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Christsein an der Wende - Glaube in postmodernen
Lebenswelten
Dezember 1999
Die letzten 100 Jahre haben zur Erforschung des Lebens Jesu,
seiner Worte und Taten, seiner Absichten und der Dynamik des
christlichen Anfangs wahrscheinlich mehr beigetragen als einige
Jahrhunderte davor. Man stelle sich das Unwahrscheinliche vor,
daß die Kirchen und die gesamte Christenheit das "Zurück zu den
Quellen des Evangeliums" (wie Papst Johannes XXIII. und das
Zweite Vatikanum es proklamierten) systematisch und konsequent
vorangetrieben hätten, statt sich zu sehr auf das spekulative
Reden über Gott, auf Massenveranstaltungen und feierliche
Deklarationen, auf theologische Definitionen und ökumenische
Begriffshantierereien zu verlassen.... Hätte im neuen, nun
beginnenden Jahrhundert wieder so etwas möglich werden können
wie die "Dynamik des Anfangs"? Oder dümpeln die Kirchen
weiterhin vor sich hin, immer vom Aussterben und Ausbluten
bedroht? Vielleicht muß in einem eiskalten Winter erst Vieles
absterben, damit eine neue Blüte ausbrechen kann.
Zwischenzeitlich geht es nicht darum, in der Kälte des Winters
zu erstarren, sondern den Frühling vorzubereiten. "Christsein an
der Wende" macht tragfähige und zukunftsträchtige
Weichenstellungen nötig.
Die verlorene Dimension: Die Sakramentalität des Lebens. Auf dem
Konzil von Lyon (1274) wurde die Siebenzahl der Sakramente
kirchlich festgesetzt und proklamiert. 800 Jahre früher hatte
Augustinus noch von "Hunderten von Sakramenten" gesprochen.
Damit waren Lebenswirklichkeiten gemeint, in denen sich die
Menschen der Anwesenheit Gottes im Leben "sakramental" sicher
waren. Wurde mit dem Ausschluß solcher Lebensvollzüge aus dem
kirchlichen Bewußtsein das Leben selbst verbannt? Wurde die
Trennung zwischen "Sakralem" und "Profanem", zwischen
"Kirchlichem" und "Weltlichem", zwischen "Klerus" und "Laien"
endgültig besiegelt? Wurde hier die "Säkularisierung" und "Entkirchlichung"
der Welt, unter denen die Gemeinden heute massiv leiden,
kirchenamtlich eingeleitet bzw. verstärkt? Kritische Stimmen
beklagten damals schon: "Die Sakramente wurden definiert, die
Praxis ist erstarrt" und: "Die Glaubensartikel wachsen, aber die
Liebe nimmt ab" (so z.B. Erasmus von Rotterdam, gest.1536).
Heute herrscht vielfach der Eindruck: Die gebliebenen 7
Sakramente leiden unter Lebens- und Blutarmut. Sie sind
traditionell hochgehaltene Familien- und Lebenswendefeiern, die,
in einem lebensfernen "heiligen" Raum schwebend, den eigentlich
christlichen Sinn verloren haben. Inmitten der "heißen Kulturen"
unserer Zeit scheinen sie einer "kalten Kultur" (Levi-Strauss)
anzugehören... Es müßte also darum gehen, die "verlorene
Dimension" wiederzufinden.
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