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Betr.: "Der Gott des Lebens und die Schlagworte" und: "Vorsicht vor dem
Christentum"
PF.Nr. 20,22.Okt.99, 37 u. 46
Was hier zur Sache gebracht wird und was die großen Vorbehalte gegenüber
dem Christentum gerade bei mitdenkenden und mündigen Christen verursacht,
ist die Angst vor dem Missbrauch der geistigen Macht einer Religion und
damit der Manipulierbarkeit religiösen Denkens und Empfindens. Wie Menschen
von politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Kolossen in Schach
gehalten werden können, so auch von religiösen.
Wäre das Christentum seit Konstantin nicht so mächtig geworden, vielleicht
wäre es dann "Christentum" geblieben! Ein Ausdruck dieser Macht ist die fixe
Idee von der "wahren Lehre". Nur wenige Hirten und theologische Fachleute
verstehen etwas davon. Vom Verstehenshorizont und der Rezeptionsfähigkeit
der "normalen Christen", vom "sensus fidelium", ist schon lange keine Rede
mehr. Diesen bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als "gläubig-gehorsam"
(möglichst blind) nachzuvollziehen, was da gelehrt wird und was es da zu
glauben gibt. Oder eben aus dem Verband auszuscheren, wie es viele tun.
Weil die Menschen mit ihren täglichen Sorgen und Plagen "Glauben" ganz
anders verstehen als die akademische Schicht, nämlich lebensnah und
erfahrungsbezogen, wollen sie immer weniger wissen von der "wahren Lehre"
(die übrigens zu viele andere "wahre Lehren" auf den Plan gerufen und damit
noch mehr Verwirrungen in der Menschheit gestiftet hat, als es sie ohnehin
schon gibt).
Die Frage überhaupt ist, ob sich die Konfessionen mit ihren "wahren Lehren"
nicht zum Gegenteil dessen entwickelt haben, was das Christentum ist:
nämlich eine Aufforderung zum "wahren Leben" nach dem Vorbild Jesu, eine
Schule des Leben- und Liebenlernens. Dazu bedarf es weniger der klugen und
gescheiten theologischen Oberschicht und der mächtigen Amtsinhaber, als
vielmehr der Menschen "guten Willlens und Seiner Huld", die nach Gottes
Weisungen Leben zu meistern und zu gestalten versuchen - allen
Widerwärtigkeiten und Rückschlägen zum Trotz.
Wer dagegen vom konkreten Leben und den existentiellen Nöten des Glaubens
nichts versteht - für den erweisen sich "Hirten" und "religiöse Lehrer"
leicht als "blinde Blindenführer", mit denen niemand mehr in die Grube
fallen möchte (wie es leider allzu häufig geschehen ist, vgl.Mt.15,16). Und
als "Hirten", die wie Räuber und Diebe durch die Hintertür in den Schafstall
gelangt sind (vgl.Joh.10). Die Menschen mit ihren "christlichen" Erfahrungen
der Vergangenheit sind heute sehr sensibel und allergisch geworden gegenüber
Hirten, denen an den "Schafen" nichts zu liegen scheint - die hingegen ihre
"amtlichen" Eitelkeiten suchen und sich im blinden Eifer behaupten. Newman
hat schon beklagt: von solchen Hirten ist nichts zu erwarten. Und "der
Herde" bleibt nichts anderes übrig, als sich auf ihren eigenen Weg zu
machen. Wohin er führt - darauf darf das nächste Jahrhundert gespannt sein.
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