eine neue Zeit angebrochen ist. Sie kommt einer ständigen Aufforderung gleich, wachsam zu werden für den, der endgültig zu erlösen und zu retten vermag.


Letzte SeitenÄnderung: 26.09.2007.
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