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Religionslehre gut - alles gut?
20.03.2001
Die Kirchen legen großen Wert auf die religiöse Unterweisung
der Kinder in den Schulen. Aber ist sie wirklich folgenreich?
Ich erinnere mich meiner Religionslehrer. Besonders denke ich an
den Geistlichen in den Jahren vor meinem Abitur. Er war streng
gläubig, indoktrinierte und erklärte mit viel Drill die Lehre
der Kirche. Er hat alles getan, um mich aus der Kirche heraus zu
treiben.
Zwei Momente spielten dabei eine wichtige Rolle. Wer erstens den
"Stoff" gut auswendig gelernt hatte und wiederzugeben vermochte,
bekam eine gute bzw. sehr gute Note. Manche Schulkameraden
legten es darauf an. Sie waren "sehr gut". In privaten
Gesprächen, in ihrem Sich-Herumtreiben im außerschulischen
Bereich aber machten sie sehr deutlich, dass sie von Religion
nichts hielten. Solche Einstellungen kannte der Religionslehrer
nicht. Er kannte nur das Gelernte. Dafür gab es Noten. Religion
also: eine Sache des Wissens und der Kenntnisse, sonst nichts?
Die zweite Gruppe - es war die kleinere Fraktion in der Klasse -
war von zu Hause aus anders geprägt. Ihnen ging es beim Fach
Religion nicht zuerst um Noten. Verstärkt wurde dieser Trend
unbewusst und unbeabsichtigt von einem Lateinlehrer. Wir Schüler
wussten noch nicht einmal, ob er "kirchlich" war und welcher
Konfession er angehörte. Aber was er in Latein lehrte, waren
nicht nur Vokabeln. Er brachte menschliche Fragen, Probleme,
Nöte, Ängste zur Sprache, wie sie von heidnischen Dichtern und
Schriftstellern wie Ödipus, Vergil, Sokrates, Tacitus, Cäsar...
bereits aufgegriffen worden waren. Seine Grundhaltung: Es gibt
nie endgültige Antworten. Man muss den Dingen immer auf der Spur
bleiben und mit "vorläufigen" Einsichten zu leben lernten. Wer
"endgültige Wahrheiten" vertritt, ist nicht glaubwürdig.
Vielleicht noch im Reden, aber nicht im Tun und in der
Lebensführung. Denn einen Weg kann man immer nur gehen, eine
erkannte Wahrheit immer nur tun, um allmählich klarere
Vorstellungen über sich und über das zu bekommen, "was die Welt
im Innersten zusammen hält" (J.W. von Goethe).
Das traf für ihn auch auf die Religion zu. Wahrscheinlich bin
ich deshalb dabei geblieben, obwohl kein "sehr gut" im
Religionsunterricht dabei heraus kam.
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