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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Betreff Tagung in Baasem/ Eifel

11.-12.Jan.1997

1. Die Vergangenheit geht zu Ende und die Zukunft hat schon begonnen.

Wie sieht sie aus? Wir können sie nicht voraussagen, wir können sie nur ahnen. Für Kirchen und Gemeinden scheint ein wichtiger Umbruchsfaktor darin zu bestehen, daß das Denken über Gott und die Welt, über Religion und Glaube wieder ins Kirchenvolk zurückkehrt. Das war in den letzten Jahrhunderten nicht unbedingt der Fall. Es gab so etwas wie eine ungebildete und uniformierte Mehrheit der "Laien", die in Glaubensfragen keine (große) Ahnung hatten. Den "Laien" stand eine kleine Minderheit der im Glauben Gebildeten und Ausgebildeten vor. Sie sorgte dafür, daß aus dem Christentum eine Religion der Spezialisten und Fachleute wurde - abgesehen von volksnahen Sitten und Traditionen. In den Universitäten und Ordinariaten dachten sie über den Glauben nach und über das, was die einen zu lehren und die anderen für-wahr-zu-halten hatten. Die Lehre "der Kirche" wurde in ein System von unverrückbaren Wahrheiten, klaren Begriffen und eindeutigen Definitionen gefaßt. Wo das Gottesvolk heute wieder seine Stimme erhebt, geht es ihm weniger um unfehlbare dogmatische Wahrheiten, um nach allen Richtungen hin abgesicherte Vorgaben und um für alle als richtig und wahr anzunehmende Verhaltensweisen, sondern viel mehr um die Frage nach der "ars vitae". Es geht primär um die Frage, wie Leben im Sinne Jesu gelebt und gemeistert, wie es sinnvoll gelingen und überzeugend dargestellt werden kann - auch über Lebenskrisen und Lebenskatastrophen hinaus. Die Überzeugungskraft des "Lichtes der Welt" und des "Salzes der Erde" scheint auch das einzige zu sein, was dem christlichen Anliegen in einer Welt des Unglaubens, der Zweifel und der Gleichgültigkeit Zukunft sichert.

Da die Christen als Akteure und Subjekte des Geschehens mit ihren Begabungen und Grenzen normalerweise sehr vielfältig veranlagt sind, können dabei christliche Denk- und Lebensweisen entstehen, die sehr unterschiedlich sind. Diese machen in ihrer Vielfältigkeit und Buntheit ein hohes Maß an Toleranz und Offenheit füreinander erforderlich. Kurz gesagt: christliche Gemeinden werden wieder zu Nachfolge - Gemeinschaften, die im Sinne der Verkündigung Jesu Leben in Vielfalt und Fülle zu gestalten versuchen.

2. Damit das urtümlich Christliche wieder gelingt, müssen alle Kräfte der Kirche darauf aus sein, das Oben-Unten-Schisma zu überwinden und "Communio" wachsen zu lassen.

Alle gemeinsam müssen wieder eine theologische Sprache zu sprechen lernen, die alle verstehen, zumal die Uranliegen Jesu in ihrer Einfachheit und Kraft wieder zentral ins Bewußtsein treten. Da geht es nicht mehr um "Lehrer" hier und "Schüler" dort, um Gebildete auf der einen und Ungebildete auf der anderen Seite, sondern um das gemeinsame Hören auf das Wort Gottes und den gemeinsamen Gehorsam dem alleinigen Herrn und Meister gegenüber, der sich in den Herausforderungen und Zeichen der Zeit zu erkennen gibt.

3. Jede Gemeinde als Nachfolge-Gemeinschaft droht in der Flut der Informationen durch die Massenmedien zu ertrinken.

Damit sie nicht untergeht bzw. jede Orientierung verliert, sind "Schwimmwesten" nötig in Form einer kleinen, brauchbaren ad-hoc-Bibliotek, die Auskunft darüber gibt, wie in konkreten Situationen Glaube und Gemeinschaft heute und morgen gelingen können. Wenige, aber gut ausgesuchte Bücher können dabei helfen, daß das Denken und Suchen nicht zum Stillstand kommen. Sie können dafür sorgen, daß Christen nicht aufhören, sich gegenseitig anzustacheln, um gemeinsam auf dem Weg zu bleiben und den Herausforderungen der Zeit gegenüber gewappnet zu bleiben.

4. Indem in hohem Maße Auseinandersetzung und Ringen um den rechten Weg geschieht, indem durch Gespräch und Kommunikation ein neues Miteinander erprobt wird, vermag die/der Einzelne auch die bereichernde Erfahrung zu machen, daß sie/er als Person und "Einmaligkeit" ernst genommen und zugleich in Schranken gehalten wird.

Es kann für alle eine geistige Heimat entstehen, die ihre eigenen Wurzeln schlägt und zugleich dazu angetan ist, persönliche Berufungsgeschichten zu entdecken, die zugleich der Gemeinschaft Auftrieb geben zu einer Kultur und Zivilisation der Liebe, die letztlich allein tragfähig macht und zählt. Sie schafft auch die Voraussetzungen für das gemeinsame Feiern (auch) der Sakramente und der Eucharistie. Aus der Gesprächs-Gemeinschaft wird Gebets-Gemeinschaft und diese wiederum spornt dazu an, immer wieder zur Gesprächs-Gemeinschaft fähig und bereit zu sein.


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