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Wo das Leben Auferstehung feiert.
Bayerischer Rundfunk: 30.März 1996
Verehrte Hörerinnen und Hörer.
Die junge Frau hatte eine schreckliche Jugend gehabt. Sie war
die Älteste von mehreren Geschwistern. Ihre Familie war arm und
isoliert gewesen. Das hätte nicht zu sein brauchen. Aber der
Vater hatte sich zu einem Trinker und Taugenichts entwickelt.
Normalerweise hätte auch sie so werden müssen - in einem Milieu
ohne Geborgenheit und Liebe. Aber irgendwie hatte sie es
geschafft.
Die schönsten Jahre begannen, als sie ihren Mann kennenlernte
und heiratete. Sie führten eine glückliche und vorbildliche Ehe.
Es war für sie wie eine Belohnung, drei gesunden Kindern das
Leben zu schenken. Doch dann kam plötzlich die Todesnachricht
ins Haus. Ein Betrunkener hatte ihren Mann angefahren und auf
der Stelle getötet. Es begannen für sie schreckliche Wochen und
Monate. Sie haderte mit Gott; immer wieder vergrub sie ihr
Gesicht in ihre Hände, ohne Trost zu finden, ohne einen Ausweg
zu sehen. Depressionen beschwerten ihre Glieder; Melancholie
legte sich wie ein Seil, wie Stacheldraht um ihre Seele. Warum
gerade ich? Auf diese Frage gab es keine Antwort. Sie war wie
eine schwere Fessel an ihren Füßen.
Eines Tages fand sie einen Brief ihres Mannes, den er ihr vor
Jahren, kurz vor der Hochzeit, geschrieben hatte. Darin hieß es:
"Was ich an Dir am meisten schätze und bewundere? Daß Du trotz
des Schweren in Deiner Jugend ein gütiger und gläubiger Mensch
geworden bist!"
Sie las diesen Satz immer wieder. Es war, als würde er sie
innerlich verwandeln. Sie begann sich zu schämen vor denen, die
es noch schwerer hatten als sie. Zum ersten Mal erinnerte sie
sich wieder ihrer noch kleinen Kinder. Wie würden sie das Leben
bestehen? Was würden sie einmal über ihre Mutter sagen: "Sie hat
es geschafft"? oder: "Unsere Mutter hat versagt"? Es wuchs in
ihr das Bewußtsein, daß es nicht so sehr darauf ankommt, was man
durchmacht, sondern: wie man es vor Gott und vor sich selbst
besteht.
In der kommenden Woche erinnert sich die Christenheit an eine
ähnliche Erniedrigung, die zu einer Erhöhung wurde. Jesus wußte,
daß seine Todesstunde gekommen war. Er wußte, daß ihn einer der
Seinen verraten würde und daß er heimtückisch umgebracht werden
sollte. Er wußte auch, daß ihn alle seine Jünger im Stich lassen
würden. Außer Johannes würde ihn keiner mehr auf dem Kreuzweg
begleiten.
Dennoch findet sich keinerlei Grimm, Enttäuschung oder Hader in
den Worten Jesu. Keinen Augenblick überfällt ihn auch nur der
Ansatz eines Vorwurfes oder einer persönlichen Kränkung. Weil er
weiß, daß das Kreuz - nach dem Willen des Vaters -
getragen werden muß, ruft er seine Jünger zusammen, um ihnen
einen letzten großen Dienst zu erweisen. Er wäscht ihnen die
Füße und läßt sie teilnehmen an dem Einen Brot, an dem Einen
Kelch des Leidens und der Auferstehung. "Tut dies zu meinem
Gedächtnis. Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus diesem
Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt"
(1. Kor 11,26).
Der Augenblick der größten Erniedrigung erweist sich im Leben
der Frau und im Leben Jesu als der Augenblick der größten
Möglichkeiten. Wer in seiner Not alles in die Hände Gottes des
Vaters zu legen vermag, für den bricht wie eine Sturmflut ein
neuer Morgen an. Wo beim Menschen alle Kunst versagt, da kann
Gottes Werk siegreich seinen Lauf nehmen. Menschen können dann
wie Wasser sein, die aufwärts fließen gegen die Berge. Denn alle
Leiden der Menschheit sind in die Nähe des Ostermorgens gerückt.
Dabei bleibt für das ganze Leben gültig, was Franz Werfel einmal
schreibt: Die Welt fängt mit dem Menschen an, mit jedem
Neugeborenen, wenn es lächelt, wenn es sich freut, wenn ihm im
Du der Mutter die Ahnung aufgeht, daß die e i n e Seite der Welt
Licht und Erlöstsein, Güte und Anmut bedeutet. Christen sprechen
von der "frohen Botschaft", die ihnen zuteil wurde und die ihr
Leben prägt und prägen sollte. Der Grund der Freude ist Christus
selbst. Er hat Hoffnung in die Welt gebracht. Der heilige
Ambrosius schreibt deshalb: " Der Christ sollte ein königlicher
Tänzer sein... Tanz ist der Gefährte des Glaubens und der
Gespiele der Gnade".
In der Tat: Tanzen und Klatschen stehen immer mit Liebe und
Gemeinschaft im Einklang. Sie machen tragfähiger für schwere
Zeiten des Lebens; sie signalisieren "überwundenes Leid an der
Welt" (J. Paul).
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