Gratis Info-Brief
Sie möchten regelmäßig über neue Beiträge auf meiner Webseite informiert werden?
Dann abonnieren Sie einfach meinen
Info-Brief...
|
Offener Antwort-Brief an Herrn Küng
(Publik Forum 22/98, 43)
In Publik-Forum 20/98,31 war Ihre Empörung, Ihr berechtigter
Protest über das Treffen Metz - Ratzinger zu lesen. Eigentlich
wundere ich mich darüber, daß Sie sich so darüber wundern. Ist
doch dieses Treffen, als Geburtstagsfest ehemals zerstrittener
feindlicher, nun sich wieder gegenseitig auf die Schultern
klopfender Brüder, symptomatisch für viele ähnliche kirchliche
Anlässe seit Jahrhunderten.
Da haben sich kluge und hehre Herren immer wieder auf die
Schulter geklopft. Sie haben sich ihre eigene Glaubenswelt
geschaffen. Sie sind voll unfehlbarer Wahrheit und sauber
definierter Klarheit. In ihren theologischen Chefetagen denken
sie über alles nach, was Gott und die Welt betrifft.
An Fragen über Sinn, Leid, Elend, Auferstehung und ewiges Leben
lassen sie nichts aus, was für die Menschen von Wichtigkeit sein
könnte. Auf ihrem Theologen- und Klerikerplaneten wohnend,
vermögen sie die kühle und akademisch astreine Distanz zum
konkreten Leben, zum "allzu Weltlichen", zu wahren. Dabei fällt
ihnen die "Gotteskrise" heutiger Menschen als neues Schlagwort
ein, um auf diese Weise wieder von sich reden zu machen. Sie
merken offensichtlich nicht oder wollen es nicht sehen und
hören, was "unten", im gläubig-sein-wollenden Volk Gottes,
welches sich in früheren Zeiten stets gehorsam lenken und leiten
ließ, immer offenkundiger und mit immer größerer Nüchternheit
quittiert wird: was die "da oben" an Klugem und Gescheitem
erdenken, dient am meisten ihnen selbst: ihren akademischen
Eitelkeiten, ihrem intelligenten Forscher- und Pioniergeist,
ihrer Selbstbestätigung und "Berufung", manchmal auch ihrer mit
allen Mitteln angestrebten kirchlichen Karriere.
Schließlich leben sie ja vom Christentum; aber das Christentum lebt, wie
mir scheint, nicht von ihnen. Denn sie dienen dem Leben nicht;
nicht den menschlichen "Objekten" in den Tälern des Lebens.
Diese sind längst dabei, sich als "Subjekte" ihre eigene
religiöse Welt zu schaffen, ihren eigenen "Glauben", ihre eigene
Theologie - was die Jörns-Studie über "die vielen neuen
Gesichter Gottes" jüngst wieder eindrucksvoll in Erinnerung
gerufen hat (vgl. PF 18/1997,54f).
Mögen die hohen Herren sich unterdessen immer weiter auf die
Schulter klopfen - solange, bis niemand mehr da ist, der aus den
Fragen, die sie stellen, noch Antworten erwartet. Dann wird das
Motto immer mehr Wirklichkeit: Sie feierten und ließen sich
feiern. Doch niemand ging mehr hin.
Ihnen, lieber Herr Küng, schreibe ich dies, weil in ziemlich
regelmäßigen Abständen in der Presse zu lesen ist, wie sehr Sie
die Kirche lieben. Allzu gerne würden Sie sich mit dem "Bruder
Papst" und anderen hohen Angestellten in Rom zu einem
versöhnlichen Gespräch treffen. Es mögen Falschmeldungen sein,
die da jetzt, bei Ihrem Protestbrief, bei mir ein wenig den
Eindruck gekränkter Eitelkeit hinterlassen haben. Denn was wäre,
wenn sich Herr Ratzinger auch zu einem Ihrer Feste ansagen
würde? Wären Sie frei genug zu sagen, daß Ihnen solch hoher
Besuch nicht gelegen käme? Wären Sie frei von den eitlen
Bestechlichkeiten anderer Herrschaften in Kirche und
Gesellschaft?
Meine Bitte und mein Gebet für Sie: Gott führe Sie und manche
andere nicht in Versuchung! Möge er stattdessen in der
Versuchung und aus der Versuchung führen!
In Verbundenheit Ihr
Fritz Köster
|