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Darstellung des Herrn – "Fest der Begegnung".
2. Februar 2008
Zielsatz: Zur Aussöhnung mit Gott genügen nicht äußere
Kulthandlungen. Die Begegnung mit dem Menschgewordenen macht
"rein".
1. "Fest der Begegnung".
"Wird es bald wieder die 'Aussegnung' geben?", fragte mich
neulich eine junge Mutter. Sie hatte ihr erstes Kind zur Welt
gebracht. Die Sache mit der "Aussegnung" wusste sie von ihrer
eigenen Mutter. Früher nämlich, nach der Geburt eines Kindes,
gingen die Frauen mit einem Priester in die Krankenhauskapelle,
um von ihm "ausgesegnet", "gereinigt" zu werden. Die junge
Mutter, die mir die Frage stellte, kannte ich als christlich und
kirchlich engagiert. Sie lebte – wie viele andere schon längst
nicht mehr – in der Sorge, dass das Rad der kirchlichen
Geschichte immer mehr in die Zeit der "Restauration"
zurückgedreht werden könnte. Gegenwärtige Päpste schienen wie
Repräsentanten für eine Entwicklung, die nicht Zukunft, sondern
Vergangenheit hieß. Wäre es also nicht konsequent, wenn auch die
"Aussegnung" wieder Normalität würde?
Von der Reinigung, Aussegnung der Mutter Maria ist auch im
heutigen Evangelium die Rede. Zur Zeit Jesu gab es kultische
Reinheitsvorschriften. Nach der Geburt eines Jungen galt die
Mutter vierzig, nach der Geburt eines Mädchens achtzig Tage als
unrein. Um wieder rein zu werden, musste sie dem Priester bzw.
dem Herrn ein Opfer darbringen: zwei Tauben – die Opfergabe
armer Leute. Der Evangelist Lukas stellt diese Vorschrift in den
Zusammenhang großer Begegnungen: Maria und Josef mit dem Kind;
der greise Simeon und die Prophetin Hanna. Lukas schildert diese
Begegnungen so, als wäre die kultische Reinigung nicht das
Wichtigste. Nach ihm geschieht "Reinigung" weniger im Opfer von
Tauben, sondern in der Begegnung mit Jesus. Darin wird offenbar,
wie Denken, Fühlen und Emotionen vielfach verunreinigt sind. Im
Maße sich Menschen auf Jesus und seine Anliegen einlassen,
werden sie sensibel für das, was für sie selbst und für die Welt
entscheidend wichtig ist. Die Ostkirche hat dem heutigen Tag der
Darstellung des Herrn den schönen Namen "Fest der Begegnung"
gegeben. In der Begegnung ereignen sich "Reinigung" und "erlösteres
Dasein".
2. "Die alt an Jahren sind, sind nicht immer weise" (Ijob
32.9).
Als Vertreter des Volkes Israel, welches in der Begegnung mit
dem Kind Jesus Segen und Gnade erfährt, stehen Simeon und Hanna
in der Mitte des heutigen Evangeliums. Es sind alte Menschen.
Alte Menschen leben normalerweise mehr in der Vergangenheit als
in der Zukunft. Weil auch die Gegenwart für sie nicht mehr
maßgeblich ist, leben sie in der nostalgischen Erinnerung an die
"gute alte Zeit". Sie versuchen, wenigstens in ihrem Kopf, das
gute Alte wieder her zu stellen – Grund für die Jugend, das
Alter herabzusetzen, nicht besonders ernst zu nehmen. Davor
warnt schon das Buch Sirach: "Suche deinen Ruhm nicht darin, den
Vater herabzusetzen... Beschäme ihn nicht mit deiner
Vollkraft"(3,10.13).
Andererseits wird das Alter nicht idealisiert. Eine lange
Lebenszeit bedeutet nicht automatisch Gnade und Belohnung. Wo
des "Allmächtigen Hauch... nicht verständig macht" (Ijob 32.8),
da artet die Verehrung Gottes in Selbstbehauptung aus, in
Starrsinn und Unbeweglichkeit. Das Alter wird vielfach als eine
Vorstufe des Todes erlebt. Für den wahrhaft Weisen bleibt die
Zukunft ein offenes Feld für das Wirken Gottes. So wird Simeon
geschildert als einer, der auf die "Tröstung Israels" wartet. Im
Kind Jesus sieht er eine verheißungsvolle Zukunft anbrechen.
"Meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern
bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet und
Herrlichkeit für dein Volk Israel".
Wie der alte Simeon ganz auf die Zukunft Gottes wartet, so auch
Hanna. Bereits als junge Frau war sie Witwe geworden. Nach
dieser lebensbedrohlichen Krise hat sie das Heiligtum als
Lebensraum gewählt. Ihr Leben ist von Fasten und Beten bestimmt.
Mit Leib und Seele ist sie in Erwartung auf das Kommen Gottes in
die Welt. Das macht sie zur Prophetin. Wie Simeon schaut sie
nicht auf sich selbst und ihr Alter, sondern auf die Zukunft für
die anderen. Sie preist Gott und spricht über das Kind zu allen,
die auf die Erlösung Jerusalems warten. Ihre Vision ist das
zukünftige Heil für die Gemeinschaft, in der sie ihr Leben
verbrachte.
3. An ihm werden die Geister sich scheiden.
Lukas liegt es fern, idyllisch und realitätsfremd zu denken. Die
Ankündigung des Kommens Gottes in die Welt ist keine reine
Erfolgs- und Triumphgeschichte. Im Gegenteil: sogar Maria wird
ein Schwert durch die Seele dringen (Lk 2.35). Für Lukas wird
das Kind zu einem Zeichen, "dem widersprochen wird". In Zukunft
kann die Welt, können Menschen nicht mehr ahnungslos an Jesus
vorbeigehen. An ihm werden sich die Geister scheiden. Er ist
dazu bestimmt, dass viele durch ihn zu Fall kommen. Viele werden
aber auch durch ihn aufgerichtet. Die Zeit der Entscheidung ist
gekommen.
Vom heutigen Evangelium geht eine schlichte Lebensweisheit aus:
Mensch, erkenne, wer du wirklich bist! Laß dich nicht auf
Äußerlichkeiten ein! Du bist ein Wachsender und Werdender in dem
Maße, als du das Wirken Gottes in der Welt und in deiner eigenen
Geschichte zu deinem eigenen machst.
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