Gratis Info-Brief
Sie möchten regelmäßig über neue Beiträge auf meiner Webseite informiert werden?
Dann abonnieren Sie einfach meinen
Info-Brief...
|
Über Religionsunterricht und Pastoral
zu "Anzeiger für die Seelsorge":9/2001, 46f.
04.Sept. 2001
Eigentlich finde ich es immer sehr ermutigend und
erfrischend, wenn Religionslehrer und Priester über ihre
positiven Erfahrungen mit den angeblich so säkularisierten
Menschen von heute berichten. Dann ist davon die Rede, daß auch
Jugendliche durchaus Interesse finden (können) an religiösen
Kernthemen. Es fände eine religiöse Sensibilisierung überall da
statt, wo Menschen den plausiblen Zusammenhang erkennen zwischen
religiösen Fragen und Antworten einerseits und ihrem gelebten
Leben andererseits. Dabei spielen vor allem auch Lehrer- und
Priesterpersönlichkeiten eine entscheidende Rolle. Was sie sagen
und tun, muß glaubwürdig und authentisch etwas mit ihnen selbst
zu tun haben; ohne "Scheuklappen" müssen sie kompetent ihre
religiöse "Sache" zu vertreten imstande sein; ihre Lehre muß von
der Liebe geprägt und inspiriert sein; sie muß den nachhaltigen
Erweis liefern, daß das Christentum - mit seinen innerweltlichen
Sinnangeboten auf "wahre Humanität" ausgerichtet - diese auch zu
realisieren in der Lage ist...
Hohe Ansprüche an die Beteiligten also! Wer ist ihnen gewachsen?
Wo es um die "wahre Humanität" geht, wird aber auch immer wieder
eine seltsame und für mich unverständliche Angst vor der
"Reduzierung des Christentums auf Ethik" geäußert. Weniger oder
gar nicht findet sich die Angst vor der Reduzierung des
Christentums durch Dogmatisierung, Moralisierung,
Hierarchisierung, Juridisierung, Klerikalisierung ... Auch
werden wenig die Fragen zur Sprache gebracht, warum die durch
Religionsunterricht und Pastoral positiv sensibilisierten
Menschen (Jugendlichen) so wenig oder kaum im Gottesdienst am
Sonntag zu finden sind; warum sie sich so wenig am Leben der
Gemeinden beteiligen, es fördern und gestalten; warum auch gute
Predigten und Katechesen kaum dazu beitragen, den schrumpfenden
Kirchen Einhalt zu gebieten, den fortlaufenden Erfolg zu
stoppen...?
Sind Katechese und Pastoral vielleicht religiöse Sonderbereiche
geworden, die Menschen individuell durchaus zu inspirieren und
zu motivieren vermögen - aber ohne nachhaltige Auswirkungen auf
Kirchen und Gemeinden? Wird das Christentum
im Sinne von Mt.25,31 bis 46 - nicht eher als "Ethik" verstanden
und geschätzt denn als professionelles und unverstandenes
Lehrgebäude? Damit verbunden wäre die Konsequenz, daß sich das
"Reich Gottes" heute vielfältig auftut und gestaltet:
überkonfessionell als Macht des Faktischen vieler Menschen
"guten Willens", die nicht unbedingt im Rahmen herkömmlicher
Kirchenverfaßtheiten agieren, sondern weit darüber hinaus... Die
Kirchenväter der ersten Jahrhunderte haben es schon gewußt und
ihr ganzes Denken darauf eingestellt: Viele sind "draußen", die
"drin" sind und viele sind "drin", die "draußen" sind. -
Wie wird "Kirche" in Zukunft die wachsende Mehrheit derer zu
integrieren imstande sein, die "draußen" sind, aber nicht
"drin", die auch gar nicht "drin" sein wollen? Liegt die Ursache
der Krise vielleicht doch nicht bei den unkirchlichen Menschen
von heute, sondern bei den im Guten verhärteten Traditions- und
Berufschristen, bei denen das Wirken des hl. Geistes keine
Chance hat? Ich denke: wir sollten sehr beunruhigt sein bei
solchen Fragen.
|