Das Leben ist Vorbereitung auf eine Hochzeit.
(Nach Mt 22.1-14; Ev. vom 28. Sonntag im Jahr A)
Oktober 2011
In seinen Predigten scheint Jesus wenig philosophisch oder theologisch
begabt. Wenigstens nicht in unserem Sinne. Wenn er es gewesen wäre, würde er
einen komplizierten Vortrag halten über die "Auferstehung" und über all die
Fragen, die Theologen und Kirchen beschäftigen: Auferstehung mit Leib und
Seele? Oder zuerst mit der Seele? Oder doch eher "Wiedergeburt", wie es die
Buddhisten lehren?... Am Ende würden die Zuhörer/Innen sagen: Da steh ich
nun, ich armer Tor und bin so klug wie je zuvor...
Jesus bedient sich – statt komplizierter Vorträge und Definitionen – der
Geschichten und Gleichnisse. Im Evangelium heute ist von der Hochzeit des
Königssohnes die Rede, bei der alles getan wird, um sie gut vorzubereiten.
Ochsen und Mastkälber werden geschlachtet... Nachdem alles perfekt
vorbereitet ist, werden alle vorgesehenen Gäste eingeladen. Diese wollen
aber nicht kommen. Sie täuschen alle möglichen Entschuldigungen vor: sie
müssen das Feld bestellen oder in den Laden gehen... Sie schicken die
Knechte des Königs weg und töten sie sogar. Offensichtlich sind sie zu
aufdringlich geworden gegenüber den unwilligen Eingeladenen, sind ihnen auf
die Nerven gegangen. Zum Schluß bleibt dem König nichts anderes übrig als
diejenigen zur Hochzeit zuzulassen, die vorher nicht geladen waren. –
Warum wollten die ursprünglich Geladenen nicht zur Hochzeit des Königs
gehen? Wie heute, waren auch damals die Hochzeiten sehr beliebt, die
Geladenen fühlten sich geehrt und feierten manchmal drei Tage und drei
Nächte lang. Warum schlugen sie trotzdem die Einladung aus? War der König
unbeliebt? Zur Hochzeit mussten sie sich angemessen vorbereiten. Sie mussten
sich ordentlich waschen, was in einer wasserarmen Gegend nicht leicht war.
Sie mussten saubere Kleider tragen und ein Geschenk besorgen. Vielleicht
fürchteten sie auch, beim Hochzeitsmahl mit Menschen an einem Tisch sitzen
zu müssen, die ihre Feinde waren, mit denen sie nicht reden wollten und die
unversöhnlich waren. Ohne notwendige innere und äußere Vorbereitung hätte
dass Feiern zu einem langweiligen und ermüdenden Zusammensein führen können.
Alte Rivalitäten und Feindschaften hätten aufleben können...
Es gab also gute Gründe, nicht hinzugehen. Die dem Feld und dem Laden den
Vorzug gaben – das Evangelium lässt bei ihnen vermuten, dass es Menschen
kennt, die zwar hervorragend ihre Garten- und Berufsarbeit verrichten, aber
unfähig und unwillig sind, das Leben und Zusammenleben mit anderen in
Frieden und Versöhnungsbereitschaft zu gestalten. Wo normale
Lebensvoraussetzungen nicht gegeben sind, kann das Feiern zu einer Plage
werden. Dennoch: zur Hochzeit fordert der König die äußere Sauberkeit und
die innere Bereitschaft der Aussöhnung und gegenseitigen Achtung. Es kommt
nicht nur auf Äußerlichkeiten an, sondern auch auf die Bereitschaft zu
friedlichem Zusammensein.
Das Evangelium weist auf all das hin, was nötig ist, um in den Hochzeitssaal
eingelassen zu werden. Es meint eigentlich das ganze Leben des Menschen. Es
wird vom Anfang bis zum Ende als Vorbereitung auf eine Hochzeit verstanden.
Was normalerweise "Auferstehung" heißt, wird hier als "Hochzeit"
beschrieben. Die Gefahr bei der lebenslangen Vorbereitung auf die Hochzeit
besteht darin, dass Menschen bei aller Tüchtigkeit im Leben, bei Feld- und
Berufsarbeit leicht in Bagatellgeschichten und Engstirnigkeiten
hineingeraten können. In den banalen Alltäglichkeiten kann die Linie des
Lebens aus dem Auge verloren gehen, eben Ziel und Sinn des Lebens überhaupt.
Alltagserwartungen werden dann zu wichtigsten Zielen, die es zu erreichen
gilt.
Wo dies in einer perfekten und stressigen Arbeitwelt geschieht, ist keine
Zeit mehr für Ruhe, Muße, für Ewiges und Endgültiges. Und doch ist jedem
Menschen die Aufgabe dazu gestellt. Weil jedem Menschen die Möglichkeit dazu
gegeben wird, kann es sogar sein, dass am Ende jene berufen werden, die
nicht auserwählt waren. Es kann geschehen, was das Evangelium sagt: Viele
sind berufen, aber nur wenige auserwählt.
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