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Unglaublich, was Christen glauben (XI).
März 2008
In der Passions- und Osterzeit waren die Zeitungen voll von Gedanken
über den Kreuzes- und Auferstehungsglauben der Christen. Die einen
bezeichneten – voreilig – das Kreuz als Zeichen des Heils und der
Auferstehung zu neuem Leben, was selbst Christen auf Anhieb nicht einsichtig
ist. Andere ärgerten sich über die weinenden und klagenden Gestalten der
Passion; ebenso wie über die Blut bespritzte Dornenkrone… Ihnen wären
Menschen der Revolte und des Aufruhrs gegen Gott und alle Kreuze der Welt
lieber gewesen – eine Haltung, die sich auch im Evangelium findet. Folgender
Text knüpft an Mathäus 16.21-27 an. Er möge also bitte nur gelesen werden,
wenn der Mathäustext hinzugenommen wird.
XI. Das Kreuz – Ärgernis oder Zeichen des Heils
1. Will Gott, dass Menschen Kreuze tragen?
Man kann im Evangelium unterschiedliche Informationen über das Leben und den
Charakter des Petrus erhalten. Er war der Erste im Kreis der Jünger! Er
wurde von Jesus "Fels" genannt, obwohl er ihn dreimal verraten hat! Petrus
konnte aber auch umkehren und seine Sünden beweinen...
Im heutigen Evangelium tritt er wie ein moderner Mensch auf, der sich mit
Vehemenz dem Leiden widersetzt. Jesus kündet sein Leiden an. Er werde von
den Ältesten, Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles erleiden und
schließlich getötet werden. Darauf die sympathischen Vorwürfe des Petrus:
das möge Gott verhüten! Das darf niemals geschehen! – Reaktionen, die
Christen wie auch Nichtchristen allzu schnell haben. Wer will schon das
Leiden? Und wenn es das Leiden in der Welt gibt: wie kann Gott es zulassen?
Was ist das für ein "gnädiger und gütiger Gott", der Kriege und Verwüstungen
zulässt; der unschuldige Menschen vor Schmerzen und Leiden nicht verschont?
Was haben diejenigen Böses getan, die ohne eigenes Verschulden hungern, in
Gefangenschaft geraten und gequält werden?
Die Vorwürfe, die Petrus Jesus gegenüber macht, wiederholen sich tausendfach
in der Weltgeschichte gegenüber Gott. Selbst bei Atheisten, Agnostikern und
wenig religiös orientierten Menschen ist es so: wenn es um das Leiden in der
Welt geht, wenn Menschen persönlich leiden, wird Gott ins Spiel gebracht. Er
wird für alles verantwortlich gemacht – so, als wäre Gott immer dann
"zuständig", wenn Menschen ihn brauchen.
Sympathisch und verständlich sind solche Reaktionen. Sie wenden sich gegen
das Leiden. Umso aufregender ist die Antwort Jesu. Er weist Petrus zurecht.
Er nennt ihn sogar "Satan", weil er nicht bedenkt, was Gott will, sondern
nur auf das bedacht ist, was Menschen wollen. Will also Gott, was Menschen
nicht wollen? Will Gott das Leiden Jesu und überhaupt der Menschen? Mutet er
uns bewusst das Leiden zu? Jesus scheint das Kreuz nicht nur zu bejahen. Er
macht es sogar zu einem Zeichen der Nachfolge. Wer mir nachfolgen will,
nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach…Eine schwer zu verkraftende
Zumutung!
2. Kein Leben ohne Leiden.
Solche Art "Zumutung" können wir nur dann verstehen, wenn wir den Text des
Evangeliums weiter lesen. Da spricht Jesus davon, dass es dem Menschen
nichts nützt, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber sein Leben verliert; dass
es besser ist, sein Leben um seinetwillen zu verlieren, um es auf neue Weise
zu gewinnen…
Dahinter steckt die Vermutung, als gehöre es zu den Urtrieben des Menschen,
die ganze Welt gewinnen zu wollen. Aber was heißt: "ganze Welt"? Man könnte
andere Ausdrücke dafür benutzen: Reichtum, Wohlstand, Karriere, Einfluss und
Macht. Es geht um das Spaß-haben auf allen Ebenen und in allen Bereichen, um
Gesundheit und Wellness. Bei solchen Bestrebungen, in denen es um das
"Wohlsein" geht, zeigen sich allzu schnell deren Schattenseiten. Sie
offenbaren sich in Reaktionen wie: Mobbing, Konkurrenzkampf, Gegnerschaft,
Neid, Eifersucht, Dummheit, Lüge, Gewalt… Wird nicht das Zusammenleben der
Menschen auf weiten Strecken von solchen Verhaltensweisen bestimmt?
Ohne dass wir es wollen oder beabsichtigen – es geschieht viel Böses unter
uns Menschen. Wenn es um den eigenen Vorteil geht, dann schießen
Missverständnisse, unbegreifliche Vorurteile, Verdächtigungen und subtile
Gehässigkeiten wie Pilze aus dem Boden. Wenn wir dann noch, darüber hinaus,
Tsunamis, Stürme und vernichtende Naturkatastrophen erleben, dann wissen
wir: wir Menschen sind auch noch, neben allem Persönlichen, Teil und
Bestandteil einer unerlösten Welt. Und die Fragen wiederholen sich: warum
gibt es die vielen abgründigen Nöte? Warum sind die Menschen der
wohlhabenden Länder genauso, wenn auch auf andere Weise, betroffen wie die
der armen und unterentwickelten? Warum gibt es keine befriedigende Erklärung
für das Böse in der Welt – unabhängig davon, wie es sich zeigt: in Form von
Dummheit, Lüge, Gewalt? Warum ist die Welt so, wie sie ist? Warum gibt uns
auch der Glaube keine Antwort, die uns zufrieden stellt?
3. Im Kreuztragen das Leben finden.
Das Evangelium macht uns nichts vor. Es geht davon aus, dass die Welt, so
wie sie ist, eine gefallene und unerlöste Schöpfung ist. Wir Menschen sind
Teil und Bestandteil in ihr. Deshalb ist jedes Menschenleben vom Kreuz
bestimmt. Die Versuchung ist groß, in den Gütern dieser Welt das Heil zu
suchen. Oder die Welt dadurch erlöster zu machen, dass über Kreuz und Leiden
immer wieder neue Fragen gestellt und sich widersprechende Theorien
entwickelt werden. Es führt dazu, die Welt auf verschiedenste Weise zu
interpretieren. Aber verändert wird dabei nichts.
Deshalb das Gebot: nehme dein Kreuz auf dich! Im Leiden ist der Mensch
aufgerufen, sich nicht zu sehr auf die Güter dieser Welt oder irgendwelche
Theorien zu verlassen. "Bekehrung, "Veränderung" geschehen dadurch, dass
jeder sein Kreuz auf sich nimmt. Es wäre sogar gefährlich, sollte es dem
Menschen gelingen, die ganze Welt zu gewinnen…
Daraus spricht eine tiefe Menschenkenntnis und Welterfahrung. Wir Menschen
neigen dazu, unsere Hoffnung und alle unsere Erwartungen auf die Güter
dieser Welt zu richten. Für uns sind sie alles. Wir laufen ihnen nach – so,
als könnte man nur in ihnen den Sinn des Lebens finden. Die Konsequenzen
solch "materialistischen Verhaltens" sind bekannt. Es beginnt der oft
brutale Kampf ums Dasein. Die Menschen in diesem Kampf ums "goldene Kalb"
werden oberflächlich und gemein. Es wachsen und gedeihen ihre niederen
Triebe: Habsucht, Genusssucht, Eifersucht, Herrschsucht…
Wenn es auch falsch ist, einem Menschen Kreuz und Leid zu wünschen, so
eröffnen sich in jeder Passion dennoch Chancen, das Leben mit anderen Augen
zu sehen als bisher. Wesentliches wird erkannt. Werte werden entdeckt, die
nicht leicht vom Rost und von Motten zerfressen werden können. Höhere Motive
und Kräfte werden frei gesetzt. Die Konzentration auf Wesentliches
geschieht, auf ewig Gültiges, schließlich auf die Frage nach Gott. Heinrich
Seuse resümiert diesen Vorgang in der Frage: "Wer nicht gelitten hat, was
weiß denn der"? -
Das Leiden galt schon immer als Nest des Atheismus, aber auch als Anfang
eines neuen Lebens. Vom Letzteren geht das Evangelium aus. Im Leben Jesu
wird uns deutlich vor Augen geführt, dass jeder Heilung eine Krankheit, dass
dem Ostermorgen der Karfreitag vorausgeht. Es gibt kein Leben ohne Leiden.
Im Leiden wird dem Menschen der Schlüssel zu einem neuen Leben geschenkt –
zu einem wesentlich gelebten Leben. Darin schlummert die Sehnsucht nach
Unsterblichkeit. Entsprechend lautet die Botschaft Jesu: Menschen sind nicht
nur für das Leben bestimmt. Sie sollen das Leben in Fülle haben.
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