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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Wunder als Erweise von Gottes Macht

Fünfter Sonntag im Jahr (B) (Mk 1.29-39), 2003

Zielsatz: Nur im Glauben an den Einen Gott kann jemand Wunder für möglich halten.

1. Wunder sind aus der Mode gekommen.

In dem Roman von Bruce Marshall "Das Wunder des Malachias" ist der Satz zu lesen: "Wunder sind aus der Mode gekommen. Würde eines Tages im Schlafzimmer Seiner Eminenz ein Wunder geschehen - Seine Eminenz täte alles, um diesen ungewöhnlichen Vorfall vor aller Öffentlichkeit zu vertuschen".

Vielleicht drückt dieser Satz am besten die Wunderskepsis aus, die es bei vielen modernen Menschen, auch Christenmenschen, gibt. Wie kann man wirklich glauben, dass Jesus - wie es im heutigen Evangelium heißt - die Schwiegermutter des Simon vom Fieber befreite; dass er vielen Kranken und Besessenen ihre Leiden nahm; dass er Dämonen austrieb und auf diese Weise Gläubige, Zweifler, Suchende, Wundersüchtige und Sensationshungrige in seinen Bann zog? Ist nicht - so kritische Stimmen - jeder Wunderglaube Ausdruck eines Realitätsverlustes, einer frommen Naivität? Kehren Wundergläubige nicht im Grunde zu archaischen Religionsformen zurück, in die Nähe von Magie und Zauberei?

Auch dem Evangelium sind skeptische Reaktionen nicht fremd. Viele Stellen im NT erzählen, dass Jesus von seinen distanziert interessierten Gegnern wiederholt aufgefordert wurde, "Zeichen vom Himmel" zu wirken. Die Gründe für diese Aufforderung mögen vielfältig gewesen sein. Offiziell suchten sie in solchen Zeichen Kriterien. Diese sollten es ihnen erlauben, zwischen wahrer und falscher Prophetie zu unterscheiden. Unterschwellig mögen Neugierde und Wundersucht eine Rolle gespielt haben. Oder auch der Wille, Jesus bloß zu stellen und Anlässe für Nachstellungen gegen ihn zu finden.

Jesus weist ihre Ansinnen kompromisslos zurück. Sogar noch am Ende, als er bereits am Kreuz hing und seine Widersacher ihn aufforderten, sich selbst zu helfen, tat er es nicht. Deren Argument: "Anderen hat er geholfen, sich selbst kann er nicht helfen" (Mk 15.31). Sie müssen feststellen: Jesus lässt sich auch hier auf kein erwartetes Wunder ein, obwohl es zu seinem Vorteil bzw. zu seiner Errettung vom Kreuz hätte führen können. Er hätte in diesen seinen letzten Stunden vor aller Augen seinen prophetischen Anspruch beglaubigen können. Aber Jesus hilft sich nicht. So nützten ihm seine früheren Wunder, die zunächst das Interesse an seiner Person und seiner Botschaft geweckt hatten, am Ende auch nicht mehr.

2. Wunder als machtvolle Zeichen der nahekommmenden Gottesherrschaft.

Wenn Jesus sich in vielen Situationen geweigert hat, Wunder zu wirken, so wollte er sich offensichtlich keinem Zwang und keiner Nötigung unterwerfen. Es ging ihm wohl auch nicht darum, eine ausgeprägte Propaganda für sein Evangelium zu entfalten oder um von seinen Zeitgenossen eine persönliche Legitimation zu erhalten. Diese besaß er allein von Gott. Als solcher wirkte er Wunder, wenn Bitten um Heilung an ihn herangetragen wurden. Er zeigte ein offenes Ohr für körperliche, psychische, soziale und religiöse Gebrechen.

Als Jesus einmal gefragt wurde, ob er der Messias sei, antwortete er nicht direkt, sondern indirekt. Er verweist auf das, was er tut oder zu tun beabsichtigt: "Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden ein, Taube hören, Tote werden auferweckt und den Armen wird das Evangelium verkündet" (Mt 11.5; Lk 7.18-23). Seine Wundertaten sind nicht deckungsgleich mit den menschlichen Erwartungen, die man an einen Retter knüpft; auch nicht mit der Vorstellung von einem Messias, wie sie damals verbreitet war. Er heilte nicht alle Krankheiten. Die Wunder, die er wirkte, waren stellvertretend für die vielen, die bedürftig blieben. Das Heilen und Lebendigmachen der kranken und unerlösten Welt und Menschheit wurden zum Fanal einer neuen Schöpfung, in der alles gut wird. Die Wunder wurden Bilder des Heiles für die Neugeburt des Gottesvolkes, Anzeichen einer erlösten und vollendeten Welt.

Insofern sind die Taten Jesu Antworten auf die Vision Israels vom kommenden Gottesreich. In dieser Vision werden Wunder und Zeichen für die Endzeit angekündigt. In einem Qumran-Text heißt es:"Glorreiche Dinge, die noch nie dagewesen sind, wird der Herr tun, wie er es gesagt hat. Dann heilt er Durchbohrte und macht Tote lebendig, und Armen verkündet er Gutes".

Jesus nimmt durch seine Wunder prophetische Verheißungen, die sich auf das Ende der Welt beziehen, voraus. Daß durch ihn bereits eschatologische Zeichen geschehen, irritiert viele seiner jüdischen Zeitgenossen, statt sie im Glauben an Jesus zu bestärken. Deshalb mußte er wohl auch äußerlich und innergeschichtlich scheitern. Er erfüllte zwar die Hoffnungen Israels, aber auf eine ungeahnte und unvorhergesehene Weise. Was auf Zukunft hin gedacht und erhofft wurde, fand in den Wundern Jesu bereits eine ungerechtfertigte Vorwegnahme. Wie konnte man an einen glauben, der sich selbst nicht zu helfen vermochte...?

Erst nach Jesu Tod und Auferstehung konnten sich seine Wunder als Erweis von Gottes Kraft und Macht erweisen. Die Wunder, die er gewirkt hatte, konnten nur von einem sein, der als Gottessohn im Auftrag und in der Sendung Gottes selbst in die Welt gekommen war, um dieser einen neuen Anfang zu setzen. An die Wunder Jesu glauben konnte schließlich nur derjenige, der zum Glauben an den Einen Gott gefunden hatte - an einen Gott, der als Schöpfer und Erlöser schon in der Jetzt-Zeit begonnen hatte, seine Ziele zu verwirklichen.


Letzte SeitenÄnderung: 08.03.2005.
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