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Taufe des Herrn (Mk 1,7-11)
undatiert
Mit beiden Füßen auf der Erde öffnet sich der Himmel
über Dir.
Zielsatz: Es kommt darauf an, Heil und Heilsames in der Welt zu
wirken.
Homiletische Überlegungen: Man kann über die
Frage nach der Taufe des Herrn viele Spekulationen anstellen.
Warum ließ er sich taufen? Um sich einfach der Johannes-Taufe
ein- und unterzuordnen? Um von der Erbsünde befreit zu werden,
obwohl er doch ohne Sünde war? Um sich einfach in die Reihe der
Sünder zu stellen und einen symbolischen Akt der Reue und
Umkehr, den er nicht nötig hatte, zu tun? Um schon jetzt den Weg
des Sühneleidens zu verdeutlichen, der schließlich in Tod und
Auferstehung endete und sinnträchtig auch den Weg jedes Christen
deutlich macht?
Theologische Spekulationen können wichtig und ideenreich sein.
Die homiletische Frage, die sich bei allem stellt, lautet,
welche Aspekte und Impulse für das Leben heutiger Menschen
hilfreich sein könnten; ob sie einen "Ort" im Leben haben und
eine Hoffnung darüber hinaus zu geben vermögen? Der Mensch von
heute ist vielleicht mehr als je zuvor auf das Diesseits
konzentriert, auf die Bewältigung des Lebens, auf Sinn und
Erfolg - bisweilen zum Ärger und Verdruß unseres herkömmlichen
Übernatur-Verständnisses. Seit der Menschwerdung Gottes in
Christus ist es gerade diese Immanenz des bewußt gelebten
Lebens, die theologisch sehr ernst genommen und kultiviert
werden muß, um auch die im Menschen angelegte Offenheit zur
Transzendenz hin zu erschließen bzw. ihr behilflich zu sein.
1. Von Gott geliebt als ein Mensch, der mitten im Leben
steht.
Wir haben gerade Weihnachten gefeiert, das Fest der Geburt des
Herrn. Von der Menschwerdung Gottes ist, wenn wir genauer
hinschauen, an zwei Festtagen die Rede gewesen. Wir in der
Westkirche feiern am 25.Dezember und die Ostkirche am 6.Januar
jenes Fest, ohne das unser ganzer christlicher Glaube
unverständlich bleibt: Gott hat in Christus unter uns gelebt. Er
hat uns versprochen, unter uns zu bleiben bis ans Ende der Welt.
Dieses "UNTER UNS" haben wir an der Krippe sehr realistisch und
hautnah miterlebt. Da gab es gleich am Anfang die Armut, die
Nacktheit, die Heimat- und Hauslosigkeit, die Ungeborgenheiten
und Unsicherheiten -Lebensumstände, die jedem Menschenschicksal
so oder so beschieden sind.
Heute, am Tag der Taufe des Herrn im Jordan, denke ich an die
zahllosen Fresken und Malereien in der Kunstgeschichte, die sich
dieses Themas faszinierend annehmen. Da sieht man Jesus oft sehr
hautnah ins Wasser des Flusses hinabsteigen. Seine Füße sind
umspült von den zum Teil ruhigen, zum Teil reißenden Fluten des
Stromes. Viele Ikonen des Ostens zeigen auch dramatisch die
Flußgötter, die die Füße Jesu berühren. Sie lassen nichts aus,
um die in der Welt und im Menschenleben wirksamen Mächte und
Gewalten darzustellen. Mitten in ihnen steht Christus. Und die
Stimme Gottes ertönt: "Du bist mein geliebter Sohn...". Du bist
von Gott geliebt als einer, der mitten in den Fluten des Lebens
steht. Als Mensch bist du geliebt, mit allem, was das Menschsein
ausmacht. In dir "lokalisiert" und "personalisiert" sich die
Liebe Gottes zur ganzen noch zu erlösenden Welt und Menschheit.
2. Außerhalb der Welt gibt es kein Heil.
Was ist der Mensch? Die Frage nach seinem Warum, Woher und Wohin
hat die Menschheit nie in Ruhe gelassen. Die Antworten sind
zahlreich wie der Sand am Meer. Im Gegensatz zum Tier mit
festgelegten Instinkten und Sensoren ist der Mensch ein
"Mängelwesen", das ohne den Halt von Gesetzen und Institutionen
keine Chance hat; er ist ein Zigeuner am Rande des Universums,
das zufällige Produkt einer unendlichen biologischen Evolution
seit Millionen von Jahren; es ist ein Wesen ohne eigene
Identität. Diese muß es sich erst selbst schaffen, sei es, daß
der Mensch sich in Mythen und Sagen eine illusionäre Welt der
Utopien schafft; sei es, daß er sich von mächtigen Institutionen
vereinnahmen und gängeln läßt; sei es, daß selbstherrliche
Autoritäten ihn vereinnahmen und er dabei fähig wird, durch
Gefügigkeit und Anhänglichkeit seine Verwundbarkeit und
Untüchtigkeit zu vertuschen und zu verdrängen.
Das Fest der Taufe des Herrn gibt ein ganz anderes Bild vom
Menschen. Es verkennt die wechselhaften Zeitläufe nicht, in
denen er steht, die ihn vielfach nieder- und auseinanderreißen.
Der Mensch ist immer den Versuchungen und Gefahren des Lebens
ausgesetzt. Mitmenschen, Eltern, Lehrer und Kirchenleute mögen
ihm sagen, daß er nichts taugt, daß er unnütz ist und für andere
eine Last, eine Nerven säge. Was auch immer für Faktoren eine
Rolle spielen, die ein sinnerfülltes Leben verhindern - von Gott
her kommt mitten im Leben der Ruf von oben auf uns zu: Du bist
immer wertvoll, ich habe Gefallen an dir, ich liebe Dich so wie
Du bist. Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter.
Selbst wenn Du das nicht glauben kannst; selbst wenn Du in den
Nächten Deiner Verzweiflung nichts mehr verstehst - ich bin Dir
nahe in allen Lebenslagen. Nicht nur in der Kirche, beim Gebet
oder in der Meditation; vielleicht sogar noch mehr im Leben,
mitten in der Welt, in den Kämpfen und Überlebensstrategien zu
einem erfüllten und auch für andere heilsamen Leben.
3. Gottes Anruf im bewußt gelebten Leben.
Wir sollten uns am heutigen Sonntag bewußt einmal ein paar
Minuten Zeit nehmen, um ein Bild, eine Ikone von der Taufe des
Herrn im Jordan zu betrachten. Dabei wird in den Elementen der
Natur und der Schöpfung die ganz konkrete Situation deutlich, in
der der Mensch Jesus von Nazaret steht. Seine unmittelbar
erlebten Lebenslagen sind irgendwie auch immer unsere. Seine
konkrete Art, damit fertig zu werden, muß auch unsere werden.
Mitten in der Diesseitigkeit unserer Welt möge sich für uns, wie
für Christus, der Himmel immer wieder auftun. Mitten in der
Weltlichkeit unseres Lebens haben wir einen festen Anker, ein
Hoffnungszeichen, das bleibt und in den Wechselfällen des Lebens
beständig nach uns ruft. Jedenfalls ist dies die Botschaft des
heutigen Tages: Der Mensch ist immer in Gottes Hand. Er hat
allen Grund, seinen Weg in Hoffnung und Zuversicht zu gehen.
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