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Sonntagsgedanken für den Alltag (4):
"Purpurträger" – für viele ein Hindernis des Glaubens.
(Nach Lk 23.35-43; Ev.v.So. "Christkönig" C)
Dezember 2010
Am Sonntag "Christkönig" wird ein Evangelium verlesen, welches nichts mit
Königswürde und Hoheit zu tun hat, sondern mit Schmach und Erniedrigung.
Jesus stirbt am Kreuz, verspottet von den Soldaten und aufgehängt zwischen
Verbrechern. Auf grausame und erniedrigende Weise spielt sich ab, was Jesus
dem Pilatus gesagt hatte: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt!" - Jesus
will kein König von dieser Welt sein!
Warum eigentlich nicht? Er könnte doch mit Macht und Einfluss durchsetzen,
was er gepredigt und gelehrt hat! Er könnte alle unsere Probleme lösen bzw.
lösen helfen!... Aber all das will Jesus nicht. Er will kein König von
dieser Welt sein! Dadurch gibt er zu verstehen, dass sich Macht und Einfluss
in dieser Welt allzu leicht mit menschlichen Ambitionen verbünden. Sie
heißen: stets auf den ersten Plätzen sitzen wollen; sich von allen begrüßen
und verehren lassen wollen; wegen der eigenen Wichtigkeit Purpurgewänder
tragen; sich selbst überschätzen und das Volk als Kulisse der eigenen Macht
und Herrlichkeit missbrauchen; sich als Exzellenz, Eminenz, heiliger Vater
anreden lassen...
Jesus will ein solcher "König" nicht sein. Auch von seinen Jüngern hat er
eher verlangt, täglich das Kreuz des Lebens und Leidens auf sich zu nehmen
statt Purpurträger zu sein. – In den Tagen des November 2010 wurde in vielen
Zeitungen und Broschüren das Verhalten des jungen Bischofs von Limburg bis
in Einzelheiten hinein geschildert. Er gilt als arrogant und eigenmächtig.
Seine Philosophie scheint zu lauten: wenn Jesus kein König von dieser Welt
sein wollte, dann mache ich mich zum König über meine Herde! Dabei nimmt er
sich selbst sehr wichtig und niemanden sonst; auch nicht verantwortliche
Männer und Frauen. Goethe hat es schon gewusst: Es steht schlimm um eine
Herde, wenn der Hirte selbst ein Schaf ist!
Im November 2010 hat der Papst neu ernannten Kardinälen die Purpurwürde
erteilt. Was sind das für Leute? Nach welchen oberhoheitlichen Kriterien
werden sie ausgesucht? Werden sie sich auch wie Könige von dieser Welt
benehmen, wie es die Großen dieser Welt oft tun? Sind es Ja-Sager "nach
oben" – Menschen, die kein eigenes Gewissen haben, kein Rückgrat, keine
Wirbelsäule?
Katholiken wurden Jahrhunderte lang dazu angeleitet, solchen Königen von
dieser Welt Gehorsam und Hochachtung zu erweisen. Diese haben in ihrem
Glauben an sich selbst nicht gemerkt, dass sie bei all ihrem Purpur und
roten Socken zu Hindernissen des Glaubens für viele geworden sind. Keine
Kirche kann es sich erlauben, auf der einen Seite zum Lesen der Bibel zu
ermutigen und gleichzeitig das Gegenteil von dem zu tun, was darin zu lesen
ist. Heute wälzt sich die Welle der Bedenkenträger wie ein Sturmwind über
das Land und durch die Kirche. Limburg, München, Augsburg, Regensburg,
Köln... sind Beispiele für Widerstand und hoffentlich nicht für Ergebung.
Die Geschichte spricht Bände darüber, wie Könige dieser Welt sich in ihre
Rolle hinein zu verlieben vermögen. Im Glauben an ihr "Gottesgnadentum"
nehmen sie nicht mehr wahr, dass sie dem zu dienen haben, der nicht König
von dieser Welt sein wollte. Ihr Auftrag wäre es, nicht wie Purpurträger in
der Welt herumzulaufen, sondern in Einfachheit und Schlichtheit den Menschen
glaubhaft die Augen und Ohren für die Diesseitigkeit und Jenseitigkeit
Gottes zu öffnen.
Im November 2010 haben jüdische Männer und Frauen in den Medien berichtet,
wie sie vor den Nazis gerettet wurden. Damals waren sie erst 10 oder 12
Jahre alt. Einfache Bauernfamilien in Deutschland und Polen, Nonnenklöster,
Handwerker... haben die jüdischen Kinder jahrelang versteckt gehalten –
dauernd Todesängste durchstehend und durchlebend. Denn wären sie entdeckt
worden, sie wären genauso umgebracht worden wie die versteckten Kinder. Aus
biblischer Sicht sind solche Retter die eigentlichen "Purpurträger". Ihnen
gebührt Ehre und Ruhm. Doch wie es in der Welt ist, so auch in der Kirche:
die im Lichte sind, die sieht man nicht...
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