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Stadt ohne Gott?
zu CiG 18/2009, 185, Mai 2009
Im Zusammenhang mit der bedrängenden Tatsache "Stadt ohne
Gott" ist immer auch, im eher negativen Sinne, von der "Religion
als Privatsache" die Rede, von der "Individualisierung des
Religiösen". Positiv ausgedrückt, könnte man auch vermuten: im
Maße des wachsenden "Ich-Bewußtseins" des Menschen kehrt er auch
zum ursprünglichen und damit vor-christlichen "religiösen
Bewusstsein" zurück. In den sog. "Naturreligionen" hatte dieses
unmittelbar mit der Bewältigung des Lebens und seiner Gefahren
zu tun, was die praktische Orientierung an ethischen und
moralischen Wertvorstellungen zur Folge hatte. Wo solche sehr
persönlich und individuell erlebte Anliegen heute wieder
aufbrechen, entwickelt sich eine ausgesprochene Allergie gegen
Bevormundung und Vereinnahmung durch religiös sich gebende
Kompetenzen und Autoritäten. Die "anima naturaliter religiosa"
wehrt sich gegen kirchlich bzw. konfessionell vorgefertigte
Antworten auf Fragen, die niemand stellt. Wer heute mit Recht
die "innere Kraft des Christus-Glaubens" postuliert, sollte
wissen, dass dies nur durch die glaubwürdige Verkündigung des
Christus der Bibel möglich ist – der ein einfaches Leben führte,
der nicht von einem theologischen Lehrstuhl herab Dogmen
verkündete, der in konkreten Lebenssituationen den Menschen
zeigte, wie es geht, gottgemäß zu handeln und Leben zu
gestalten. Würden die kirchlichen Würdenträger selbst wieder zu
einem einfachen Leben zurückfinden und zugleich solche Anliegen
aufgreifen, kämen sie nicht daran vorbei, verstärkt nach dem "sensus
fidelium", nach der "vox populi" zu fragen. Hierarchische
Ämterfragen, Ansprachen aus theologischen Elfenbeintürmen und
klerikale Kompetenzansprüche sind in solcher Situation denkbar
ungeeignet, den Christus-Glauben neu zu entfachen. Das
Volksbegehren in Berlin hat gezeigt, dass ethische Anliegen
nicht unbedingt unreligiös sein müssen. Wohl aber wollen sie
frei sein von konfessionellen Voranmeldungen.
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