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Sonntagsgedanken für den Alltag (8):
Der Pakt mit dem Teufel, ein riskantes, aber beliebtes Spiel.
(Nach Mt 4.1-11; Ev. v. 1.Fastensonntag A)
März 2011
1. Die Welt könnte besser sein, wäre Jesus dem Teufel gefolgt ...(?)
Am Anfang seines öffentlichen Wirkens wird Jesus "vom Geist" in die Wüste
geführt, um vom Teufel versucht zu werden. So lesen wir im heutigen
Evangelium. Jesus widersteht den drei Versuchungen. Wie schön und
vorteilhaft wäre es für die Menschheit vielleicht doch gewesen, hätte Jesus
dem Teufel nachgegeben. Aus Steinen Brot werden lassen! Es gäbe bis auf den
heutigen Tag keine Hungersnöte mehr. Es würden nicht täglich Hunderte von
Kindern an Unterernährung sterben. Und das fatale Ungleichgewicht zwischen
arm und reich, zwischen ungebildet und gebildet... hätte von Anfang an keine
Rolle gespielt. Die Antwort Jesu auf den Teufel: "Der Mensch lebt nicht vom
Brot allein..." ist sicher richtig und einsichtig, wenn der Wunsch nach Brot
zur Ess- und Fresssucht führt. Andererseits kann kein Mensch vom "Wort, das
aus dem Munde Gottes kommt" leben, wenn er nichts zu essen hat...
Jesus hat sich der zweiten Versuchung nach Geltung und Ansehen widersetzt.
Beides hätte er reichlich bekommen können, wenn er vor den Menschen das
Aufsehen erregende Schauspiel inszeniert hätte, sich vom Tempel
herabzustürzen; wenn er dabei – dank des Eingreifens von Engeln – unversehrt
geblieben wäre. Menschen brauchen Geltung und Ansehen, wenn sie im
öffentlichen Leben stehen; wenn sie gesellschaftlich etwas zum Besseren
verändern wollen; wenn sie Gleichgesinnte um sich scharen wollen, die mit
ihnen am gleichen Strick ziehen. Gewiss: Geltung und Ansehen dürfen nicht
zur Überheblichkeit führen; nicht zu Arroganz und Fehleinschätzung der
eigenen Leistungen. Missbrauchtes Ansehen, welches stets der Korrektur
bedarf, mindert aber nicht die Wichtigkeit von Geltung und Macht.
Jesus geht nicht auf die dritte Versuchung zu Macht und Besitz ein. Er
verweist auf die "Anbetung Gottes". Aber was nützen Frömmigkeit und
Anbetung, wenn es keine Macht gibt, die über die nötigen Möglichkeiten und
Mittel verfügt, um Barmherzigkeit zu praktizieren; um Hungrige zu speisen
und Nackte zu bekleiden; um Durstigen etwas zu trinken zu geben und Kranke
beim Sterben zu begleiten... Gewiss, bei allzu viel Stress und caritativer
Tätigkeit können Muße und Gelassenheit, Frömmigkeit und Spiritualität
verloren gehen. Trotzdem wäre es schlimm, würden Christen sich auf ihre
"Innerlichkeit" und Frömmigkeit beschränken, um nichts Gutes mehr in der
Welt zu bewirken. Der Glaube müsste buchstäblich als "beschränkt" angesehen
werden.
2. Menschliche Anliegen können unversehens "des Teufels sein".
Wie gesagt und frech vermutet: die Welt wäre sicher nicht schlechter dran,
wenn Jesus dem Teufel nachgegeben hätte! Auf den ersten Blick ist es
unverständlich, dass er es nicht tat, obwohl die Wüstenzeit des Hungerns und
Darbens genug Anlass dazu gegeben hätte. Warum tat er es nicht? Hat er bei
seiner Wüsten-"Spiritualität" keine Antenne mehr gehabt für menschliche und
allzu "weltliche" Angelegenheiten? Der Verdacht liegt nahe, dass Jesus durch
sein Verhalten deutlich machen wollte, dass viele menschliche Anliegen
schnell und unerwartet in die Nähe teuflischer Ambitionen gelangen können.
Dafür spricht schon der Hinweis des Evangeliums, dass in menschlichen
Angelegenheiten der Teufel immer dabei sein will.
Das Leben näher betrachtet, hat der Teufel tatsächlich irgendwie immer die
Finger im Spiel. Im Evangelium gilt er als der große Widersacher Gottes.
Wenn Gott das Heil des Menschen will; wenn er will, dass sich der Mensch als
"Krone der Schöpfung" entfaltet; wenn er spannungsreiche Beziehungen in
Familie und Gemeinschaft im Kampf um die Liebe fruchtbar und heilsam
gestaltet haben möchte; wenn es Gemeinschaften geben soll, in denen sich der
Einzelne seelisch und geistig entfaltet; wenn es den Menschen aufgegeben
ist, in einer oft heillosen und zerrissenen Welt Orte der Heimat und
Geborgenheit zu schaffen, dann kann man sicher sein, dass bei allem
Vertrauen auf Gott immer auch der Teufel eine Rolle spielt. Unversehens
schleichen sich in das Getriebe menschlichen Zusammenlebens seine
Störmanöver ein. Sie heißen Korruption, Ausbeutung, Mobbing, Karrieresucht,
Geld- und Machtgier, Hochnäsigkeit und Berufungsdünkel, eingebildete
Auserwählung und Überlegenheit über andere, Rechthaberei im "Namen Gottes",
Missionseifer denen gegenüber, die "außerhalb Gottes" sind. -
Der Teufel stellt sich in unseren Phantasiegebilden allzu sehr als
hässliches, ungeheures Tier dar, versehen mit einer Fratze, mit Schwanz und
Hörnern. Man kann im Glauben an den Teufel auch ein "dualistisches Weltbild"
konstruieren, wie es griechische Philosophen früher und christliche
Theologen bis in unsere Zeit hinein herbeireden. Aber als Widersacher kann
der Teufel kein ebenbürtiger Gegenspieler Gottes sein. Ihm ist vielmehr jene
geheimnisvolle Macht gegeben, die den Anschein des Guten erweckt, um dennoch
den Samen des Bösen zu säen – ein Same, der unversehens blüht und gedeiht.
Er ist wie ein Versucher in Wüstensituationen des Lebens. Seine
Machenschaften sind nur schwer zu durchschauen. Wie es scheint, unterliegen
diejenigen am meisten seinem Einfluss, die den Eindruck erwecken, als
könnten sie aus Steinen Brot machen; als wären sie erhaben über
Geltungssucht und Gier nach Ansehen; als wollten sie nie als "wichtige
Persönlichkeiten" auf den ersten Plätzen sitzen, um von allen gesehen und
geehrt zu werden...
3. Jesu "anstrengende Botschaft".
Vielleicht ist die Fastenzeit am meisten dazu geeignet, sich der fatalen
Mechanismen bewusst zu werden, die unser persönliches und gemeinschaftliches
Leben durchziehen und unterschwellig beeinflussen. Sicher ist es nicht im
Sinne Gottes, dass in unserer Zeit der Vermassung und der Verführbarkeit der
Vielen durch die Lautstarken die Stimme des persönlichen Gewissens und der
persönlichen Verantwortung verloren geht; dass uns oft bis die Kleinigkeiten
des Lebens hinein moralische Maßstäbe, die wir lautstark zu vertreten
gewohnt sind, abhanden kommen; dass wir in Familie, Betrieb und Gemeinde
nicht selten dieselben Machtspiele spielen, wie wir sie bei den "Großen der
Welt" anprangern.
Die Zumutung, uns selber zu durchschauen und nicht nur die anderen, in der
vorösterlichen Zeit die "Bekehrung" und "Umkehr" zu versuchen, zeigt uns,
dass die "frohe Botschaft" Jesu ziemlich anstrengend und gemein ist. Sie hat
etwas mit der Wüste zu tun, in der Selbstbegegnung und Selbsterforschung
notwendig sind, um zu klärenden, "österlichen" Einsichten und Erfahrungen zu
kommen. Am Aschermittwoch heißt es: "Denk daran, dass du aus der Erde
gekommen bist und zur Erde zurückkehrst". Du bist wie ein Samenkorn, das in
die Erde fällt und sterben muß, um im österlichen Licht neu empor zu
wachsen.
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