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Betr.: "Donum vitae"
November 2000
Was die umstrittene Laien-Initiative "donum vitae" betrifft,
so könnte man sie einen "Aufstand der Gewissen" nennen. Dieser
"Aufstand" war längst überfällig, nachdem das schrumpfende, aber
wacher werdende "Rest-Volk Gottes" bis in die jüngste Geschichte
hinein die Erfahrung machen mußte, daß die Gewissen der
Amtsträger sehr irrig und fehlbar zu sein vermögen. Zudem ist es
dem Gewissen eigen, daß es sich nicht lehramtlich an die Kette
legen läßt. Dafür ist es der persönlichen Verantwortung und der
eigenständigen Lebensgestaltung gegenüber zu sehr verpflichtet.
Dem Lehramt wäre es aufgegeben, zu einem besseren und schärferen
Gewissen zu verhelfen, aber instrumentalisieren für eine
bestimmte (Lehr)Meinung kann man es nicht - auch dann nicht,
wenn sich Gewissens-Entscheidungen als irrig und falsch erweisen
sollten.
Der Soziologe M. Ebertz meint, der gegenwärtige Prozeß könnte
das Bild der Kirche entscheidend verändern. Dem ist in der Tat
so. Hoffentlich führt er dazu, ein Dilemma der Kirche endlich zu
beheben: die Kluft zwischen Lehre und Leben, zwischen
"Evangelium und Kultur", wie Paul VI. sie nennt. Schon die
Propheten des AT wußten: Lehren, Gesetze und Verordnungen können
zwar die Menschen äußerlich verpflichten und untereinander
verbinden. Deren strikte Befolgung führt aber auch zur
religiösen Gewöhnung, zur "Abfindung Gottes" durch die
Aufrechterhaltung und Pflege von Traditionen und
Langweilichkeiten - letzlich aber auch zur Gewissenlosigkeit,
zur Saft- und Kraftlosigkeit der Religion überhaupt.
Just in einem Augenblick, in dem man lehramtlich die Gewissen
durch blinden Gehorsam und "Treue-Eide" wieder an die Kette
legen wollte - nicht im Sinne des Evangeliums, aber ganz nach
dem verhängnisvollen Muster diktatorischer Ideologien - , rührt
sich Gott-sei-Dank das Gewissen großer Teile des Volkes. Was
Kierkegaard schon im 19.Jh. gefordert hat, bricht sich Bahn:
"Der Kampf um das Christentum wird nicht mehr ein Kampf bleiben
um es als Lehre... Es wird um es als eine (liebende) Existenz
gekämpft werden. Die Empörung in der Welt ruft: Wir wollen Taten
sehen!"
Um es auf eine Formel zu bringen: Man kann den Laien nur
gratulieren zu ihrer Initiative! Und vor allem dem etablierten
Klerus wünschen, daß er endlich wach wird.
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