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Bericht aus Hirzenach - dem "Ende der Welt".
08.01.1998
Es ist gar nicht so leicht, in kurzen Sätzen einen "Bericht"
zu schreiben. Wer interessiert sich schon ernstlich dafür? Wer
wird ihn später lesen - bei so viel Eigenbeschäftigung? Nun,
Pastoraltheologie treiben kann man eigentlich nur, wenn man
ständig "am Ball bleibt" und mitzubekommen versucht, was sich
"an der Basis" alles tut. Aushilfen mal hier und mal dort können
kein Ersatz für ständige Präsenz sein, die davor bewahrt, immer
wieder neue Theorien zu entwickeln. Und Theoretiker wissen ja
immer, wie es geht? Und dann geht es doch nicht....
Daß der Wind von Seiten der modernen Gesellschaft den Gemeinden
immer schärfer ins Gesicht bläst, braucht nicht erwähnt zu
werden. Daß es innerkirchlich auch nicht leichter geworden ist,
hat neulich die "Herder Korrespondenz" beschrieben: die letzten
50 Jahre böten eine "Dokumentation vertaner Chancen".
Über dieses und vieles andere habe ich mich in den letzten
Jahren ja reichlich geäußert. Neulich traf ich in einer
deutschen Stadt zufällig einen Mitbruder, der es immer sehr gut
mit mir gemeint hat. Im Gespräch dachte er laut: Eines meiner
Bücher sei ja wohl ein "Fehltritt" gewesen. Er hatte es nicht
gelesen - aber ein Fehltritt war es eben doch. So wollte es das
Gerücht.
Durch solche "Fehltritte" ist meine Gemeinde allerdings seit
Jahren mächtig gewachsen. Sie geht weit über Hirzenach und die
Hochschule hinaus. Sie führt mich in viele Städte auch außerhalb
Deutschlands. Wenn ich mit meinen angeblich "provokativen"
Themen und Thesen durch die Lande ziehe, finde ich bei den
meisten (weil die anderen gar nicht erst kommen) große
Zustimmung, bei manchen Ablehnung (ich erlebe sie als eine
Partei von geistig Seßhaften bzw. Eingesessenen und laut Thomas
von Aquin "im Guten Verhärteten"); bei vielen auch "Schweigen im
Walde". Bei denen denke ich oft: "Warte nur, balde ruhest Du
auch!" In einer Zeit großer Umbrüche ist das "Schweigen im
Walde" wohl das beschämendste. Oft spüre ich aber auch große
Angst dahinter - sogar ganz "oben" in der Kirche. Denn wer
möchte schon seine Stimme gegen den offiziellen Trend erheben,
obwohl es laut Bischof Stecher und einigen anderen sehr nötig
wäre - bei so viel "fortlaufendem Erfolg", wie mir immer wieder
gesagt wird, trotz massiver kirchlicher "Angebote" und
ausgebuchtem Terminkalender.
Die Verlagsgruppe Herder-Knecht will in diesem und im nächsten
Jahr meine neu aufgelegten Bücher, die ja energisch das Konzept
einer "Nachfolge-Pastoral" vertreten, verstärkt auf den Markt
bringen. So fehlt es also nicht an Arbeit, auch nicht an
Auseinandersetzung. Das Leben in den Wogen des Meeres und in
stürmischer See macht einen zu einem "rauhen Seebären", aber mit
sehr wenig Verbitterung und Resignation - Eigenschaften, die mir
gern unterstellt werden. Bei denen habe ich es wieder mit einer
"Partei" zu tun. Ich möchte sie die "Partei der ruhigen
Gewissen" nennen. Sie möchte sich auf keinen Fall durch
beunruhigende Fragen aus der Ruhe bringen lassen. Bei denen habe
ich manchmal den Verdacht, daß es sich um "religiöse
Kurpfuscher" handeln könnte: sie loben die gesunden Organe, eine
seriöse Diagnose lehnen sie ab. Dazu singen sie gerne
"Halleluja". Und finden eine Zeitlang sogar Mit-Singer. Wenn es
zu viele davon gibt, entsteht schnell die "Dokumentation
vertaner Chancen". Vielleicht ist dies meine schmerzlichste
Erfahrung. Der "Kirche" als einer anonymen Größe könnte ich sie
noch leicht verzeihen, den Orden aber nicht.
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