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Unglaublich, was Christen glauben (IX).
Mai 2004
Es gibt ein plattdeutsches Märchen vom "Fischer und seiner Frau".
Der biedere Fischer hat einen verzauberten Fisch, den Butt, freigelassen.
Dieser erfüllt daraufhin die Forderungen der unersättlichen und
größenwahnsinnigen Frau des Fischers, die in einer erbärmlichen Hütte wohnt.
Zunächst verschafft er ihr ein schönes Steinhaus, dann ein Schloß. Dann
macht er sie zur Königin, Kaiserin, zuletzt sogar zur Päpstin. Aber stets
unzufrieden mit ihrem Reichtum und ihrem Glück, muß der Butt ihr eine letzte
Bitte erfüllen: sie will wie der liebe Gott werden! Und die Reaktion des
Butt: geh´ wieder zurück in deine erbärmliche Hütte!
Die Erklärung dieser Geschichte ist vieldeutig. Auf den ersten
Blick wird die Fischersfrau für ihren Übermut bestraft. Sie hat zu hoch
gepokert! Deshalb muß sie zurück in ihr erbärmliches Leben. -
Bei näherem Zusehen jedoch deutet sich eine andere Sicht der Dinge an: der
Fischersfrau wurde tatsächlich der letzte Wunsch erfüllt! Sie ist wie Gott
geworden. Aber Gott bedarf nicht der Schätze und Reichtümer dieser Welt.
Wenn der Mensch das Göttliche in sich verkörpert; wenn er Gott gefunden hat,
ist er nicht mehr auf Reichtum, Ehre, Macht, Glanz und Gloria angewiesen.
All das braucht Gottes Macht und Wirken nicht. Ohne das alles kommt er ans
Ziel. Deshalb konnte er auch als mittelloser Wanderprediger durch Galiläa
ziehen, sich mit Fischern, Zöllnern, einfachen Frauen und Männern abgeben,
sich sogar dem Spott und der Hinrichtung seiner mächtigen und einflußreichen
Gegner überantworten. Gottes Wirken ist anders als das der Menschen. Er
macht sogar die Klugheit der Klugen und die Weisheit der Weisen zunichte.
IX. Der Glaube an das mächtige Wirken des heiligen Geistes.
1. Religiöses Denken ist nicht "reine Vernunft".
Von Werner Heisenberg stammt ein Wort, welches den Wandel des
"religiösen Denkens" der Menschheit seit Jahrtausenden zum "vernünftigen
Denken" der Aufklärung kennzeichnet. Er schreibt: "Während im Mittelalter
das, was wir heutzutage die symbolische Bedeutung einer Sprache nennen, in
einer gewissen Weise die primäre Wirklichkeit war, verwandelt sich diese
Wirklichkeit in das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können" (in
Physik und Philosophie).
Heisenberg unterscheidet hier zwischen zwei grundverschiedenen
Denkweisen: die eine ist "vernünftig", durch "rationales
Argumentieren" bestimmt, die andere ist "symbolisch". Der Unterschied
mag wieder an einem Beispiel verdeutlicht werden. Ein Holzhändler
geht durch einen Wald. Er sucht die Nutzhölzer aus, die er braucht, um seine
Möbel zimmern zu können. Sein Blick ist also "zweckgerichtet"; er verfolgt
ein bestimmtes Ziel. Es geht um sein Geschäft, um die Ausübung seines
Berufes, schließlich ums Geldverdienen.
Ganz anders ist der Blick des afrikanischen Dichters B. Diop, der
sein "Walderlebnis" wie folgt beschreibt: "Erlausche nur geschwind/ die
Wesen in den Dingen./ Hör sie im Feuer singen/ hör sie im Wasser mahnen/ und
lausche in den Wind:/ das ist der Hauch der Ahnen".-
Dieses Walderlebnis ist alles andere als zweckgerichtet. Hier läßt sich
jemand hörend auf die Sprache der Natur ein. Mit den "Wesen der Dinge" fühlt
er sich vertraut; er erlebt sich selbst in Ruhe und Geborgenheit als ein
mitschwingendes und ahnendes Wesen. Er ist ein Teil vom Ganzen der Natur.
Mit den Ahnen sieht er sich in einem großen Lebenszusammenhang. Er ist nicht
einsam und allein. Denn hinter allem waltet und west ein großartiger
Gleichklang, eine vielgestaltige Symphonie. In ihr hat jedes Teil der
Schöpfung seinen Platz und seine Rolle, findet Glück und Harmonie. Wer sich
im großen Geschehen der Welt und der Schöpfung auf sich selbst einläßt; wer
sich eingefügt in einen vorgegebenen universalen Zusammenhang, der "glaubt"
nicht mehr an eine Ahnenwelt oder an einen Gott in Buchstaben und Sätzen,
sondern er "weiß" darum. Er "weiß" mit Sicherheit um das Richtige und Wahre,
ohne beweisen und argumentieren zu müssen. Es ist wie eine "innere Stimme",
die sein Leben bestimmt und jede menschliche Logik weit hinter sich läßt.
Wer solche religiöse Erfahrung gemacht hat - sei es in der Natur oder
im eigenen Leben - , dessen Gedanken verlaufen ganz anders als menschliche
Ambitionen sie vorgeben. Nach L. Wittgenstein können diese sogar den
"Tod des Denkens" zur Folge haben. Die Philosophin Edith Stein war
zunächst konzentriert und fasziniert vom logischen Denken in strenger
Wissenschaftlichkeit. Aber ihr Leben mündete in eine persönliche
Betroffenheit - ausgelöst durch das schwere Kreuzesschicksal ihrer
Bekannten, Frau Reinach. Ihre Erschütterung führte dazu, daß sie ihre
gesamte Philosophie als "naive Selbsttäuschung" empfand. Ihr Leben wurde von
nun an von einer "negativen Theologie" bestimmt. Für sie gab es nur noch
eine "getane Wahrheit". Sie schreibt: "Erkennen und Künden gehören zusammen.
Aber je höher die Erkenntnis ist, desto dunkler und geheimnisvoller ist sie,
desto weniger ist es möglich, sie in Worte zu fassen. Der Aufstieg zu Gott
ist ein Aufstieg ins Dunkel und Schweigen".-
Diese Dunkelheit ist keine Dunkelheit der Vezweiflung oder Depression,
sondern eine Einsicht in die menschliche Unfähigkeit, Gott näher zu kommen.
Es ist eine Dunkelheit der Sinne, des Geistes, sogar des Glaubens. Erst in
der Erfahrung menschlichen Ungenügens leuchtet ein neues Licht auf, eine
tiefere Einsicht und Erkenntnis. Es ist der Beginn der "eigentlichen
Gotteserkenntnis".
Edith Stein ist bei ihrem Denken offensichtlich an eine
Vernunft-Grenze gestoßen, die der anderer großer Geister sehr ähnlich
ist. So hat Thomas von Aquin seine gesamte Theologie als "leeres
Stroh" bezeichnet. Und L. Wittgenstein kommt zu der lapidaren
Feststellung: "Die Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung
irgendeines schlichten Unsinns". Und an anderer Stelle: "Wir fühlen, daß
selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind,
unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind". Friedrich
Nietzsche will Vieles gar nicht erst wissen. Er meint, der Erkenntnis
müßten freiwillig Grenzen gegenüber dem Unsagbaren gezogen werden...
2. Religiöses Wissen ist eher "Nicht-Wissen".
Aus der Religionsgeschichte ließen sich noch viele andere Beispiele
erläutern, die gegenüber dem "Unsagbaren" dem "religiös-symbolischen Denken"
den Vorzug geben. Es zeigt eigentlich, daß Gott "ganz anders" ist als
menschliche Vorstellungskraft. Die Menschen müssen einen Sensus, eine
"Antenne" dafür entwickeln. Wer dagegen Gott "vernünftig" zu erfassen
versucht; wer die Schriften des AT´s und NT´s als naturwissenschaftliche
oder historische Dokumente "logisch" versteht und betrachtet; wer ebenso die
Gleichnisse Jesu "theologisch-eindeutig" und "zweifelsfrei" erklärt; wer auf
diese oder andere Weise dogmatisch fixiert ist und bleibt, der muß eines
Tages die ernüchternde Erfahrung machen, daß ihm die "theologische Vernunft"
immer wieder Streiche spielt. Denn mit seiner "Vernunft" befindet er sich
auf einem Holzweg. Weil er beansprucht, die "einzig richtige Antwort" auf
eine Frage zu wissen oder die "einzig richtige Auslegung" einer biblischen
Geschichte zu kennen, muß er sich im Laufe der Zeit immer wieder andere
Auslegungsmöglichkeiten einfallen lassen.
Theologisch läuft er mit seinen "neuen Interpretationen" der Zeit hinterher,
ohne sie einholen zu können. Bei seinem stringend- logischen Argumentieren,
welches aufgeschlossen und "zeitnah" zu sein beansprucht, hat er Eines nicht
begriffen: auch bei den Gleichnissen Jesu geht es nicht um "richtig" oder
"falsch", sondern um die Frage, wie ein Mensch sich mit ihnen zu
identifizieren vermag, wie er sich selbst versteht und begreift; wie er
selbst seinen "Ort" und Selbstverständnis im Ganzen des Schöpfungs- und
Erlösungsgeschehens Gottes ausfindig macht...
3. Der Geist des Unbequemen, des Unangepaßten, des Grenzen Sprengenden.
Wer vom "Geist Gottes" als einem "zentralen Glaubensbekenntnis" der Christen
redet, muß sich auf das Aufbrechen von Denkblockaden, von geistigen
Verödungen und Versteppungen, von Denksklavereien und -verkrustungen gefaßt
machen. Nach S. Kierkegaard ist die Ethik der eigentliche
"Ort" und die Basis der Kommunikation Gottes mit den Menschen. Nach ihm hat
Jesus nicht die Dozenten erfunden, die das Christentum zur "Lehre" gemacht
haben. Das Christentum ist niemals nur "Lehre" oder "intellektueller Kampf".
Der Geist Gottes "desillusioniert". Er führt ins Leben, in den Kampf, in die
Lebens-Auseinandersetzung, in die Fremde, in die Verbannung, in das Leiden.
Darin wird dem Menschen Licht geschenkt und Vergebung. Der Mensch, so vom
Geist Gottes geleitet, wird dabei selbst "Geist", indem er Nebensächliches
als nebensächlich begreift, auf Wesentliches und Bleibendes sein Augenmerk
richtet...
In Kampf und Auseinandersetzungen mit den "Zeichen der Zeit" - der
eigentlichen "Sprache Gottes mit den Menschen" - muß der Mensch alle
Ereignisse des Lebens und der Welt "symbolisch" zu denken und "christlich"
zu bewältigen lernen. Aber Gott fordert nicht nur durch die "Zeichen der
Zeit" heraus; er "verquickt" sie auch mit Seinem Wirken und Beistand. Dieser
ist nicht ein für allemal in Worte zu fassen, ist nicht festgelegt wie ein
"Fahrplan" mit genauer Angabe des "Zielbahnhofs", sondern immer nur
geeignet, die nächsten Schritte im Leben zu tun. Für den Menschen geht es um
das "Erahnen" und schrittweise Erkennen des verborgenen Sinns der Welt, der
geistigen "Urkraft", die allem Geschehen von Anfang an innewohnt.
Während der Mensch dauernd auf der Suche nach Heimat und Geborgenheit ist,
nach Sicherheit und Erdgebundenheit, nach fertigen Antworten in
abgeschlossenen geistigen Systemen, ist der Geist Gottes eher der
Vorantreibende nach neuen Horizonten und Ufern. Das macht sein Wirken
unbequem und "aufmüpfig". Denn dem Menschen wird dabei aufgegeben, auf
keiner Stufe zu ruhen - auch in keinem noch so gut durchdachten und
abgesicherten Glaubenssystem. Das macht auch jeden kirchenamtlichen Anspruch
auf "Unfehlbarkeit" fragwürdig. Denn kein Satz, kein Zeugnis, keine
Überzeugung kann groß genug sein, um sich dispensieren zu können von der
Notwendigkeit der "offenen Augen und Ohren" gegenüber den Abläufen der
jeweiligen Zeit.
Weil es im Christentum immer um die "Zeichen der Zeit" geht, um das Wohl des
Menschen und das Heil der Welt, müssen diese konkret im Blick behalten
werden. Die "Antrittsrede" Jesu in seiner Vaterstadt ist bereits
bezeichnend: "Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich
gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht
bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das
Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr
des Herrn ausrufe" (Lk 4,18-19).
Als die frommen Gläubigen dies und anderes zu hören bekamen, gerieten sie in
Wut (Lk 4.28). Das alles paßte nicht in ihr herkömmliches religiöses Denken.
Ebenso war es mit der Pfingstrede des Petrus. Da spricht Gott: "Ich werde
von meinem Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden
Propheten sein, eure jungen Männer werden Visionen haben, und eure Alten
werden Träume haben. Auch über meine Knechte und Mägde werde ich von meinem
Geist ausgießen in jenen Tagen, und sie werden Propheten sein. Ich werde
Wunder erscheinen lassen droben am Himmel und Zeichen unter der Erde: Blut
und Feuer und qualmenden Rauch. Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln
und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und herrliche
Tag. Und es wird geschehen: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird
gerettet" (Apg 2.17-21).
Genau diesen Geist will Jesus denen geben, "die an ihn glauben" (Joh 7.39).
Jesus hat immer wieder gezeigt, daß es sich beim Geist Gottes um eine Kraft
handelt, der Fesseln sprengt; der jede Enge und Engstirnigkeit überwindet;
der weit über das hinauswirkt, was Menschen sich auszudenken und
vorzustellen vermögen. Vor allem geht es ihm immer um den Menschen. Dies
kann nicht einfach durch eine fromme Rede gewährleistet sein, durch einen
Aufruf und Appell zu mehr "Glaube" und "Glaubwürdigkeit". Alle Maßnahmen
genügen nicht oder gehen ins Leere, wenn die innere Dynamik und Kraft
nicht begriffen werden, die jedem Menschen und dem ganzen Weltgeschehen
innewohnen. Wo sie nicht begriffen werden, erweisen sich noch so
wortgewaltige Prediger und Akteure als "Geisterfahrer in der falschen
Richtung".
Was die innere Werdedynamik des Menschen betrifft, so wurde jedem
eine Gabe gegeben: die Gabe der Weisheit oder der Lehre, der Glaubenskraft
oder des Heilens, der prophetischen Rede oder der Wunderkraft, der
Unterscheidung der Geistes oder Zungenrede... "Dies alles bewirkt ein und
derselbe Geist; einem jeden teilt er eine besondere Gabe zu, wie er will" (1
Kor 12.11; vgl auch das Gleichnis mit den Talenten: Mt 25.15-28).
Aus solcher Sicht heraus könnte man von einer Pädagogik Gottes mit den
Menschen sprechen. Diese hat nichts mit Dressur und wenig mit Regelungen
zu tun, sondern mit dem Wachsen und Reifen des einzelnen zu innerer Freiheit
und eigener Befähigung. Dabei kann der Mensch sinnvoll eigentlich nichts
anderes mit-wirken als im Sinne Gottes hellwach und sehend zu bleiben. Nicht
zu Unrecht haben frühere Theologen in der geistigen Trägheit die größte
Sünde des Menschen erkannt. Sie kann nicht verziehen werden; denn es ist
eine Sünde "wider den Geist" (vgl. Mt 12.31-32).-
4. Einige Impulse, denen jeder religiös wache Christ ausgesetzt ist.
Von Helmut Thielicke stammt das Wort: "Christliche Sattheit ist
schlimmer als hungriges Heidentum". Wenn nämlich davon ausgegangen werden
muß, daß das Wirken des heiligen Geistes in der ganzen Schöpfung auf
wirksame, aber auch unaufdringliche Weise geschieht, bedarf es
auf Seiten des Menschen einer besonderen Offenheit und Wachheit, um
dieses Wirken erahnen bzw. "begreifen" zu können. Menschen aller Zeiten und
Religionen berichten darüber, daß dieses Wirken sie erreicht hat in Zeiten
besonderer Betroffenheit, in Umbruchs- und Krisensituationen. In
konkreten Lebenslagen sei ihnen eine Hoffnung und Ahnung aufgegangen von
einem "ganz Anderen". E. Stein spricht vom "Angerührtsein von einer
anderen Welt".
Lebenslagen, die eine besondere Aufmerksamkeit hervorgerufen haben
und hervorrufen, können sein:
- 4.1 Der Umgang mit der Natur. Naturereignisse wie der
Sternenhimmel, das Brausen des Meeres, die aufgehende Sonne, das Rauschen
der Wälder, die Buntheit der Naturfarben und die Mannigfaltigkeit ihrer
Formen... - das alles sind "Anlässe" zum Nach-Denken und
Sich-aufgehoben-wisssen in einem großen sinnvollen Lebenszusammenhang.
- 4.2 Zeiten besonderer Gottverlassenheit, Gottesfinsternis und
Glaubenszweifel. Diese werden gewöhnlich in Krisenerfahrungen ausgelöst,
in Lebenskatastrophen, in Krankheiten, in Leid und Todesgefahren. Dann
werden nicht nur Zweifel geweckt am bisher Geglaubten, sondern diese
können auch zu einem Stachel und Ansporn für ein tieferes Begreifen
und Verstehen von Lebenszusammenhängen werden. Viele gehen innerlich
gestärkt und auf ungeahnte Weise ermutigt aus solchen Situationen hervor.
- 4.3 Das Betrachten von Kunstwerken und das Lesen von Büchern. In
allen Kulturen und Religionen gibt es alte und moderne Gebets-, Lieder- und
Dichtertexte; es gibt Bilder und Photos, in denen Menschen ihre hellen und
dunklen (Gottes)erfahrungen besingen oder beklagen. Beim Lesen oder
Betrachten vermögen sie zweierlei auszulösen: Identitäts- oder
Distanzierungsmechanismen. Menschen finden darin "ihr Eigenes", ihre
ureigene (religiöse) Sprache und Vorstellungswelt. Dabei wachsen
Selbstwertgefühl, Standfestigkeit, Selbstbewußtsein, Gesprächs-,
Gemeinschafts- und Gemeindefähigkeit (vgl.Apg 2,1-13).
- 4.4 Krisen- und Aufbruchszeiten bei sich distanzierenden pubertierenden
und "rebellierenden" Jugendlichen. Diese können als Antrieb dafür
verstanden werden, daß von jungen Menschen die Lebensfragen, die für
Erwachsene bereits "klar" und "eindeutig" sind, als nicht klar und eindeutig
ansehen werden. Was bei Erwachsenen leicht Panik und Katastrophenstimmung
auszulösen vermag, sind für Jugendliche Aufgabe und Antrieb, ihr Leben
selbst in die Hand zu nehmen und "Zukunft" zu gestalten - mit allen darin
liegenden Risiken und Chancen.
- 4.5 Krisen im Christentum und in den Kirchen. Die einen kehren
deren Symptome einfach unter den Tisch. Sie greifen auf alte Muster und
Handlungsweisen zurück: auf religiös-traditionelle Festlichkeiten,
Massenveranstaltungen, Jugendfestivals, Wallfahrten usw. - Ohne deren
(relative) Bedeutung zu leugnen, erwecken sie doch den Eindruck: da wird ein
"neuer Wein" versucht, aber die "alten Schläuche" bleiben (Mt 9,17). Solche
Fahrten "in die Zukunft" erweisen sich meistens als Irr- und Geisterfahrten
- von denen am spätesten erkannt, die sich zuvor als "hartnäckig im Guten"
besonders hervortaten.
Andere sehen in Krisenzeiten Katastrophenzeiten, ohne die
Chance zu erkennen, die sich darin verbirgt. Denn in Wirklichkeit sind sie
immer eine Mahnung an die Menschen, daß es nicht genügt, bei Vergangenem
stehen zu bleiben. Gottes allmächtiges Wirken ist niemals Genüge getan.
Seine Wege und Weisungen führen immer in eine andere Zeit, an andere Ufer
und Horizonte. Für den Menschen stellen sie ungeahnte und ungewollte
Herausforderungen dar, die es zu bewältigen gilt. Dabei ist und bleibt "die
größte Sünde" wider das Wirken des heiligen Geistes.
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