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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Die Botschaft der Bibel

Sogar André Gide, B. Brecht – die "Atheisten" und "Kommunisten" - haben sie für eines der wichtigsten Bücher der Menschheitsgeschichte gehalten und gelesen. Uns Heutigen bleibt bei allem Fachjargon das Wichtigste oft unverständlich.

1. Mit Pfingsten fing alles an.

Eigentlich müsste man sagen: mit Weihnachten fing alles an oder mit Ostern. Tatsache aber ist, dass der christliche Glaube erst durch das Pfingstereignis eine breitere Öffentlichkeit erreichte. Darüber berichtet die Apostelgeschichte (Apg 2.1-11). Am Pfingsttag befanden sich die Apostel am gleichen Ort – aus Furcht vor den Juden hinter verschlossenen Türen. Da erhob sich ein Brausen gleich einem heftigen Sturm. Zungen wie von Feuer verteilten sich auf jeden von ihnen. Alle wurden vom heiligen Geist erfüllt. Sie fingen an, in fremden Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen zu verkünden eingab. Vor dem Haus stürmte die Menge zusammen und jeder hörte sich in seiner Muttersprache reden. Menschen aus vielen Sprachen und Stämmen hörten die Apostel "Gottes große Taten verkünden". – Was waren das für "große Taten"?
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2. Das Kreuz, Ärgernis für alle.

In den letzten Jahren ist viel über das Kreuz geschrieben und kontrovers diskutiert worden. Ist es nur ein Schmuckstück um den Hals, das Merkmal einer Kultur, christliches Symbol? Gehört es in den Gerichtssaal, in die Schulklasse, obwohl sich Andersgläubige, Moslems und vor allem auch Wellness-Christen vor den Kopf gestoßen fühlen?
Wie die Einstellungen zum Kreuz auch immer sind - sie lassen den Verdacht aufkommen, als wiederhole sich in heutiger Zeit das, was Paulus vor 2000 Jahren schon geschrieben hat: "Viele wandeln als Feinde des Kreuzes" (Phil 3.18). Und "Christus der Gekreuzigte": "Für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber…Gottes Kraft und Gottes Weisheit" (1 Kor 1.23f). – Wenn man sich den Text bei Mathäus (16.21-27) anschaut, scheint auch der erste der Apostel, Petrus, von "Gottes Kraft und Weisheit" weit entfernt. Er wehrt sich gegen das Kreuz – wie sich Menschen immer wieder wehren. Dennoch trifft die Auseinandersetzung mit Kreuz und Leid irgendwann jeden Menschen, unabhängig von Religion und Weltanschauung.
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3. Auferstehung - Säule des Gottesglaubens.

Stellen Sie sich vor, es gäbe einen Gott. Natürlich nicht auf eine Weise, wie man sich ihn in früheren "naiven" Zeiten vorgestellt hat: der die Welt in acht Tagen geschaffen hat; der das erste Menschenpaar Adam und Eva aus Erde formte; der unseren Globus zum Mittelpunkt des Universums erklärte; der den Menschen zur "Krone der Schöpfung" erhob…
Solche frühere Vorstellungen sind durch die moderne wissenschaftliche Forschung ad absurdum geführt worden. Frühere religiöse Weltdeutungen gehen uns immer mehr abhanden. Bei allen neuen Entdeckungen und Erkenntnissen ist dennoch bis heute die Frage geblieben: Gibt es einen Gott? Wenn auch die Existenz Gottes nicht bewiesen werden kann (ebenso wenig wie seine Nicht-Existenz), so hat doch der größere Teil der Menschheit immer daran geglaubt: aus einer Ahnung, Sehnsucht und Hoffnung heraus. Auch heute noch. Wenn es Gott aber gibt, muss er größer, unfassbarer und mächtiger sein als alle Großen dieser Welt. Wenn es wirklich einen Gott geben sollte, müssen Dinge möglich werden, die für Menschen unmöglich sind. Dazu gehört auch die Macht Gottes über den Tod hinaus. Der Gottesglaube in der Menschheitsgeschichte hat immer den Glauben an die Auferstehung, an das "ewige Leben" zur Folge gehabt.
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4. Jesus verkündete das Reich Gottes und es kam die Kirche.

Dieses Wort des Theologen A. Loisy hat am Anfang des 20. Jahrhunderts (1900) großes Aufsehen erregt. Es hat Zuspruch und noch mehr Widerspruch gefunden. Es hört sich so an, als wäre nach der Ankündigung Jesu vom "Reich Gottes" die Kirche gekommen: das Kleinere für das Größere, das Menschliche für das Göttliche, das Provinzielle für das Allumfassende. Der Eindruck wurde geweckt, als wäre die großartige, auf die gesamte Schöpfung ausgerichtete Botschaft Jesu vom "Reich Gottes" in die Hände und Köpfe von Menschen gelangt, die bei aller menschlichen Klugheit gewöhnlich einseitig, interpretierhungrig, eigenmächtig, interessengeleitet, rechthaberisch, einflussbedacht und machtbesessen sind...
Tatsächlich hat sich die Kirche im Laufe von 2000 Jahren häufig so erwiesen. Gründe genug, um inzwischen viele christliche Kirchen werden und wachsen zu sehen – mit zahlenmäßig steigender Tendenz. Jede besteht auf unterschiedliche Weise auf eigene Wahrheiten, beharrt auf eigenem Recht. Sie bieten sich heutigen Menschen – sofern sie nicht völlig "atheistisch" geworden sind – als "Alternativen" zu den großen Volkskirchen an. Diese bröckeln und kriseln. Tausende "freie Kirchen" schießen wie Pilze aus dem Boden. Dienen sie dem von Jesus verkündeten "Reich Gottes"? Schaffen sie zu Recht Alternativen zu den Großkirchen? Was ist überhaupt mit "Reich Gottes" gemeint?
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5. Wenn eine Botschaft in die Köpfe von Menschen gerät...

Die Bibel ist voller "humaner Werte". In ihr geht es um das "Tun der Wahrheit", um die Einübung des Menschen in die Praxis der Liebe, der Gerechtigkeit, der Gemeinschaft und Barmherzigkeit... Sie zu leben, ist eine zentrale christliche Angelegenheit. Das Gegenteil davon steht dem Heilshandeln Gottes und seiner Gegenwart unter uns Menschen am meisten im Wege. Wo Hass herrscht statt die Liebe; wo Neid und Eifersucht das Zusammenleben von Menschen vergiften; wo Heuchelei und Dünkel zu beeindrucken versuchen, da gibt es keinen Frieden auf Erden. Weder im Großen noch im Kleinen. Wer dagegen Welt- und Menschenorientierung sucht, wer die christliche Bewährung in der Konkretheit des Lebens ernst nimmt, muss sich vor zwei Gefahren in Acht nehmen: entweder wird alles Religiöse "bloßer Humanismus" oder das Religiöse wird ins nebulös "Übernatürliche" verzerrt und verdunkelt. Beide Tendenzen werden der Predigt Jesu nicht gerecht. Bei ihm wird alles Tun des Guten zu einem "Sauerteig", der die Welt durchsäuert; zu einem Licht und Salz, die allem weltlichen Geschehen Kraft und Würze geben. Es ereignet sich der Anfang des "Reiches Gottes". Die Hinwendung des Menschen zur Welt und zu den anderen erweist sich zugleich als Weg des Menschen zu Gott.
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6. Kleider machen Leute, aber keine Botschaft.

Beim Lesen der heiligen Schrift muß immer wieder bedacht werden, dass die Evangelien keine systematische Darstellung des Lebens Jesu sind, weder seines Lebens noch seiner Lehre bzw. seiner Taten. Nach dem Tod und der Auferstehung Jesu fing die nachfolgende Generation an, sich über die Bedeutung Jesu Rechenschaft zu geben, d.h. sich in Erinnerung zu rufen, was Jesus gesagt und getan hatte. Vorher waren die Leute Jesus einfach nachgefolgt. Nun mussten sie sich auf die eigenen Beine stellen. Wenn sich die Christen in Hausgemeinschaften trafen, dachten sie gemeinsam über die Bedeutung des Lebens Jesu nach, auch für ihr eigenes Leben. Wie Menschen nun einmal veranlagt sind, war ihr Auffassungs- und Erinnerungsvermögen unterschiedlich. Auch die Konsequenzen, die gezogen wurden, gestalteten sich auf vielfältige Weise – je nach der Veranlagung und der Persönlichkeit der Einzelnen. Es entstanden die verschiedenen "Theologien" im Neuen Testament. Ebenso die verschiedenen Ansätze, wie christliches Leben zu gestalten ist.

Bei Mathäus und Lukas wird z.B. hervorgehoben, dass Jesus nicht in einem Palast zur Welt kam, sondern dass sein ganzes Leben von all den Höhen und Tiefen bestimmt war, wie sie von jedem Menschen erfahren werden. Beim Ringen um die Anliegen Jesu gibt es bei den beiden Evangelisten Passagen einer entschiedenen Herrschaftskritik bzw. einer scharfen Ablehnung jener, die ambitioniert immer eine höhere und übergeordnete Rolle spielen wollen. Solche Sätze stellen bis heute eine kritische Anfrage an diejenigen Verkünder des Evangeliums dar, die in späteren Jahrhunderten in Paläste einzogen, sich mit Prunk und Hoheitstiteln bekleideten. Vermögen sie noch im Dienst des Glaubens zu stehen? Die Evangelisten melden da ihre Zweifel an
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7. "Gelehrte Schriften" – niemand möchte sie lesen.

"Niemand möchte unsere gelehrten Schriften lesen", soll der Theologe Tertullian geklagt haben. Der Genannte gilt als erster bedeutender Schriftsteller, dem am Ende des 2. Jhts. gründliche Kenntnisse in der griechischen Sprache und Kultur nachgesagt wurden, ebenso im Recht. Im Laufe der Jahre hat er sich mit dem römischen Klerus überworfen, trat aus der Kirche aus und predigte eine sehr rigoristische Form des Christentums (z.B. in der Bußpraxis) – einen Lebensstil, der von der größeren Christengemeinschaft als unerträglich angesehen wurde.

Dennoch beobachtete er damals schon, was bis heute bedauert wird: die allermeisten Menschen lesen die klugen und intelligenten Bücher nicht, die geschrieben werden: die Katechismen der Kirche, die vielen Lehrbücher und Lehrschreiben über christliche Überzeugungen, die Papstbücher über die Kirche und die Person Jesu... Wenn trotzdem Bücher, von "bedeutenden Persönlichkeiten" geschrieben, gekauft werden, weil Verlage und Buchhandlungen die nötige Reklame machen - werden sie wirklich gelesen? Von wenigen werden sie besprochen und diskutiert, bis sich schon bald die bekannte "intellektuelle Schläfrigkeit" einstellt. Im Ganzen zeigt die Erfahrung: Mit intellektueller Begrifflichkeit und kluger Feinsinnigkeit wird das schal gewordene Salz des Christentums weder würziger noch kraftvoller. Die Botschaft des Evangeliums setzt weniger auf akademische Klugheit als vielmehr auf Fähigkeiten von Menschen – vom Schöpfer gegeben und vom Geist inspiriert.
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8. "Dialog" statt Bekehrung und Missionierung?

"Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Weltalls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat". So heißt es im Hebräerbrief (1.1-2). So verstehen sich auch die drei "Offenbarungsreligionen": Judentum, Christentum, Islam. Wenn Gott sich aber den Menschen offenbart, kann es nur mit Nachdruck, Macht, Großartigkeit und Herrlichkeit geschehen...

Dieser Gedanke ist besonders beim Islam ausgeprägt. Nach dessen Auffassung hat Allah dem Mohammed ewige, unverzichtbare, unüberholbare Wahrheiten zudiktiert, die im Koran ihren Niederschlag gefunden haben. Allah hat auch – schon im ersten Jahrhundert – den Islam zu einer ungeheuer erfolgreichen Religion emporsteigen lassen. Schon in kurzer Zeit war der ganze Mittelmeerraum einschließlich Südfrankreich vom Islam erobert. Als Zeichen seiner gottgewollten Größe und Macht darf kein Kirchengebäude höher und größer sein als eine Mosche. Und kein Mensch, keine Stadt, kein Ort, kein Land darf – sofern einmal islamisch – jemals an eine andere Religion verloren gehen. So wird Jerusalem ein ewiger Zankapfel bleiben, weil von allen drei Offenbarungsreligionen unverzichtbar als "heilige Stadt" beansprucht.

Der heutige "Kampf der Religionen" gründet auf dem Glauben, dass allen drei Offenbarungsreligionen eine besondere Berufung zuteil wurde. Deshalb galt ursprünglich: Bekehrung und Missionierung der einen durch eine andere. Das Konzil hat sich vor 50 Jahren zum "Dialog" entschlossen. "Dialog" statt Bekehrung? Dürfen also Juden und Moslems nicht mehr zu Christus bekehrt werden? Gegen solche Vorstellung wehrt sich die von vielen als "verbohrt" angesehene Pius-Bruderschaft.
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9. Glauben heißt: "Du" sagen können.

Was ist eigentlich "Glaube"? Die einen sprechen von einer "übernatürlichen Gottesgabe" – wobei sich die Frage stellt, warum sie den einen gegeben wird und den anderen nicht? Vom Glauben an eine Lehre ist die Rede, wobei jede Konfession oder Religion die besten Wahrheiten für sich beansprucht. Andere identifizieren "Glauben" mit äußeren religiösen Praktiken und Symbolen: mit Sonntagsgottesdienstbesuch, Sakramenten, Tischgebeten... Sind sie automatisch Ausdruck von "Glauben"?

Das Wort "Glaube" wird in verschiedensten Facetten und Tönungen verwendet. Jeder religiöse Mensch versteht etwas anderes darunter, je nach persönlicher Erfahrung, Bildung oder konfessioneller Zugehörigkeit. Erstaunlich ist, wie bestimmte theologische Standpunkte eines Menschen, z.B. Luthers, eines Papstes oder eines bedeutenden Lehrers ein endgültiges "Für-wahr-halten" beanspruchen, welche jeweils Gefolgschaften nach sich ziehen. Wo starke religiöse Autoritäten die Reihen hinter sich schließen, da wachsen nicht unbedingt der Glaube als eine persönliche Überzeugung, sondern allzu oft Herdenbewusstsein, Mitmachermentalität, äußere Anhängerschaft... Die Ermächtigung einer Minderheit über eine Mehrheit erweist sich heute, auch in religiösen Dingen, als eine Sackgasse, in der sich die Kirchen befinden.

"Religiöser Glaube" erweckt oft den Eindruck des Gelernten und Aufgepfropften. Wenig wird darüber nachgedacht, dass der Glaube zunächst eine urtümliche Angelegenheit eines jeden Menschen ist. Er gehört zur "Natur des Menschen". Ein kleines Kind "glaubt" bereits an seine Mutter – je nachdem, wie es Geborgenheit, Liebe, Schutz und Wohlsein erlebt. Menschen lernen einen Glauben am besten dadurch, dass sie Vertrauen zu Bezugspersonen entwickeln: zu Eltern, Freunden, Bekannten, "exemplarischen Menschen". Wer auf sehr menschliche Weise vertrauen lernt, bei denen wächst eine innere Bereitschaft zu einem Glauben, der das Ja-Sagen zu einem jenseitigen "Du" nicht ausschließt.
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10. Gottes Anwesenheit mitten im Leben?

Schon im Alten Testament ist an verschiedenen Stellen vom Bund Gottes mit der gesamten Menschheit die Rede: nach der Sintflut mit Noach (Gen 9.1-17); später mit Abraham (Gen 15.1-21) u.a. - Im Neuen Testament gibt es eine Anzahl biblischer Aussagen, die von der Anwesenheit Gottes im Leben sprechen: "Wer ein Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf" (Mt 18.5). "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" (Mt 18.20). "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25.40): - Auch die Osterberichte zeigen Jesus den Jüngern immer wieder als Lebenden - auf eine andere Weise als früher. Sein Versprechen gilt: "Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt" (Mt 28.20).

Als solcher bekundet er seine Anwesenheit unter den Menschen mitten in der Welt, die ja seine Welt ist und bleibt. Vor allem bei der Bewältigung der Aufgaben in der Welt. Jesu Botschaft ist wesentlich welt-zentriert. Es geht um erlösendes Geschehen mitten in einer unerlösten Welt. Es geht um den Weizen mitten im Unkraut!

Umso erstaunlicher ist es, dass sich im Laufe der Jahrhunderte ein Kirchenbewusstsein entwickelt hat, welches (in Anpassung an die Welt!) ganz andere Akzente setzt: monarchisch, männlich-hierarchisch, klerikal, sakramental, liturgisch – so, als würde die Existenz und die Zukunft des Glaubens primär von solchen "Kirchlichkeiten" abhängen. Diese sind zwar nicht überflüssig. Sie werden es aber, wenn sie um ihrer selbst und um gedankenloser Traditionspflege willen kultiviert werden. "Kirchliche Maßnahmen" – entweder sie mobilisieren und motivieren menschliche Potentiale innerhalb und außerhalb der Kirche zum Heil der Welt oder sie geraten in die Zone des Vergessens und der Überflüssigkeit. Wenn schon 1943 A. Delp von dem "toten Punkt" gesprochen hat, an dem wir kirchlich angekommen sind und neuerdings u.a. der Bischof von Trier, Stephan Ackermann, dann müssten alle Christen schnell aus ihrem Schlaf erwachen. In Richtung "JOHANNES XXIII". Er war der Papst, dem die Mobilisierung der Kräfte des Guten weltweit am meisten gelungen ist. Die seit dem auf ihn und die Stimme des Konzils nicht mehr hören, weil sie es besser wissen, sind auf dem Holzweg. "Das Christliche" scheint durch sie am meisten gefährdet.
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11. Glauben in alltäglichen Banalitäten des Lebens?

Was ist ein "gläubiger Mensch"? Der nach kirchlicher Vorstellung den Religionsunterricht besucht hat; der regelmäßig betet und die Sakramente empfängt; der die Eucharistie als das Wichtigste im Leben ansieht und das damit verbundene Amt anerkennt; der sich evtl. noch am Sonntagmorgen mit Gleichgesinnten trifft und mit ihnen plaudert; der sich so oder so in der Pfarrgemeinde engagiert...

Da deren Zahl immer mehr abnimmt, stellt sich die Frage nach den Aktivitäten derer, die nicht oder weniger als früher "Kirche" und "lebendige Gemeinde" im Blickfeld haben. Was ist mit dem Werktag und den vielen "banalen Kleinigkeiten", von denen das Leben im Allgemeinen bestimmt wird, die den großen Teil des Lebens ausmachen? Da sind die Verheirateten mit ihren Beziehungsproblemen; die Erzieher von Kindern und pubertierenden Jugendlichen; die Berufstätigen in Fabriken, Geschäften, Kanzleien, Büros, Krankenhäusern und Sozialstationen... Was sich im Zusammenleben und in der Zusammenarbeit unter ihnen abspielt, ist oft nicht lauter Sonnenschein. Es sind Existenzkämpfe und -ängste, Selbstbehauptung und Rivalitäten, Eifersucht und vielfältiges Gegeneinander, Vorurteile, Verdächtigungen und Mobbing, die den Alltag bestimmen – je nach dem, wie die "Chemie" unter den Beteiligten stimmt oder auch nicht stimmt.

Was sich zwischen den gelegentlichen "religiös-kirchlichen Ereignissen" innerhalb einer Woche abspielt, ist enorm vielfältig: harmonisch oder spannungsgeladen. Was hat das alles mit "Glauben" zu tun? Herkömmlich nichts. Es spielt sich ja nicht in der Kirche ab. Man hat sich damit weitgehend zufrieden gegeben, zu predigen, das Evangelium auszulegen, je nach Bedarf von einem gütigen, gerechten, strafenden, verzeihenden oder liebenden Gott zu reden... - neuerdings wieder vermehrt im Sinne einer "negativen Theologie", die vorsichtig ist mit dem Reden über Gott und sein Handeln. Weil das Reden über Gott nicht unproblematisch ist, verlassen sich viele auf eine Art Wellness-Religion, auf einen gefühlsüberladenen "Glauben", der nur kurz und vorübergehend die banalen Dinge des Alltags vergessen macht.
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12. Glaubenskrise als Krise der Liebe.

In den gegenwärtigen unsicheren Zeiten wird vielfach vom "Kampf der Kulturen" gesprochen. Es ist zugleich ein "Kampf der Religionen", die sich im Umbruch der Zeit ihre eigene Zukunft zu retten versuchen und sich dabei den Rang ablaufen: bisweilen im friedlichen Nebeneinander, bisweilen verstrickt in Prestige- und Selbstbehauptungskämpfe.

Bei uns in Europa spielen dabei der Buddhismus, das Christentum und der Islam die auffälligsten Rollen. Im Buddhismus ist allen klar, worum es bei dieser "Religion ohne Gott" geht: um Meditation, Innerlichkeit und persönliche Lebensvertiefung. – Im Islam weiß jeder noch so einfach gestrickte Gläubige, worauf es ankommt: um die Unterwerfung unter den Willen Allahs, wie er im Koran eindeutig zur Sprache gebracht wird; man weiß um den Fastenmonat Ramadan und dass jede Frau den Schleier zu tragen hat; um die Wallfahrt nach Mekka wenigstens einmal im Leben und um den wenn nötig blutigen Kampf, wenn es um die Erhaltung und Verteidigung der "letzten Offenbarung Allahs" durch Mohammed geht.

Im Christentum scheint eine große Unkenntnis zu herrschen in der Frage, was es eigentlich zu glauben gilt. In früheren Zeiten gab das Lehramt Antwort auf diese Frage. In den Bücherregalen vieler christlicher Familien steht der Katechismus. Aber gelesen und gelernt wie in früheren Zeiten wird er kaum. Ebenso die Bibel. Wer versteht sie schon? Wenn sie dennoch, mehr als je zuvor, von vielen gelesen und in Gruppen besprochen wird, dann kommen Christen zu Einsichten, die die Erscheinungsform der Kirche und ihr Lehramt eher infrage stellen. Verstärkt jedenfalls wird das früher Gelernte nicht.

Denn der Mann aus Nazaret hat keine roten Socken und fürstliche Prachtgewänder getragen; er hat keinen Palast bewohnt; er hat sich nicht über andere erhoben, um von ihnen Treueschwüre und unfehlbaren Glaubensgehorsam zu verlangen; er hat kein hochgeistiges theologisches Monopol geschaffen, um der großen Mehrheit des Volkes zu zeigen, wie unmündig und abhängig sie von den Klugheiten der Klugen ist. - Im Gegensatz dazu hat er eine Freiheit und Würde des Menschen vertreten. Diese in einem dogmatisch und rechtlich festgelegten Mauerwerk zu leben, ist wie die Quadratur des Kreises: unmöglich. Es liegt also fast in der Natur der Sache, dass sich Menschen von einer so und nicht anders gewordenen Macht- und Angebotskirche entfremden. Was wird dabei mit der Botschaft Jesu? Wie kann sie eine Zukunft haben?
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13. Die Kirche: Hinter tausend Stäben keine Welt.

Wenn ich an den schrumpfenden Einfluss der Kirche denke – nicht verursacht durch das Konzil, sondern durch die frühere Minderheit, die es verhinderte - , geht mir das Bild vom Panther durch den Kopf, wie es von R.M. Rilke geschildert wird: Im Käfig gefangen, dreht er sich im allerkleinsten Kreise. Es ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Sein Blick ist beim Vorübergehen der Stäbe müde geworden. "Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt". –

Der Zustand der Kirche gleicht dem des Panthers. Er gleicht dem Tanz um eine Mitte, die sie selber ist. Bei allen Diskussionen – immer geht es um "Kirche": ihre Ämter, ihre Sakramente, die unterschiedliche Interpretation widersprüchlicher Konzilstexte, um die in die "heile Vergangenheit" ausgerichtete "Restauration", um die Pius-Bruderschaft usw. Der Kölner Arzt und Psychotherapeut Manfred Lütz schlägt vor: "Wenn man nur einmal probeweise aus den üblichen innerkirchlichen Debatten über Zölibat, Frauenpriestertum, Sexualmoral und die päpstliche Unfehlbarkeit aussteigen würde und auf die wirklich existentiellen Fragen, die die Menschen haben, antworten würde, dann könnte man die Gunst der Stunde nutzen". –

Was in diesem Vorschlag nicht zum Ausdruck kommt, ist die Tatsache, dass das Konzil und die darauf folgenden Synoden genau das getan haben: sie haben die "Gunst der Stunde" genutzt. Sie haben mündig gewordene Christen ("Wir sind Kirche") zur Mitwirkung an der Gestaltung gesellschaftlichen und kirchlichen Lebens zusammengerufen. Dabei hat allerdings die "Amtskirche" die Erfahrung machen müssen, dass sie keine Antworten geben kann "auf die wirklich existentiellen Fragen, die die Menschen haben". Denn mit Lebenserfahrungen konfrontierte Menschen begeben sich selbst auf die Straße des Fragens und Antwortsuchens, statt von irgendwoher allgemein gültige Antworten zu erwarten.

Zur Zeit des Konzils bestand die "Gunst der Stunde" in der Zuversicht, dass Christen eigenes Denken und Urteilen zugemutet werden kann. Sie bilden heute die wachsende Mehrheit von Christen, die "jenseits von tausend Stäben" leben. Eine Kirche, die sie nicht zu hören und zu verstehen vermag, wird selbst Ursache der "Entkirchlichung". "Kirche" entsteht dann überall dort, wo Menschen sich "in Seinem Namen" zusammenfinden.
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14. Kirche gegenüber einer "pubertierenden Welt".

Goethe hat einmal vom "ewig pubertierenden Menschen" gesprochen. Er sei besonders aktiv, schöpferisch begabt, ständig in Ungewissheit und Wagnis – deshalb umso mehr auf der Suche nach neuen Wegen und Lebensformen. Wie abenteuerlich "pubertierend" ist die heutige Weltkultur? Viele bleiben bei deren Dynamik und Initiativfreudigkeit auf der Strecke; viele werden Suchende und Fragende; gehen in Ungewissheit und Wagnis eigene Wege und wechselnde Pfade – mit der Chance des Reifer- und Erwachsenenwerdens. Auch im Glauben.
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15. Jesus hat Vieles falsch gemacht...

So sagen es die Moslems. Denn Jesus habe – im Gegensatz zu Mohammed 600 Jahre später – nichts Schriftliches hinterlassen. Als großer Prophet habe er viel Gutes getan, Wunder gewirkt und eine Botschaft hinterlassen, die von seinen Jüngern und Anhängern aber falsch verstanden und unterschiedlich weiter gegeben worden sei. So sei das schier Unverständliche passiert, dass es verschiedene Schriften des Neuen Testamentes gibt. Es sei unmöglich, dass sich Gott, der sich offenbart, auf so verschiedene Weise gegenüber den Menschen zu Wort meldet!

Ähnlich sei es mit den Offenbarungen Gottes an Abraham ergangen. Auch diese seien verfälscht an die Nachwelt weiter gegeben worden. So musste sich Gott noch einmal endgültig und eindeutig offenbaren. Das geschah durch Mohammed. Dieser hat die Offenbarungen Allahs laut und deutlich vor sich hergemurmelt, so dass seine Schreiber sie gleich aufschreiben konnten. Durch Mohammed sind also die Offenbarungen Allahs zum ersten und letzten Mal unverfälscht in der Menschheit erhalten geblieben. Der Islam ist deshalb die letzte und wahrste Religion.

Wenn sich Moslems bis heute in der Mosche zum Gebet treffen, murmeln sie dieselben Koranverse, wie Mohammed es getan hat. Sie nehmen auf diese Weise die Gedanken Allahs unverfälscht in sich auf. Es entsteht eine "communio", eine Identität und Gemeinsamkeit zwischen den Gedanken und Geboten Allahs und denen der Menschen. Weil im Koran die unfehlbaren Gedanken Allahs fest geschrieben sind, darf kein Buchstabe daran geändert werden. Den Moslems darf auf keinen Fall das Unglück der Verfälschung passieren, wie es bei den Juden und Christen geschehen ist. Punkt und Komma der Offenbarung Allahs müssen für alle Zeiten durch gläubige Moslems erhalten bleiben bis zu dem Tag, an dem sich Juden und Christen zum Islam bekehren...
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16. Das Abenteuer Gottes mit den Menschen geht weiter.

Besonders die katholische Kirche ist gegenwärtig in aller Munde. Ebenso Priester und kirchliche Einrichtungen. Wegen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen an vielen Orten weltweit. In Deutschland und in anderen Ländern mussten sogar Bischöfe zurücktreten. Was hat z.B. Bischof Mixa getan? "Watschen" ausgeteilt, die früher zum "normalen Erziehungsstil" gehörten. In den Medien wird oft so getan, als wären Ohrfeigen bereits "sexuelle Gewalt". Klare Unterscheidungen sind oft nicht geeignet für sensationelle Nachrichten. Dennoch: bei ihm hat es auch finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben. Ebenso hat die Wahrheit gelitten. Was auch immer gewesen sein mag: Beschönigungen sind unangebracht. Schuldiges muss lückenlos aufgeklärt und geahndet werden!

Dennoch ist die Frage berechtigt: warum der Generalangriff auf die Kirche? Gewiss: es sind Macken und Mängel bei deren Vertretern in Erscheinung getreten, die man so nicht gewohnt war. Was Jahrhunderte lang keiner gegenüber Autoritäten mit hohem moralischem Anspruch zu denken und zu sagen wagte, ist nun wie ein Sturm der Entrüstung losgebrochen. Man kann diesen "Sturm" wie eine gewaltige Enttäuschung deuten, weil es nun niemanden und nichts mehr gibt, auf das man sich verlassen kann.

Allerdings: die Enttäuschung an der Kirche ist nicht erst von gestern. Vieles hatte sich seit der Aufklärung oder spätestens seit dem Konzil angestaut. Ein Problembewusstsein hat sich gebildet, welches in der Bibel schon vorhanden ist. Es geht um die große Versuchung bei religiösen Autoritäten, Gott für alle Zeiten fest zu schreiben und für menschliche (kirchliche) Ambitionen in Anspruch zu nehmen. Die "ewig Gestrigen", Kämpfer für ihre Religion, werden zu deren Totengräbern.
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17. Definitiv katholisch = definitiv christlich!?

In diesen Tagen fiel mir ein Zeitungsartikel in die Hände mit der Überschrift: "Definitiv katholisch", geschrieben von einem deutschen Kardinal. In dem Artikel geht es um die Frage nach dem Frauenpriestertum. Eine Äbtissin in Süddeutschland hatte in einem Fernsehinterview erklärt, dass es "bedeutende Theologen" gäbe, die in dieser Frage "noch Entwicklungen sehen". Diese Bemerkung hatte den Kardinal "traurig und bestürzt" werden lassen. Er schrieb der Äbtissin, dass es keine Professorenkirche gäbe, sondern nur eine Bischofskirche in Gemeinschaft mit dem Papst. In dem Zeitungsartikel, den er mitschickte, erläuterte er, dass die "unfehlbare Lehre des Lehramtes" niemals zulassen werde, dass Frauen die Priesterweihe erhalten...

Bedenken, die die Menschen heute zu Recht zweifeln lassen, hat der Kardinal anscheinend noch nie bedacht. Wer "Unfehlbares" entscheiden will, schafft sich zuvor ein "unfehlbares Lehramt"! Wer die "volle Wahrheit" für sich beansprucht, kann – neben dem Willen zur Wahrheit - Jahrhunderte lang darauf bedacht gewesen sein, Menschen in Gehorsam und Untertänigkeit an sie zu binden! Denn wer kann schon gegen die Wahrheit sein? Aber was ist Wahrheit? Es gibt viele Antworten auf diese Frage... In der gegenwärtigen Kirchenkrise geht es aus vielen Gründen nicht mehr um das, was "definitiv katholisch" ist; denn es steht unter dem Verdacht menschlicher Ambitionen. Es geht vielmehr um das "definitiv Christliche" – um den Jesus des Ursprungs.
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18. Wir Menschen sind dafür da, dass "Neues" in der Welt geschieht.

Das "Neue" war von Anfang an nicht als plötzliches Weltereignis gedacht. Das Evangelium spricht vom "Sauerteig", der allmählich alles durchsäuert; vom "kleinsten Samenkorn", das zu einer mächtigen Pflanze wird; vom "Salz der Erde", welches dem Leben und der Welt Geschmack verleiht; vom "Licht der Welt" in vielen Dunkelheiten.

Bei allen diesen Gleichnissen vom "wachsenden Reich Gottes" ist wohl immer die "neue Lebensweise" gemeint, die stets versucht, Reichtum und Gier, Egoismus und Menschenfeindlichkeit zu überwinden. Gemeint ist damit jeder Mensch, der stets in der Entscheidung steht: das Leben für sich und für andere in Liebe und Gerechtigkeit zu gestalten oder das Gegenteil davon zu leben und zu praktizieren.

Man kann sich das, was gemeint ist, am Bau einer gewaltigen Kathedrale deutlich machen. Jahrhunderte werden daran gebaut. Tausende Arbeiter sind daran beteiligt. Jeder mit kleinen Handgriffen, die aber alle für sich wichtig und notwendig sind. Nur wenige Baumeister und Architekten kennen den gesamten Plan. Der einzelne Arbeiter tut nur das, was ihm im Gesamten aufgetragen ist…

Das "Reich Gottes", d.h. der Plan Gottes für die gesamte Schöpfung, ist, vom "Urknall" bis zu ihrem Ende, ähnlich dem Bau einer gewaltigen Kathedrale, zu dessen Vollendung jeder Mensch beauftragt ist. An dessen Beteiligung jeder Mensch guten Willens bis in die kleinsten Kleinigkeiten des Lebens hinein seinen Lebenssinn finden kann, weil er sich als Mitarbeiter an einer großen Planung verstehen lernt. An einer Planung, die er selbst nicht kennt. Im Sinne des hl. Paulus kann man sagen: Wo es um dieses Letzte und Entscheidende geht, gilt weder Jude noch Heide, weder Mann noch Frau, weder katholisch noch evangelisch…(vgl. Gal 3.26-28). Wenn auch nicht getauft, gehören alle in die Planung Gottes hinein, als "Sklaven der Elementarmächte dieser Welt" (Gal 4.3). Offensichtlich ist das, was Jesus mit dem "Sauerteig" der neuen Welt Gottes meint, heute weltweit in vollem Gange. Man muß den "Weizen" sehen, ohne das "Unkraut" zu übersehen.
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Letzte SeitenÄnderung: 13.10.2010.
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