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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Sonntagsgedanken für den Alltag (7):
Der Friede: Meisterstück religiöser Vernunft.

(Nach Mt 5.1-12a; Ev. v. 4. So. im Jahr A)

Februar 2011

Die Bergpredigt gilt allgemein als ein Kernstück in der Predigt Jesu. Ein zentraler, stets aufgegriffener und diskutierter Satz ist die Seligsprechung der "Friedfertigen": "Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne (und Töchter) Gottes genannt werden".

Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt soll einmal den Ausspruch getan haben, die Bergpredigt sei für das politische Geschäft wenig geeignet. Tatsächlich hat Jesus keine Politiker vor sich gehabt, als er zum Frieden aufrief. Überhaupt kann man sich im ganzen Evangelium des Eindrucks nicht erwehren, dass Jesus wenig Vertrauen hatte zu den Mächtigen, die noch mächtiger werden wollen; zu den Reichen, die stets darauf bedacht sind, noch reicher zu werden; zu den Starken, die zu jeder Zeit von ihren Fäusten und Schießeisen Gebrauch zu machen pflegen; zu denen, die immer gern die ersten Plätze für sich beanspruchen…

Vielleicht hat Schmidt dasselbe wie Jesus gemeint: es gibt Menschen, die "von Natur aus" und bei ihren persönlichen Ambitionen ungeeignet für den Frieden sind. Sie greifen stets zu gewalttätigen Maßnahmen – zum Schwert - , oder schließen sich Ideologien und Seilschaften an, die ihnen und ihrer Karriere von Nutzen sind. Dass ihr Verhalten auf religiösem oder politischem Gebiet nicht besonders überzeugend ist, sogar kontraproduktiv, wollen sie in ihrer Selbstgefälligkeit nicht wahr haben. –

Jesus hat sich offensichtlich nicht an Menschen gewandt, die krankhaft auf sich selbst bedacht sind; für die der Friede nichts anderes ist als die Fortsetzung eigener Ambitionen mit oft schwer durchschaubaren Mitteln. Dem gegenüber ist Friede eine Tugend, eine menschliche Fertigkeit, ein Können, eine Geisteshaltung, eine Neigung zu Güte, Verstehensbereitschaft, Vertrauen und Gerechtigkeit (wie es Baruch Spinoza formuliert hat). Friede ist eine hoch entwickelte Fähigkeit zu Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit. Wie jedes hohe Gut, wie jeder groß gewachsene Baum fängt der Friede "klein" an. Er muß von Kindesbeinen an, in den unauffälligen Angelegenheiten des Lebens, gelernt werden.

Jesus weiß das. Er wendet sich meistens an diejenigen, die in den kleinen Dingen des Alltags friedfertig zu sein vermögen. Es sind diejenigen, die traurig sind über den unerlösten Zustand der Welt und die kindisch-unreifen Verhaltensweisen der Menschen. Es sind diejenigen, die hungern und dürsten nach einer Gerechtigkeit, die "anders" ist als die der Egoisten; auf die jeder Mensch ein Recht hat.

Jesus richtet seine Bergpredigt an die Kleinen und Einfachen, nicht an die Satten und Selbstgerechten. Auch Paulus hat in der Gefolgschaft Jesu die "Berufenen" nicht unter den "vielen Weisen im irdischen Sinne" entdeckt, nicht unter den vielen Mächtigen und Vornehmen. Nach ihm hat Gott "das Törichte und Schwache in der Welt erwählt, um die Weisen und Starken zuschanden zu machen" (vgl. 1Kor 1.26-31). Mit anderen Worten: Jesus vertraut auf die Kraft und innere Stärke des einfachen Volkes, welches weniger durch Ideologien und "Lehrsysteme" als viel mehr in der Härte des Alltags zu seinen Einsichten gekommen ist. Ob solche Kräfte in der Kirche jemals ein Gewicht bekommen?

In der Kirche, so wie sie ist, wird seit 50 Jahren immer wieder vom "Dialog" gesprochen, der allerdings nie recht zustande kommt. Denn zwei Denkansätze stehen sich unversöhnlich gegenüber: für die einen ist der Klerus (Papst, Bischöfe und Priester) "die Kirche"; für "Untertänige" je nach Rang und Würde sind Treue-Eide, Gehorsam und Untertänigkeit angesagt; erst recht für "die Laien". – Für die anderen ist die Kirche das "wandernde Volk Gottes", wie es in der Zeit vor Johannes Paul II. und Benedikt VI. noch "zukunftsoffen" gedacht wurde. Das wandernde Volk Gottes baut sich von den Menschen und ihren "Charismen" her auf; es gestaltet "Kirche" und christliche Gemeinschaften, die nicht einer "Hierarchie" dienen, sondern denen eine Hierarchie zu dienen hat.

Im Blick auf die Befreiungskämpfe am Ende der DDR, im Blick auf Tunesien und Ägypten stehen auch für die Kirche die Zeiten auf Sturm, wie der Evangelist Lukas sie beschreibt: "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen" (Lk 1.52). - Die theologisch Mächtigen? Die hierarchisch Hochstehenden? Die durch Weihe und Sakrament besonders Geheiligten? Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Auskunft des Evangelisten in manchen "christlichen Kirchen" (die sich nach päpstlicher Weisung im eigentlichen Sinne nicht "Kirchen" nennen dürfen!!!) bereits ernst genommen wurde. In ihnen sind willige Männer und Frauen existentiell eingebunden und aktiviert – wohl nach den Vorgaben dessen, was Jesus mit "Reich Gottes" (statt fest zementierter Kirche!) gemeint hat. Die Suche nach dem biblischen Urgestein, nach dem, was Jesus wirklich gewollt hat und dessen Verwirklichung, werden auf Zukunft hin die zentralen Aufgaben sein. Wenn sie in allen christlichen Kirchen bereits Hauptanliegen wären – die Botschaft vom Frieden würde in der Welt ihrer Verwirklichung näher kommen. Und die Kirchen hätten einen guten Anteil daran.


Letzte SeitenÄnderung: 02.03.2011.
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