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Christsein an der Wende.
Visionen der Hoffnung.
Verlag Josef Knecht-Carolusdruckerei GmbH
Erscheinungsdatum: 1991, ISBN: 3-7820-0635-6
Aber in diesem Buch wird nichts niedergerissen. Wenn etwas
oder alles im Nebel der Vergangenheit versinkt, dann durch die
Zeitabläufe, die veränderten Lebensumstände und gewandelten
Grundeinsichten der modernen Menschen. Geschrieben ist es aus
der Sicht von lebendigen christlichen Gemeinden (Anfang des 21.
Jahrhunderts), welche - vom Evangelium inspiriert - neue Wege
gehen. Das Buch "vermittelt Bilder, lädt damit ein, über das
eigene visionäre Bild von Kirchen nachzudenken, verschweigt den
mühsamen Weg nicht, der dorthin führt - versteht aber Krisen,
Probleme und Konflikte als Chance der Weiterentwicklung" (Andrea
Schwarz).
Wie im 1 Jahrhundert ein Apostel namens Paulus eine Wende zum
Universalen einleitete, so ist auch hier der Initiator des neuen
Weges ein Bischof namens Paulus. Da er keine Priester mehr hat,
geht er in die Gemeinden und sagt unter anderem:
"In der Tatsache, dass ich euch keinen Pfarrer mehr zur
Verfügung stellen kann, könnte ich eine Katastrophe vermuten.
Aber ich sehe darin eine gottgegebene Chance und Aufgabe. Sie
besteht für mich schlicht und einfach darin, dass Gott
möglicherweise das Zeitalter des Klerikalismus abgeschlossen
haben möchte, um ein anderes einzuleiten: das des Volkes Gottes.
Denn Volk Gottes, Kirche sind wir alle. Und damit dies nicht
eine leere Floskel bleibt, ein Anspruch, den ihr alle
hundertfach von den Kanzeln gehört habt, hat uns Gott vielleicht
den großen Mangel an Priesterberufen beschert. Jetzt ist für uns
alle die Stunde der Wahrheit gekommen, in der wir zeigen müssen,
dass wir mit dieser Realität gläubig umzugehen imstande sind.
Für mich handelt es sich um ein ‚Zeichen der Zeit‘ - Hinweis auf
das Wirken und die Anwesenheit Gottes in der Geschichte, die
eine andere Wirksamkeit haben kann, als diejenige, die wir uns
in unseren theologischen und bischöflichen Köpfen seit
Jahrhunderten erdacht und vorgestellt haben".
Bischof Paulus legt den Gemeinden vier Fragen vor. Er fragt nach
Männern und Frauen, die bereit wären, Wortgottesdienste zu
halten. Er macht auf die Mitglieder in den Gemeinden aufmerksam,
die selbst Erfahrungen in der Trauerarbeit haben und Trauernde
begleiten. Er lädt Eltern ein, andere Eltern auf die Taufe ihrer
Kinder vorzubereiten. Und Bischof Paulus fragt die Mitarbeiter
und Mitarbeiterinnen in den bestehenden Gruppen an, welche
Aufgaben sie eventuell für die Gemeinde übernehmen könnten.
Die Gemeinden reagieren auf diese ungewöhnliche Rede des
Bischofs erst einmal aufgeschreckt und gelähmt zugleich, dann
aber nahmen einige die Gestaltung und die Organisation in die
Hand - und es entwickelt sich eine bunte Eigendynamik in den
Gemeinden, die von vielen Suchprozessen, Auseinandersetzungen
und auch Konflikten begleitet wird. Diese Entwicklung der
Gemeinden wird frisch, lebendig und anschaulich beschrieben,
verbunden immer wieder mit Rückblicken auf die Kirchensituation
Ende des 20. Jahrhunderts. Er beschreibt die Auseinandersetzung
um eine neue Form der Sakramentenpastoral, das Entstehen kleiner
Gemeinschaften und Hauskirchen, das Herauskristallisieren neuer
Gottesdienstformen - und verschweigt auch all die Probleme und
Schwierigkeiten nicht, die auf diesem Weg auftauchen.
Auf diesem Weg mussten manche Christen Abschied nehmen von einem
liebgewordenen Kindheitsglauben, von einer Frömmigkeit, die vom
Gedanken der Ordnung bestimmt war. Sie beschreiben ihre eigene
Entwicklung wie folgt:
"Gewiss, wir haben lange gebraucht, bis wir den zutiefst
menschlichen Sinn der Worte und Taten Jesu erkannten, und fähig
wurden, unsere Fragen nach "historischen Tatsachen"
hintanzustellen. Die süßen Bilder von den Engelchen unserer
Kindheit waren uns zu vertraut und lieb geworden, der Wandel
Jesu auf dem See zu plastisch vorstellbar und die Verwandlung
des Wassers in Wein auf der Hochzeit zu Kana zu sympathisch. Wir
hatten die Bilder und Geschichten unserer Kindheit zu sehr
verinnerlicht, um leicht von ihnen Abschied nehmen oder um sie
als zweitrangig ansehen zu können. Bei uns Erwachsenen
fungierten sie vielleicht sogar als Verdrängungsmechanismen
gegenüber dem Ernst einer Botschaft, die es im Hier und Heute zu
aktualisieren gilt. Denn die niedlichen Bilder waren uns
vertrauter als der Realismus des Evangeliums, der uns mit
konkreten Lebensaufgaben betraute bzw. uns das Leben selbst als
Aufgabe stellte".
Es ist ein mühsamer, aber hoffnungsvoller Weg, der in diesem
Buch beschrieben wird. Er deutet die Krise der Kirche als Chance
um - und entwickelt mögliche Perspektiven.
"Aufs Ganze gesehen, hat sich also die Krise der Kirche in den
modernen Gesellschaften als eine heilsame Krise erwiesen.
Letztlich hat Gott aus Steinen wieder Kinder, Söhne und Töchter,
erweckt. Denn diese haben ihre eigene Würde und ihre personale
Berufung wiedergefunden. Sie sind wieder fähig und bereit
geworden, ihre Stimme zu erheben und eine eigene Sprache zu
sprechen. Sie haben erkannt, dass sich die wegweisenden und
geschichtsmächtigen Worte und Taten Jesu nicht in festen Formen
einfangen, nicht in zentralistischen Apparaten verwalten und
nicht in selbsternannten Autoritäten repräsentieren lassen."
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