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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Kirchenvolksbegehren: Was soll es bewirken??

Paulinus, Sept./Okt. 1995

Eigentlich wäre mit dem Kirchenvolksbegehren schon viel gewonnen, wenn das Kirchenvolk von unten bis oben aus dem herkömmlich angelernten uniformen Denken herauskäme und, im Pro und Contra, auch in den Gemeinden zu pluraleren und toleranteren Lebenseinstellungen fände. Denn auch sonst im Leben sind die Menschen wenig für das Motto geeignet: "Alle tanzen nach derselben Pfeife". Und das ist auch gut so. Aber da tauchen an vielen Stellen auch große berechtigte Bedenken auf. Warum so wenige Differenzierungen bei den Zielvorstellungen? Warum eine solche Sammlung von Forderungen höchst unterschiedlicher Art? Dazu kommt die Angst vor Stimmungsmache und Polarisierungen.- Nun, eigentlich hätten wir Christen die Kultur des Streitens und Klärens, die die Liebe nicht verletzt, längst lernen müssen. Dazu hatten wie 2ooo Jahre Zeit. Aber auch heute ist es noch nicht zu spät dazu.

Bischof Spital sei Dank, daß er das Kirchenvolksbegehren aus den Gottesdiensten heraushalten möchte, offensichtlich aber nicht aus den Gemeinden. Ich denke dabei an die vielen Bewegungen im Laufe der letzten 2oo Jahre. Man hat deren Anliegen aus den Gemeinden herausgehalten: die aufklärerisch-demokratischen, die sozialen und bis in unsere Zeit die feministischen und die der Grünen mit ihrem Gespür für die ökologische Bedrohung der Schöpfung. Oft, als es schon fast zu spät war, haben daraufhin die Kirchen ihre Stimme erhoben mit dem Ruf: "Hilfe, wir sind doch auch noch da!" Durch dieses Verhalten des zu-spät-Kommens im Leben ist den Kirchen immer folgenschwerer das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit abhanden gekommen, ganz abgesehen davon, daß ihnen der prophetische Auftrag verloren ging. Deshalb gehört zu Recht das Kirchenvolksbegehren in die Gemeinden, wenn auch in einem dynamischen Prozeß noch klarere und konkretere Schritte und Maßnahmen erbetet und erarbeitet werden müssen.

Was das Ganze noch bewirken soll? Nun, ich denke, daß die Kirchenleitungen in Zukunft viel mehr als je zuvor davon ausgehen müssen, daß sie es nicht mehr mit "schweigenden Minderheiten" oder "einfachen Ja-Sagern" zu tun hat, sondern mit Christen, die an Mündigkeit und Zivilcourage beträchtlich zugelegt haben. Darin liegen große Gefahren für das Herkömmliche, aber auch nicht wiederkehrende Chancen für das Zukünftige.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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