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Pater Fritz Köster
Propsteistraße 2
56154 Boppard-Hirzenach
Alles Leben ist Herausforderung,
welche nach Antwort verlangt.
   
Bild: Pater Fritz Köster SAC.

Ansichten eines Außenseiters

Ansichten eines Außenseiters (I): Vaticanum II vor 40 Jahren.

Außenseiter werden oft in einer Gesellschaft oder kirchlichen Verfassung als Grenzgänger, Querdenker, Störenfriede oder "Ketzer" abgestempelt. Oft sind sie es auch. Ich selbst bin nicht als "Außenseiter" geboren. Von Kindheit an in einem sehr katholischen Milieu aufgewachsen, war ich immer ein "Insider". Aber das Leben hat mich dazu gezwungen, bisher Erlebtes und Erfahrenes auch immer wieder "von außen", aus der Distanz heraus zu betrachten - sozusagen eine Außenansicht anzunehmen, die mir ursprünglich fremd war und wohl auch immer fremd geblieben wäre. Denn "Insidern" ist es eigen, ihre gewohnten Standpunkte nur ungern zu korrigieren. Letztlich bleibt das Erlernte allein gültig im Sinne von: "Roma locuta, causa finita". Solche Entgültigkeit steckt mehr oder weniger in jedem.
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Ansichten eines Außenseiters (II): Weihnachten. Was der Welt zum Frieden dient.

Es gibt Kirchenleute, die behaupten, man müsse wieder vermehrt über Gott reden. Sonst werde die Welt auf eine bedrohliche Weise immer mehr religiös-gleichgültig und "atheistisch". Wenn Letzteres auch stimmt, ist es dennoch sehr zweifelhaft, ob das Mehrreden über Gott den Trend zum Säkularen aufzuhalten vermag. Man kann im Gegenteil behaupten, dass in der Vergangenheit und Gegenwart sehr viel, vielleicht sogar zu viel über Gott geredet wurde und wird - sehr viel Widersprüchliches, einfach Vermutetes und Liebgewordenes, Gewünschtes und phantasievoll Herbeigeredetes. In Wirklichkeit ist die Frage nach Gott nie entgültig beantwortet worden. Weil sie keine befriedigende Antwort zuließ, ist sie nie zur Ruhe gekommen, ist in der Geschichte der Menschheit immer wieder aufgebrochen.
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Ansichten eines Außenseiters (III): Das zweifache Gesicht des Christentums.

Wenn ich gefragt würde, welchem Wort des Jahres ich für 2006 den Vorzug geben würde, hieße es: Dialogkultur. Es muß nicht wiederum "Bundeskanzlerin" heißen. Als im Dezember 2005 der römische Kurienkardinal Walter Kasper, zuständig für die "Ökumene", Deutschland bereiste, hat er von der "neuen Dialogkultur" gesprochen, die in Rom mit dem Deutschen Josef Ratzinger etabliert worden sei. Ausgerechnet mit Josef Ratzinger, der bisher nicht gerade in dem Ruf stand, bei seiner harten kirchenpolitischen Linie dialogfreudig zu sein. Von dem neuen Zustand zeuge schließlich sein Gespräch mit seinem alten Freund aus Tübingen, dem Kirchenkritiker Hans Küng.
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Ansichten eines Außenseiters (IV): Die Enzyklika Benedikt's XVI: "Deus caritas est".

Die erste Enzyklika des neuen Papstes hat weltweit große Überraschung ausgelöst und eine breite Akzeptanz erfahren. Tatsächlich zeigt sich hier der Papst nicht als "Moralprediger", der gegen die Homosexualität wettert oder gegen die außereheliche Sexualität. Er will auch dem Vorwurf Nietzsches, das Christentum sei leib- und lebensfeindlich, keinerlei Argumente liefern. Sein Verständnis der Liebe geht sogar von Platons "erotischer Liebe" aus. Sie dürfe nach den Worten des Papstes allerdings nicht zu "bloßem Sex" verkommen. Diese sei so etwas wie eine innere Kraft und Dynamik, die den Menschen über sich selbst hinauswachsen lassen müsse, begehrend, suchend, erkennend und wohlwollend. Auf diese Weise "gereinigt", wird sie zur christlichen Liebe, zur Caritas, die sich in der Ehe und im konkreten Dienst am Nächsten aktualisiert und vollendet. Die Caritas wird in der Welt immer notwendig bleiben; "denn es wird auch in der gerechtesten Welt immer materielle und menschliche Not geben".
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Ansichten eines Außenseiters (V): Der Glaube – eine "positive Option"?

In seinem vielbeachteten Fernsehinterview vom 13. August 2006 hat Papst Benedikt XVI. den Glauben eine "positive Option" für unsere Lebensverhältnisse genannt. Tatsächlich hat er dieses "Positive" an Beispielen aus der Lehre und Tradition der Kirche deutlich gemacht. Demnach dürfte man kein Fragezeichen hinter diese seine Option setzen, wenn es heute nicht zu viele Christen gäbe, die dies tun. Tatsächlich gibt es – bei näherem Zusehen – eine Menge Fragezeichen, die es im Folgenden zu erläutern gilt.
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Ansichten eines Außenseiters (VI): Der Glanz des Papstes und das Elend der Kirchen.

Bayern lebte im Monat September und viele Wochen davor wie in einem Ausnahmezustand. Schließlich hatte sich der Papst angekündigt: der berühmteste Sohn seiner bayerischen Heimat. Überall war das Bild des Papstes zu sehen: in den Medien, auf Litfasssäulen, auf Bierdeckeln und Bierflaschen, auf T-Shirts, in Schaukästen und auf den üppig florierenden Devotionalienmärkten.... Religion scheint, durch die medial wirksamen Auftritte der Päpste seit ca. 30 Jahren, immer mehr zu einem Gesellschaftstrend zu werden. Die Zeit, in der Religion als Privatsache galt, scheint vorbei. Medien und Publikum spielen dabei eine maßgebliche Rolle. Im Sog erfolgreicher Happenings verändern sich beide. Sie gewöhnen sich an die großen religiösen Effekte und verlangen immer größere. Während die einen über das neue Ansehen der Religion triumphieren, macht es anderen Angst. Denn alles ist hektisch, oberflächlich, kurios, triumphal... Geht es wirklich um „Religion“? Oder geht es einfach nur darum, bei Massenereignissen dabei zu sein? Erlebt Religion eine wirkliche Renaissance? Oder folgt sie einfach dem Drang zur Popularität, folgt sie den Mächtigen des Marktes?
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Ansichten eines Außenseiters (VII):
Wie die Dynamik des Konzils kirchenamtlich verspielt wurde.

Christen, die sich ein "historisches Gedächtnis" bewahrt haben, fragen sich oft, wie es geschehen konnte, dass nach der Dynamik des Konzils – 40 Jahre danach – die Kirchen und Gemeinden von einer tödlichen Lähmung befallen sind. Diese Frage stellt sich auch im Blick auf Papst Benedikt XVI. Dieser hat als "fortschrittlicher Theologe" beim Konzil mitgewirkt; ist später – in den 1968er Jahren – auf die sog. "konservative Linie" umgeschwenkt. Als Papst tritt er heute mit einer großen Offenheit zur "Ökumene" auf, zum "Dialog mit den Religionen", zur "Erneuerung des Glaubenslebens" usw. Auffallend ist, dass es stets an konkreten Schritten und Maßnahmen fehlt. Hilflosigkeit – bei aller persönlichen Integrität? Einfaches Abschalten gegenüber "progressiven Forderungen", wie sie mit wachsender Langweiligkeit immer wieder gestellt werden: gemeinsames Abendmahl; Frauendiakonat und -priestertum; Aufhebung des Zölibates; positive Einstellung zu neuen "eheähnlichen Gemeinschaften" usw. Der Papst – mit dem Blick auf andere Konfessionen – weiß, dass mit dem Sich-Einlassen auf solche Forderungen nichts oder kaum etwas gewonnen wäre. Die "Dynamik des Konzils" bliebe weiterhin verspielt. Aber wie und warum wurden die Chancen von damals, sogar "kirchenamtlich", vertan? Was müsste geschehen, um die "Lage" wieder in den Griff zu bekommen?
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Ansichten eines Außenseiters (VIII):
Glaube und Vernunft.

Im vergangenen Jahr hat Kurienkardinal Walter Kasper den Preis der Salzburger Hochschulwochen bekommen. In seiner Dankrede hat der Kardinal ein Thema aufgegriffen, welches auch ein Lieblingsthema von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. war und ist: Glaube steht nicht im Gegensatz zur Vernunft, d.h. zum neuzeitlichen Denken und zu modernen Ideologien. Er schilderte in seiner Rede seinen eigenen Lebensweg: seine Auseinandersetzung mit Schelling, Hegel, Kierkegaard, Marx, Nietzsche...

Akademisch geschulten geistigen Feinschmeckern mag diese Rede ein Genuss gewesen sein. Und eine Bestätigung eigener Überzeugungen, die da lautet: mit großen Denkern löst man das Problem des Zusammenhangs zwischen Vernunft und Glaube! Mir als "Außenseiter" kam dabei der Gedanke: die Kirche hat sich immer schon mit den Mächtigen der Erde verbündet. Auch mit den Mächtigen des Geistes!

Dagegen lese ich in der gegenwärtigen Literatur und in den Massenmedien: Kinder haben schon ihre eigenen Gedanken, ebenso Jugendliche, Männer und Frauen. Die Medien machen sich zu Sprachrohren breitester Schichten, auch in Sachen "Religion und Glaube". Den Kirchen wird immer mehr Kompetenz abgesprochen. Dass heute breite "alphabetisierte Schichten" ihre eigenen Gedanken haben – dieses Faktum sucht man vergeblich bei Kasper, Ratzinger usw. Dass sie sich selbst mit den "geistigen Größen" verbündet haben, macht die Größe der Theologie aus, aber auch deren Tragik. Sie haben den Boden unter den Füßen verloren...
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Ansichten eines Außenseiters (IX):
Zusammenlegung vieler Pfarreien zu einer Großpfarrei.

Neulich ging die Nachricht durch die Presse, dass in Frankreich 2800 der 15000 Dorfkirchen vor dem Abriss stehen. Historisch prägende Bauwerke und gemeinschaftsstiftende Symbole in Dörfern werden also bald nicht mehr sein. Die Entchristlichung Frankreichs findet durch den Abriss der Kirchen ihren sichtbaren Ausdruck.
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Ansichten eines Außenseiters (X):
Wenn das Prophetische abhanden kommt...

Wenn in einer Religion oder Kirche das Prophetische abhanden kommt, dann verdunstet der Glaube, es lauert der geistige Tod und ein Volk verwildert. Dagegen sind Propheten Menschen, die mit Wort und Tat zur Rettung der Gemeinschaft, zur Rettung einer Situation entscheidend eingreifen. Auch zur Rettung einer Religion. Oft werden sie "Eingeweihten" und "Etablierten" lästig. Man versucht sie zum Schweigen zu bringen, statt den prophetischen Ruf zu verstärken, unüberhörbar zu machen. Das wäre auch die Aufgabe einer Religion, statt sich auf wohlformulierte "Wahrheiten" zu verlassen.
Mit solchen Gedanken beschäftigt sich mein Festvortrag, den ich am 13. Okt. 2007 in Münster gehalten habe. Anlass war das 10-jährige Jubiläum SOLWODI NRW. Das Thema lautete: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
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Ansichten eines Außenseiters (XI):
Alle Religionen auf dem Weg zu dem Einen Gott?

Bevor es überhaupt "Religionen" gab, gab es den religiös suchenden, fragenden und denkenden Menschen. Der Mensch ist also vor jeder Religion. Wenn zu irgendeinem Zeitpunkt der Geschichte Religionen gegründet wurden, konnten sie dem religiösen Denken und Empfinden von Menschen förderlich sein und neue Impulse geben. Das ist den großen Gründerfiguren Buddha, Jesus, Mohammed… hervorragend gelungen Auf kurz oder lang konnten die Religionen für den Einzelnen aber auch ein Hindernis werden auf der Suche und auf dem Weg zu Gott. Vor allem dann, wenn sie sich mit ihren Autoritäten, mit ihrer Verfassung, mit ihren Lehren und Lehrentwürfen so im Guten wissen, dass niemand daran rütteln kann. Damit Gott – bei aller Verhärtung von Menschen im Guten - noch eine Chance bekommt, wendet er sich zuerst immer an Menschen, nicht an Institutionen. Deshalb können Kirchen sich nur erneuern, wenn sie für die Menschen da sind und auf sie hören. "Vox Populi" nannte man das früher. Wenn sie es nicht tun, können sie zu einem Hindernis für den Glaubenssinn der Gläubigen werden.
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Ansichten eines Außenseiters (XII):
Kinderschänderei. Wie zurechtkommen mit einer Kirche, in der es keinen ohne Sünde gibt?

Ich denke an das Evangelium von der Ehebrecherin, welches am 5. Fastensonntag in den Kirchen verlesen wird (Joh 8.1-11). Eine Frau hat Ehebruch begangen. Nach damaliger Auffassung kam solches bei Männern wohl nicht so leicht vor – woran zu erkennen ist, dass sich die Männerwelt der damaligen Zeit die Religion zu ihren Gunsten zurecht gebastelt hatte. Die Frau gehörte also gesteinigt. Die Pharisäer und Schriftgelehrten, unantastbare religiöse Autoritäten, betrieben die Vollstreckung der Strafe. Was sie sagten und anordneten, hatte für das gläubige Volk höchste Priorität. Sie waren die Päpste und Bischöfe von damals.

Jesus, der die Szene verfolgt, schützt die Ehebrecherin. Damit ist nicht gesagt, dass er mit dem Ehebruch einverstanden ist. Aber er gibt der Frau eine Chance zum Neuanfang: "Sündige von jetzt an nicht mehr!" – Im Evangelium geht es aber nicht nur um die Sünderin. Auch um die höchsten religiösen Autoritäten. Auf beschämende Weise bestätigt ihnen Jesus in aller Öffentlichkeit: Steinigt die Frau, wenn ihr ohne Sünde seid. Aber ihr seid nicht ohne Sünde. Deshalb habt ihr kein Recht, die Menschen zu Rache und Brutalität anzustacheln!

Die Szene mit der Ehebrecherin und der an den Pranger gestellten höchsten religiösen Autoritäten hat viel mit der gegenwärtigen katastrophalen Krise der Kirche zu tun. Was die "Kinderschänderei" in kirchlichen Einrichtungen betrifft, müssen die "normalen Gläubigen" entweder verzweifeln, oder sich in Zukunft mit einer Kirche abfinden, in der es niemanden (mehr) gibt, der ohne Sünde ist.
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Ansichten eines Außenseiters (XIII):
Kinderschänderei. Wie zurechtkommen mit einer Kirche, in der es keinen ohne Sünde gibt?

Als Prediger und Katechet ist eine Grunderfahrung seit einem halben Jahrhundert bei mir prägend geblieben: Die Leute hören zu; sie nennen das Gesagte eine "gute Predigt"; bringen es aber nicht fertig, den einen oder anderen Gedanken zu behalten bzw. mit anderen ins Gespräch zu bringen. Nicht durch Rückfragen an den Prediger selbst; aber auch nicht untereinander in der Familie oder am Biertisch... Wenn es gut geht, stehen Christen nach dem Gottesdienst in Grüppchen beieinander und reden über irgendetwas, z.B. über das Wetter, über ihre Kopfschmerzen oder den gefürchteten Zahnarzt.
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Letzte SeitenÄnderung: 09.11.2011.
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