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Religiöse Erziehung in den Weltreligionen
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt
Erscheinungsdatum: 1986, ISBN: 3-534-02440-0
Wo es um das mögliche gemeinsame geistige Erbe in der
Menschheit geht, ist die Zeit vorbei, dass sich eine Religion
aufschwingt, um andere zu bestimmen bzw. so oder so zu
beherrschen. Die Religionen müssen selbst sagen, wer und was sie
sind und in welcher Weise sie zukünftige Generationen zu
beeinflussen gedenken. Selbst hineingerissen in den Umbruch der
Zeit und der Gesellschaften, geht es immer wieder darum, die
religiöse Erziehung zu orientieren an dem , was für die Welt und
für die Menschheit zum Heil und zum Frieden dient.
Weil Ziele und Wege religiöser Erziehung nie endgültig
festgestellt werden können, sind sie auch immer wieder
"reformbedürftig" und zugleich gefährdet. Um dieser Gefährdung
entgegen zu wirken, stützen sich vor allem religiöse
Erneuerungsbewegungen weitgehend:
- auf die Bejahung und zum Teil Überbetonung der eigenen
Herkunftsgeschichte, die eine eigene weltanschauliche Position
ermöglicht;
- auf die Unterscheidung des eigenen religiös-kulturellen
Ursprungs von anderen Kulturen und Religionen, vor allem vom
Christentum, welches in Ländern hinduistischer, buddhistischer
und islamischer Prägung allzu lange versucht hat, sich als
"dominierende Religion" zu etablieren;
- auf die Integration erzieherischer Einflüsse von außen,
was im gewissen Sinne eine "Synthese" zwischen
christlich-abendländischen und eigenen Einflussfaktoren zur
Folge hat und neue Gemeinschafts- bzw. Weltbewältigungsformen
ermöglicht, deren Geist und innere Struktur als Weiterführung
der eigenen Tradition behauptet wird, obwohl sie dem äußeren
Anschein nach den christlich-abendländischen sehr ähnlich
sind. Immerhin stellen sie Antworten auf die gewandelte
Erziehungssituation dar und geben der nachfolgenden Generation
Hilfestellung und Hinweis, wie sie sich gegenwärtig und
zukünftig verhalten soll;
- auf die stärkere Betonung der Individualität. Jedoch
behält die persönliche Verantwortungsethik eine fundamental
gemeinschaftsbezogene Komponente; es geht um Sozialleistungen
im Sinne des Aufrechterhaltens religiös-sozialer Ordnungen
unter veränderten historischen Voraussetzungen, entschieden
weniger um Sachleistungen im Sinne einer technischen
Beherrschung und Eroberung der Welt. Man könnte diesen Ansatz
religiöser Erziehung eine Erziehung zu Grundwerten bezeichnen,
insofern der einzelne, Welt und Gemeinschaft gleichermaßen
davon betroffen sind.
Sofern im gewandelten Erziehungsverständnis bewusst und
methodisch auf zu Erziehende Einfluss ausgeübt wird, geht es um
die Entwicklung und Besserung der im Menschen angelegten
religiös-sittlichen Kräfte, um deren Funktion für den Aufbau der
Gesellschaft und die Zukunftsgestalt der Welt, was der
religiösen Erziehung eine "ökumenische Komponente" gibt im Sinne
des gemeinsamen Verpflichtetseins gegenüber gemeinsamen
Weltaufgaben. Innerhalb der Religionen könnte man von einer
Erziehung zur Einheit von Spiritualität und sozialem Engagement
sprechen, die im hinduistisch-buddhistischen Raum unter
besonderen mönchischen Voraussetzungen stattfindet, im
islamischen unter missionarisch-politischen.
Dieser Wille zu innerer und äußerer "Einheit" ist nicht dazu
angetan, die gravierenden Unterschiede und Verschiedenheiten
religiöser Traditionen aus der Welt zu schaffen. Wohl aber
können vorhandene oder auch wachsende Gemeinsamkeiten
verschiedener Religionen und Kulturen die notwendigen geistigen
Voraussetzungen dafür sein, Menschen zu gemeinsamem Handeln
anzuleiten, um die Welt mehr als bisher in eine Welt der
Wahrheit, der Liebe und des Friedens zu verwandeln. Wenn die
Religionen die "Zeichen der Zeit" zu erkennen imstande sind,
vermag aus der Una Sancta Christianorum eine Una Sancta Omnium
Religionum (F. Heiler) zu werden. Das schließt die Möglichkeit
nicht aus, dass das Erreichen des Zieles gemeinsamer
Anstrengungen einer noch fernen Zukunft vorbehalten bleibt.
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