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Ansichten eines Außenseiters (IX):
Zusammenlegung vieler Pfarreien zu einer Großpfarrei.
September 2007
Neulich ging die Nachricht durch die Presse, dass in Frankreich 2800 der
15000 Dorfkirchen vor dem Abriss stehen. Historisch prägende Bauwerke und
gemeinschaftsstiftende Symbole in Dörfern werden also bald nicht mehr sein.
Die Entchristlichung Frankreichs findet durch den Abriss der Kirchen ihren
sichtbaren Ausdruck.
Auf diesem Wege sind wir in Deutschland auch, wenn auch noch nicht so
weit "fortgeschritten". Auch bei uns schreitet die "Entchristlichung"
ungebremst voran. Die einzige Antwort der Kirche scheint zu sein, dass man
an den Fingern abzählt, wie viele Priester es z. B. bis zum Jahr 2020 noch
geben wird. Entsprechend werden für sie die "Großpfarreien" (sprich:
"pastorale Räume", "Pfarreiengemeinschaften"...) geschaffen. Seelsorge,
persönliche Ansprache und Anteilnahme, Gesprächskultur, gemeinsames Fragen
und Antworten nach dem christlichen Selbstverständnis in der Welt von heute
werden es weniger geben als je zuvor. Vielleicht kann man auch deshalb
leicht auf solche persönlichkeitsbildende und gemeinschaftsstiftende
Maßnahmen verzichten, weil es sie bei der klerikalen Versorgungs- und
Angebotsmentalität nie richtig gegeben hat. Wo die "Versorgung" –
flächendeckender als früher - dennoch das Wichtigste bleibt, besteht kaum
Hoffnung auf die Überwindung der Krise. Wachsende Anonymität und
Gleichgültigkeit werden immer mehr Stillstand verursachen und den Untergang
beschleunigen.
Als Theologe älteren Datums denke ich an das Konzil und die Würzburger
Synode zurück. Hätte man deren Impulse und auch die Erfahrungen der
außereuropäischen Kirche tatkräftig aufgegriffen und vorangetrieben – wir
hätten nicht das Dilemma, in dem wir heute stecken. Beim Verdrängen der
wirklichen Situation wird heute alles publizistisch Mögliche getan - mit
nicht geringem finanziellen Profit - , um die Kirche, besonders die beiden
letzten Päpste aus Polen und Deutschland, triumphal erscheinen zu lassen. Es
wird ignoriert, dass sie es waren und sind, die Konzils-Entwicklungen
verhindert und abgeschnitten haben. Man kann ihnen zwar das Recht auf
Grundsatzentscheidungen nicht absprechen. Aber für deren Folgen
haben sie auch die Verantwortung zu übernehmen. Hoffentlich gehen sie nicht
in die Geschichte ein als solche, die den Untergang verwalteten, statt den
Übergang zu gestalten. Für Letzteres gibt es bisher kaum Ansätze.
Was wäre nötig gewesen? Was ist nötig bis heute?
- Die Motivierung und Mobilisierung aller Christen/Innen und Menschen
"guten Willens", die bereit sind, die Anliegen des Evangeliums zu ihren
eigenen zu machen (wie es dem Konzil hervorragend gelungen ist).
- Eine "Theologie des Volkes", die die Anliegen und den Glaubenssinn der
Gläubigen aufgreift und evangeliumsgemäß orientiert. Zum "Glaubenssinn der
Gläubigen" – dazu gehört die Förderung pastoralen und biblischen Denkens,
weniger Dogmatisches und Philosophisches. Bonaventura hat im 13. Jh.
bereits jede Krise des Glaubens darin gesehen, dass
philosophisch-dogmatisches Denken das Evangelium verfälscht und den
Glauben verwässert...
- Die Wiederentdeckung des biblischen Grundanliegens, welches den
Glauben als ethische Herausforderung versteht im Sinne von Mt 7.21: "Nicht
jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr! wird in das Himmelreich kommen,
sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt". – Der "Wille
des Vaters" aber zeigt sich in konkreten Lebenssituationen, in die jeder
Mensch hineingestellt ist; in denen für jeden die Entscheidung ansteht, ob
er sie im Sinne von mehr Liebe, Toleranz, Gerechtigkeit... meistert oder
nicht. Letztlich geht es in jeder Lebenslage um die Frage, ob der Weizen
zum Wachsen gebracht wird und nicht das Unkraut...(Mt 13.24-30; 3.12).
- Es geht im Evangelium um das Heil der Welt und nicht um den
Selbsterhalt der Kirchen. Das "Heil der Welt" und das "Wohlsein des
Menschen" können letztlich nur erreicht werden, wenn Werte verbindlich
eingeübt werden. Das Aufzählen von Werten und das Spekulieren darüber
haben bisher wenig zustande gebracht. An den Früchten ist die
Ernsthaftigkeit einer Botschaft zu erkennen (Mt 7.16). Der bedrohlich
wachsende Priester- und Gläubigenmangel lassen nicht auf eine ergiebige
Ernte schließen. Ob die heutigen Strukturmaßnahmen eines Tages die Wende
bringen? Vieles deutet im Gegenteil darauf hin, dass damit die Fäulnis an
den Wurzeln des Christentums nicht behoben ist.
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