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Zu: "Der wahre Dienst"
in FAZ vom 16. Juli 1996, Nr. 163/29D, S.1
Herrn Fischers kirchenpolitische Kommentare erwecken bei mir schon seit längerer
Zeit den Eindruck beeindruckender Einäugigkeit. Natürlich wird heute viel über
die Frauenfrage in der Kirche diskutiert und daran wird sich wohl so schnell
auch nichts ändern - trotz des "Roma locuta, causa finita".
Der stets wiederkehrende
Hinweis, daß andere Konfessionen die Frauenfrage schon ganz anders gelöst haben,
ohne daß sie besser dastehen, ist eine stets wiederholte faule Ausrede. Sie
blendet nämlich ziemlich blindlings aus, daß die Frauenfrage als "Zeichen der
Zeit" nur ein Bestandteil unter vielen anderen Impulsen des 2. Vatikanischen
Konzils und späterer Synoden zu einer umfassenden Reform ist. Sie suggeriert
auch, daß die anderen Konfessionen in der sog. "Reform" bereits weiter vorangeschritten
seien - ohne nennenswerte positive Ergebnisse.
Dabei wollte das Konzil nicht
nur eine umfassende Reform für die katholische Kirche, sondern im Sinne des
"Zurück zu den Quellen" eine allgemeine Rückbesinnung der gesamten Christenheit
auf die eigentlichen Intentionen Jesu und seiner stets "auf den Punkt" zu bringenden
Botschaft. Ein lebenswichtiger Bestandteil des Konzils, der immer wieder in
Vergessenheit gerät bzw. ausgeblendet wird, war die ganz nüchterne Feststellung,
daß die Probleme der Christenheit auch in der römisch-katholischen Kirche nicht
mehr zentralistisch gelöst werden können - im Namen eines sehr monolithischen
und zweifelhaften Einheitsverständnisses.
Was der gegenwärtige Papst mit Eifer
betreibt, ist das Gegenteil davon. Als Papst hat er die Macht und die Möglichkeit
dazu. Nur darf man dabei die tödlichen Konsequenzen einer starren Kirchenbürokratie
nicht verschweigen, die immer dann ihre Wirkungen zeigt, wenn sich große Teile
des Kirchenvolkes nicht ernst genommen fühlen.
Wenn Herr Fischer schreibt, Vieles
gehe heute "gegen Rom", so scheint bei einer wachsenden Mehrheit die völlige
Ignorierung Roms auf Dauer viel gefährlicher zu sein. Konkret drückt sich diese
Ignorierung weltweit im Entstehen zehntausender "freier Kirchen" aus oder bei
zahllosen Zeitgenossen im Christseinwollen ohne kirchliche Bindung. Kann man
diese Reaktionen Menschen übelnehmen, deren Lebens- und Glaubenserfahrungen
so wenig zur Kenntnis genommen werden und bei kirchlichen Weichenstellungen
kaum, wenn überhaupt, eine Rolle spielen?
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