Gratis Info-Brief
Sie möchten regelmäßig über neue Beiträge auf meiner Webseite informiert werden?
Dann abonnieren Sie einfach meinen
Info-Brief...
|
|
Brennende Fragen zu Religion, Glaube, Kirche(n). (2):
Mehr von Gott sprechen?
Oktober 2012
Von Kirchenleuten wird wiederholt gefordert, es müsste in der
gegenwärtigen Zeit immer mehr und eindringlicher über Gott gesprochen und
gepredigt werden. Sonst werde die Welt der Gottlosigkeit verfallen.
Der Evangelist Markus sieht dies, wie es scheint, anders (vgl. Mk 8.27-35).
In seinem Evangelium schildert er das Zusammensein Jesu mit seinen Jüngern,
die sich mit der Frage konfrontiert sehen: "Für wen halten die Menschen den
Menschensohn"? Ihre Antworten sind zu erwarten und nicht überraschend. Sie
halten Jesus für einen großen Propheten wie Johannes den Täufer, Elija...
Mit diesen Antworten kommt ein ähnliches Verhalten zum Vorschein, wie wir es
bis heute haben: Zu ihren Lebzeiten schenken sie großen Gestalten bzw.
Propheten, d.h. Bahnbrechern des Zukünftigen... nur wenig Beachtung; oft
werden sie sogar verdächtigt und des Bösen beschuldigt. Erst hundert oder
zweihundert Jahre später, nach ihrem Tod, fängt man an, sie zu glorifizieren
und heilig zu sprechen. Es wird der Eindruck erweckt, als wären sie
makellose Helden gewesen, als hätten sie im Leben wunderbare Verhältnisse
geschaffen. So wird auch Jesus in die Reihe der Propheten gestellt, der
große Wundertaten vollbringt, wie Petrus es herausragend bekennt: "Du bist
der Messias!" Der Sohn des lebendigen Gottes...
Jesus will offensichtlich nicht, dass er so verstanden und verkündet wird.
Er weist auf die Probleme hin, die er mit den Hohenpriestern und
Schriftgelehrten hat, auf deren Machenschaften und auf die der Gutwilligen
und Gottesverehrer, die zu seinem Tode führen. Solche Unwahrscheinlichkeiten
beim Schicksal Jesu wollen dem Petrus nicht in den Kopf. Denn einem
Propheten und Messias kann man doch nichts Böses antun! Worauf Jesus ihn
"Satan" nennt. Denn er setzt seine menschlichen Einsichten und Erwartungen
gleich mit dem, was Gott denkt und plant.
Jesus lehnt den Titel "Messias" nicht unbedingt ab. Aber er verbietet den
Jüngern, öffentlich darüber zu sprechen. Er macht also das Gegenteil von
dem, was Kirchenleute heute fordern: nicht mehr, sondern weniger von Gott,
dem Messias sprechen! Warum dieses seltsame Verbot Jesu? Weil das, was wir
über Gott sagen und predigen, eher falsch als richtig ist! Unser Reden über
Gott ist zu sehr vermischt mit unseren menschlichen und kirchlichen
Interessen, Vorstellungen, Ansprüchen, Rechthabereien,
Wahrheitsbehauptungen... Wenn wir über Gott sprechen, meinen wir zum großen
Teil uns selbst. Das hat zu vielen Rivalitäten geführt, zu Kämpfen zwischen
Völkern und Kulturen, zu grausamen Religionskriegen.
Im Grunde wissen wir über Gott nichts. Wir können seine Wege mit uns und der
Menschheit immer nur schrittweise erahnen und bejahen. In
unterschiedlichsten Lebenssituationen können wir immer nur fragen: Was
willst Du, Herr, was wir tun sollen, welche Entscheidungen wird treffen und
welche nächsten Schritte wir gehen sollen? Im Mut und Vertrauen auf Dich,
der Du die Welt lenkst und leitest.
Der Messias, der selbst schwere menschliche Wege geht, fordert uns auf,
täglich das Kreuz auf uns zu nehmen; das Leben so zu nehmen, wie es ist;
schließlich das Leben zu verlieren, um es auf andere Weise zu gewinnen.
Warum auch das Schwere im Leben erdulden, tragen, durchstehen, das Kreuz auf
sich nehmen? Offensichtlich geht es darum, unsere Ernsthaftigkeit auf die
Probe zu stellen. Es soll geprüft werden, ob wir wirklich zu dem stehen, was
wir glauben und beten. Wenn wir z.B. "Vater unser" beten; oder: "Ich glaube
an Gott, den allmächtigen Vater" – wie ernst ist das zu nehmen; wie kann uns
Gott beim Wort nehmen, wenn all unser religiöses Sagen und Reden im Leben
keine Früchte trägt? Vor allem in Prüfungen, Versuchungen, Lebenskrisen
...können wir unter Beweis stellen, dass der Glaube an Gott eine ernsthafte
Angelegenheit für uns ist. "Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird
in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im
Himmel erfüllt" (Mt 7.21). –
Der Glaube muß sich im Leben bewähren; er muß Früchte des Guten tragen... Er
entspricht nicht immer unserem Geschmack. Aber gerade die
"Geschmacklosigkeit" lässt das alte Leben sterben, damit das neue werden
kann. Es ist der Anfang des Ewigen.
|