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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Betr.: Das Wort zum Alltag. Sympathische Atheisten

an "Gong", undatiert

Vor nicht allzu langer Zeit konnte man noch in ein Flugzeug steigen - ohne Angst vor terroristischen Anschlägen. Es herrschte eine größere Gelassenheit als nach dem 11. September 2001. So vor ca. 15 Jahren, als ich beruflich öfter nach Afrika fliegen musste. Weil ich beim raschen Blick ins Cockpit immer wieder fasziniert war von der unüberschaubaren Anzahl von Knöpfen und Lämpchen, drängte es mich, mehr darüber zu erfahren.

So habe ich mir ein paar Mal einen "Husarenstreich" erlaubt. Wenn die Stewardessen gerade mit etwas Wichtigem beschäftigt und abgelenkt waren - z.B. mit dem Ausgeben des Essens oder dem Verkauf von zollfreien Waren -, ging ich unauffällig nach vorne, öffnete ohne Voranmeldung die Tür des Cockpits und schon stand ich mitten drin: hinter dem Piloten und seinem Assistenten. Ich habe dabei nie Schwierigkeiten bekommen.

Einmal - es war auf dem Flug nach Tunis - drehte sich der Pilot ruckartig zu mir um mit den Worten: "Setzen Sie sich hinter mich! Aber glauben Sie ja nicht, ich sei ein gläubiger Mensch. Ich bin Atheist aus Überzeugung!" - Meine ebenso schnelle Reaktion: "Das macht nichts. Es gibt auch sympathische Atheisten!" - Von meinem Sitz aus konnte ich den herrlich-weiten Ausblick in alle Himmelsrichtungen genießen. Dabei fing bei mir das Sinnieren an. Warum hatte der Pilot das gesagt? Suchte er einen "Gleichgesinnten"? Sah ich denn wie ein "Atheist" aus? Was meine Kleidung und mein Auftreten betraf, war ich als Theologe oder Christ jedenfalls unauffällig. Ich kam mir unverdächtig vor. Was also hatte den Piloten zu seiner Reaktion bewogen?

Nach einigem Nachdenken fragte ich ihn. Es war ihm gekommen. Einfach nur so. Aber er hatte in zwischen auch über meine Bemerkung über die "sympathischen Atheisten" nachgedacht. Wir kamen ins Gespräch - bis zur Landung in Tunis. Es stellte sich her aus: Er war ein Liebhaber des Fliegerdichters Antoine de St. Exupery. Und einer seiner faszinierendsten Gestalten: den "kleinen Prinz", der mit den Gestirnen des Himmels vertraut war und in seinen Gesprächen mit dem Fuchs die wundersamsten Rätsel des Lebens berührte, ohne sie zu lösen oder lösen zu wollen.

Im Gespräch kam mir der Gedanke: Vielleicht sind solche "Atheisten" die religiösesten Menschen, weil sie dem Leben auf der Spur bleiben und den tiefsten Rätseln alles Existierenden, ohne allzu schnell und voreilig feste Antworten parat zu haben. So hat es jedenfalls ein Zeitgenosse formuliert: "Religiös ist jemand, der sich Fragen stellt, die nicht beantwortbar sind und trotzdem nicht aufhört, sie zu stellen". - Pascal gibt in seiner Wette, ob Gott existiert, den unverblümten Rat: "Wetten Sie ohne Zaudern, dass Gott ist. Falls Sie gewinnen, gewinnen Sie alles; falls Sie verlieren, verlieren Sie nichts!"


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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